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Die Digitalisierung der Welt

Foto: Florian Bauer, Founder & CEO MoonVision, mit Vertriebspartner Bernhard Famler, Portfolio Manager A1 Digital, und Moon­Vision-Managing Director Kamil Kula. Foto: Florian Bauer, Founder & CEO MoonVision, mit Vertriebspartner Bernhard Famler, Portfolio Manager A1 Digital, und Moon­Vision-Managing Director Kamil Kula.

Österreich gehört aktuell zu den besten Wirtschaftsstandorten in Europa. Damit der Vorsprung nicht schmilzt, empfehlen Experten vor allem eines: in IT zu investieren.

Österreich liegt in vier von fünf Wachstumskategorien – Basis-Infrastruktur, Forschung und Innovation, Bildung sowie Gesundheit – EU-weit unter den besten fünf Standorten. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie »Investing in Europe’s Future« des Wirtschaftsprüfers und Beraters EY, der Kennzahlen für alle EU-Staaten inklusive UK und der Schweiz ausgewertet hat.

»Österreich belegt im Europa-Ranking der Standorte mit den besten Wachstumsaussichten den hervorragenden fünften Platz, gleichauf mit Finnland. Das gute Ergebnis darf aber kein Ruhekissen sein«, warnt Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich. Um Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg in Zukunft zu sichern, empfiehlt er, sich an den besten Standorten zu orientieren. Die Schweiz und Schweden gehören ebenso wie die Niederlande und Dänemark über alle Kategorien hinweg zu den Top-4 Europas. Besonderen Nachholbedarf sieht Reimoser für Österreich in der zukunftsträchtigen Wachstumskategorie Digitalisierung: Mit Rang 13 liegt man hier nur im Mittelfeld. »Es braucht hierzulande dringend Investitionen in die digitale Infrastruktur, um im Standort-Ranking nicht an Boden zu verlieren. Das kann nur mit einer konsequenten Umsetzung der im Regierungsprogramm formulierten Ansätze zur digitalen Transformation Österreichs gelingen.« Vor allem ländliche Gegenden seien von schnellem Internetzugang abgeschnitten. »Das trifft gerade einige Hidden Champions, die ihre Zentrale oft auf dem Land haben. Für sie könnte das zu einem großen Problem werden, wenn immer mehr Maschinen und Produkte miteinander vernetzt werden und über schnelle Internetleitungen miteinander kommunizieren müssen«, weiß der Wirtschaftsexperte.

Bild oben: Gerhard Zatl, Schiller Bau, und Mike Bucher, Wienerberger Ziegelindustrie, erleichtern mit Hilfe von Virtual Reality die Planung und Umsetzung von Kundenwünschen im Hausbau.

»Österreich hat es trotz vergleichsweise hoher Investitionsraten über die letzte Dekade versäumt, in Spitzentechnologie zu Hause zu investieren«, stellt er weiter fest. »Das gilt sowohl für die öffentlichen Investitionen als auch für die privaten. In der Folge hat die heimische Infrastruktur gelitten – und das betrifft nicht nur digitale Infrastruktur wie Glasfaserkabel, sondern letztlich alle Bereiche, die für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum relevant sind. Für eine zukunftsfähige Infrastruktur im europäischen Spitzenfeld müssten in den kommenden Jahren deutliche Mehrinvestitionen von privaten und öffentlichen Investoren erfolgen.«

Innovation in allen Bereichen

Wie sieht aber die Innovationskraft und das Vermögen der Betriebe aus, auf den IT-Infrastrukturen auch bislang unbekannte Wege zu beschreiten? Aktuelle Beispiele für neue Geschäftsmodelle sind in den unterschiedlichsten Bereichen zu finden.
Im Zuge der Digitalisierungswelle werden immer mehr Abläufe automatisiert – damit sparen Unternehmen Zeit, arbeiten effizienter und kostengünstiger. »Object Tracking« wird das computergesteuerte Erkennen von Objekten und daraus resultierender Handlungen genannt. Die »Computer Vision« arbeitet wie das menschliche Auge, nur präziser und vollkommen automatisiert.

