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Tummelplatz für Spezialisten

Als österreicher muss man bei Dimensionen manchmal ein bisschen aufpassen. Wenn ein Deutscher etwa von einem Mittelständler spricht, meint er damit oft ein Unternehmen, das in der Alpenrepublik fast schon als kleiner Konzern durchgehen würde. Die Amerikaner toppen diese Verhältnisse natürlich noch einmal um eine Größenordnung. Besonders kleinteilig strukturiert ist hierzulande der Software-Bereich. Einen ersten Eindruck vermitteln die Zahlen des UBIT. Der IKT-Fachverband der Wirtschaftskammer hat rund 21.500 registrierte Unternehmen als Mitglieder. Diese beschäftigen jedoch nur knapp 35.000 Kollektivvertragsangestellte. In genaue Zahlen gießen das die Studien des Wiener METIS-Institutes, das den heimischen Softwaresektor unter die Lupe genommen hat. »Auffällig ist, dass in der Branche eine unterdurchschnittliche Unternehmensgröße festzustellen ist«, sagt Studienautor und Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber. Während es das österreichische Durchschnittsunternehmen noch auf etwa elf unselbstständig Beschäftigte bringt, fällt die­se Zahl im »benachbarten« Dienstleistungsbereich schon auf sechs, im reinen Softwarebereich gar auf vier. Von pragmatisierter Behäbigkeit, ansonsten nicht ganz untypisch für öster­reich, ist freilich wenig zu spüren. In der Branche dominiert der Typus des tatkräftigen Entrepreneurs. Der Anteil der selbstständigen Unternehmer ist gleich dreimal so hoch wie im landesweiten Durchschnitt. Kleinheit muss nicht immer ein Nachteil sein. Ihre Wendigkeit und das unternehmerische Risiko lassen sich die Anbieter gut bezahlen. So ist das durchschnittliche Einkommensniveau deutlich höher als in den meisten anderen Branchen. Das Geschäft mit Bits und Bytes ist kein Tummelplatz für Generalisten. »Hier findet eine relative starke Spezialisierung statt«, diagnostiziert Gottfried Haber. Den Vogel schießen beispielsweise die »Datenbanker« ab, deren Spezialisierungsgrad fast die 100-Prozentmarke streift.

Für Hardcore-Spezialisten kann österreich aber auch zu eng werden. Ein Prototyp dafür ist beispielsweise Gernot Ziegler. Der Forscher hat seine Ausbildung für »wissenschaftliche Visualisierung« an der Schwedischen Linköping Universität absolviert. Als hochgradiger 3D-Spezialist hatte er es in österreich nicht immer leicht gehabt. »Ich habe beim Ars Electronica Center als freier Dienstnehmer gejobbt, aber das war ein Horror«, sagt Ziegler. Als ihm das renommierte Max-Planck-Institut eine weltweit heiß begehrte Stelle als Doktorand anbot, musste er nicht lange überlegen. Die nächste berufliche Station wird wohl das kalifornische Silicon Valley sein, womit Ziegler ein leibhaftiges Beispiel für den Brain Drain ist. Immerhin liebäugelt der Auslandsösterreicher mit einer Rückkehr - und wird in diesem Fall wahrscheinlich als Selbstständiger zwangsläufig die Handelsbilanz aufbessern. Im Inland gibt es kaum eine Industrie, die als Abnehmer für Highend-Grafikalgorithmen in Frage kommt. Aber auch im softwaretechnischen »Mainstream« lassen sich veritable Nischen finden. Ein Beispiel dafür ist die TechTalk, ein smartes Mitglied des Microsoft-Partnernetzwerkes, das sich als »First Mover« in der .NET Entwicklung sieht. Die Strategie der Wiener dürfte aufgehen. über mittlerweile mehr als ein Jahrzehnt lag die durchschnittliche Wachstumsrate bei 45 Prozent und TechTalk hat heute Niederlassungen in Ungarn und der Schweiz. Mit knapp 50 Mitarbeitern zählen die .NET-Experten auch personell schon zu den Schwergewichten der heimischen Entwicklerbranche. Gemeinsam mit dem Branchenriesen Unisys konnte TechTalk etwa bei der Niederösterreichischen Landesregierung punkten. Als Arge polierte man über Jahre hinweg die elektronischen Fachapplikationen des Bundeslandes auf Homogenität. Natürlich auf .NET-Basis. Im Vergleich zur TechTalk ist die Oberös­terreichische oberhumer.com GmbH eine Einzelkämpferveranstaltung. Der Gründer Markus Franz Xaver Johannes Oberhumer, so der ganze Name des Absolventen der Johannes Kepler Universität, ist zumindest in einschlägigen Kreisen bekannt wie ein bunter Hund. Sein spezielles Metier ist Datenkompression und Kryptografie.

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