Das Wiener Jungunternehmen Moon­Vision hat im Mai das weltweit erste Objekterkennungs-System für Firmenanwender vorgestellt, das auch ohne spezielle Programmierkenntnisse bedient und konfiguriert werden kann. Die neuartige Vision erkennt und interpretiert Kamerabilder in Echtzeit und löst vordefinierte Aktionen aus, wie etwa das Bonieren von Speisen beim Verlassen der Küche in einer Kantine. »Den Anwendungen sind keine Grenzen gesetzt. Bislang waren Unternehmen insofern limitiert, als die Systeme erst aufwendig aufgesetzt und wochenlang trainiert werden mussten. Man benötigte auch kostspielige Kameras. Das hat MoonVision nun revolutioniert«, ist Gründer und CEO Florian Bauer überzeugt. »Im Gegensatz zu herkömmlichen Lösungen generiert die Software von Moon­Vision tausende von Bildern vollautomatisch. Sie erkennt nicht einfach nur Bewegungen, sondern erfasst die Daten mit nahezu hunderprozentiger Genauigkeit und unterstützt dadurch auch komplexe Prozesse, wie bereits im Werk von Audi sowie in der Kantine von A1«, ergänzt er.

Ähnlich dem menschlichen Auge erkennt die Lösung Objekte anhand ihrer visuellen Merkmale und lernt dabei ständig dazu. Die erfassten Daten steuern dann etwa Maschinen, Kassen und Prozesse oder liefern Informationen. Dabei konzentriert sich die Applikation auf die jeweiligen Produkte und lässt bewusst keine Gesichtserkennung zu. Selbst Handykameras sind dazu bereits ausreichend und können einfach über WLAN mit der Software verbunden werden. Der Fokus der Wiener liegt auf der Qualitäts- und Effizienzsteigerung von Anwendungen in der Produktion, Verarbeitung, Logistik und Gastronomie.

Blick auf Zukünftiges

Schauplatzwechsel in den Hausbau. Wienerberger bietet seit Kurzem Häuslbauern, die auf die Ziegelbauweise setzen, die Möglichkeit mittels »Virtual Reality« durch ihr geplantes Traumhaus zu spazieren. Mit einer App und der dazugehörigen VR-Brille, die der Baustoff-Konzern in Zusammenarbeit mit dem Linzer Start-up moxVR gestaltet hat, erfahren künftige Hausbesitzer im Trockenmodus, wie die Realisierung ihres Bauplans aussehen könnte. »Digitalisierung steht bei Wienerberger auf der Agenda ganz oben. Oft kann man sich anhand von Bauplänen nicht so richtig vorstellen, wie das fertige Traumhaus aussehen oder wie man sich in den einzelnen Räumen fühlen wird. Mit unserer neuen App machen wir genau das möglich und hautnah erlebbar«, ist Mike Bucher, Geschäftsführer Wienerberger Ziegelindustrie begeistert.

Bild oben: Der Computer wird wohl in der Landwirtschaft genauso selbstverständlich werden wie es heute ABS oder Einparkhilfen im Auto sind.

Bau- und Einrichtungspläne werden virtuell dargestellt und für Häuslbauer erlebbar gemacht. Auch die Einrichtung darf dabei nicht fehlen: Kunden können zwischen den Möblierungen rustikal, skandinavisch oder modern wählen.
Gerhard Zatl, Geschäftsführer Schiller Bau in Grafenschlag, hat die VR-App bereits getestet: »Unsere Kunden können damit die Dimensionen bei der Zimmerplanung oder Einrichtung richtig erfassen. Das erleichtert unsere Arbeit enorm, da Kunden Änderungsvorschläge oder Ideen viel leichter definieren und wir daher gezielter darauf reagieren können.«

Landwirtschaft mit Computer

Von der Bodendatenbank bis zum Wetterbericht – immer mehr Daten stehen auch der Landwirtschaft zur Verfügung. Aber werden sie auch genutzt? Zwei Bildungseinrichtungen wollen in einem Forschungsprojekt die IT-Revolution auf Österreichs Feldern anstoßen. Denn die Anforderungen an die moderne Landwirtschaft sind hoch: Eine zuverlässige, billige Bereitstellung gesunder Nahrungsmittel wird gewünscht, gleichzeitig soll nachhaltig produziert werden. Um das zu erreichen, muss man unterschiedlichste Daten im Blick behalten – von der Beschaffenheit des Bodens bis zu den Eigenheiten der ausgesäten Pflanzensorten, von Satelliten-Beobachtungsdaten bis zum aktuellen Wetterbericht.

Im Projekt »Farm/IT« haben sich die TU Wien und die BOKU zusammengeschlossen, um diese Daten zu sammeln, zu verknüpfen und auf einfache Weise verfügbar zu machen. »Wer seit vielen Jahren Landwirtschaft betreibt, hat natürlich selbst einen reichen Erfahrungsschatz und trifft viele Entscheidungen intuitiv richtig. Aber heute hat die moderne Landwirtschaft ein Maß an Komplexität erreicht, dass Bauchgefühl alleine oft nicht mehr ausreicht«, sagt Thomas Neubauer vom Institut für Information Systems Engineering der TU Wien. Er leitet den IT-Aspekt des Projekts, sein Kollege Ahmad Manschadi von der Universität für Bodenkultur leitet den agrarwissenschaftlichen Teil. Das Ziel ist, Daten aus unterschiedlichsten Quellen zu integrieren, um möglichst genaue Simulationen zu ermöglichen. Damit lässt sich Landwirtschaft künftig viel besser planen – von der Auswahl der passenden Pflanzen bis zum Erntezeitpunkt.

Das Projekt läuft noch bis 2021, doch ist es bereits gelungen, durch den Computer wertvolle Prognosen zur Verfügung zu stellen: Mit Hilfe von Wachstumsmodellen und Satellitendaten lässt sich die aktuelle Entwicklung von Kulturpflanzen erfassen, sodass man den Ertrag und den optimalen Erntezeitpunkt vorherberechnen kann. Spektralsensoren geben Auskunft, wann mit Stickstoff gedüngt werden sollte. Der Computer kann verschiedene Fruchtfolge-Szenarien vergleichen und die optimalen Pflanzen für ein bestimmtes Feld vorschlagen. Er wird zum fachkundigen Berater.

Frage: »Gefährdet Automatisierung (künstliche Intelligenz) Ihren Arbeitsplatz?«

Digitalisierung weiter gedacht: Laut jüngsten Studien von PriceWaterhouseCoopers (PwC) und der OECD ist auch die Automatisierung ein nicht mehr aufzuhaltender Trend der globalen Arbeitswelt. Allerdings gehen die Einschätzungen dazu auseinander. PwC sieht die Entwicklung positiv und erläutert die Gewinne, auf die sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren freuen darf. Die OECD andererseits warnt, dass durch die Automatisierung 14 Prozent der Arbeitsplätze in 32 Ländern höchst gefährdet, während 32 Prozent durchschnittlich gefährdet sind. Eine Umfrage des Onlineportals Jobswype ergibt, dass sich nur eine knappe Mehrheit europäischer Arbeitnehmer von diesem Trend noch nicht bedroht fühlt. Jobswype-Geschäftsführer Christian Erhart: »Automatisierung lässt sich nicht mehr aufhalten, KI wird in immer mehr Bereichen großflächig eingesetzt, da sie den Unternehmen zahlreiche, nicht ausschließlich finanzielle Vorteile bietet. Um auf die Folgen der Automatisierung vorbereitet zu sein, sollte die Politik vor allem auf die Förderung einer guten Ausbildung setzen, damit Arbeitnehmer auch zukünftig flexibel auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes reagieren können.«

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