Mobile Music stärkt Mobilfunk
- Written by Redaktion_Report
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Im Oktober 2004 startete One als erster Mobilfunknetzbetreiber Europas den Vertrieb kompletter Musikstücke über sein Mobilfunknetz (siehe rechts »Ladezone«). Im Vordergrund stehen bisher weniger die damit erzielten Umsätze als vielmehr der Imagegewinn für das Unternehmen. Florian Pollack, bei One für die Unternehmensstrategie zuständig, erläuterte dem Report die Beweggründe für die Bemühungen in Sachen Mobile Music: Zusätzliche Einnahmen sind nur eines von drei Zielen. Daneben stehen die Stärkung der Kundenbindung sowie des Image der Marke One.
»Mobile Music ist der Wachstumsmarkt schlechthin, auf den wir in den nächsten Jahren setzen«, betont One-CCO-Michael Fried. Immerhin verwenden 14 Prozent seiner Kunden ihr Handy bereits als Musikabspielgerät. Unter den 14-bis 29-Jährigen sind es sogar 41 Prozent. Aber nur sehr wenige von ihnen laden die Musikdateien über das Mobilfunknetz auf ihr Handy - was Pollack aber nicht stört: »Mobile Music ist (auf One-Handys) willkommen, egal, woher sie kommt.« Klar, jede andere Strategie würde den Ruf in der Zielgruppe nicht gerade fördern.
Sony Ericsson und die Marke. »Unsere Mission ist es, Sony Ericsson als die attraktivste und innovativste globale Marke in der Handyindustrie aufzubauen«, lautet das offizielle Mission-Statement der schwedisch-japanischen Handybauer. Die Marke ist also wichtiger als die Produktqualität. Eine frappierende Parallele zur modernen Musikbranche.
Sony Ericsson entwickelt vorwiegend Handys, die auf einen der drei Bereiche Musik, Bilder oder Internet spezialisiert sind. Dabei wird auch der Namensfundus von Sony bemüht. Unter dem Label Cybershot sollen »Mobiltelefone als glaubwürdige Digitalkameras etabliert werden«, sagt Sony Ericssons Business Director Håkan Olsson. Die legendäre Bezeichnung Walkman wird seit August 2005 für Handys mit Musikschwerpunkt genutzt. 18 Millionen Stück wurden bereits verkauft - nicht jedoch in Japan. Auf diesem für Sony Ericsson besonders schwierigen Markt sind »Walkman«-Handys erst seit Neuestem verfügbar.
überraschenderweise gibt es aber keine Zusammenarbeit mit Connect, dem Musikonlineshop aus dem Hause Sony. Vielmehr kooperiert Sony Ericsson mit Napster Mobile. Genau wie hinter der österreichischen Ladezone steht auch hinter Napster Mobile die White-Label-Musikplattform aus dem Hause Ericsson. Walkmanhandys, die ohne Netzbetreiberbranding verkauft werden, werden auf die Nutzung von Napster Mobile vorbereitet. Mobilfunkanbieter können die für ihre Kunden bestellten Handys auch auf andere Downloadportale trimmen lassen. »Die Netzbetreiber und wir möchten, dass Sie (Musik) direkt auf Ihr 3G-Handy herunterladen«, so Olsson, »hoffentlich ist der Song nicht DRM-geschützt, sodass sie ihn auf andere Geräte verschieben können«.
Reizwort DRM. DRM (Digital Rights/Restriction Management) ist das Reizwort im digitalen Musikbusiness schlechthin. DRM-Technologie schränkt die zahlenden Kunden ein. Sie können mit den gekauften Musikdateien nicht machen, was sie wollen. Wer etwa in der Ladezone einkauft und sein Handy verliert oder auswechselt, kann die zwei Euro pro Song komplett abschreiben. Sicherungskopien sind nicht möglich. Die geplante Einführung von Dual-Download, bei dem eine Kopie der gekauften Datei auch für einen Windows-PC zur Verfügung gestellt wird, ist nur ein Herumdoktern an Symptomen. Einschränkungen auf bestimmte Systeme und Nutzungsweisen bleiben ebenso wie technische Probleme. Das hält das Kundeninteresse niedrig. Laut der britischen Pocket Group haben gerade einmal 1,5 Prozent aller britischen Mobilfunkuser Musik (inklusive Klingeltöne!) heruntergeladen. In Deutschland sind es bloß drei Promille. »Jedes Problem mit DRM ist nicht dazu angetan, den Konsum anzukurbeln«, weiß Anu Shah, Corporate Development Director der Pocket Group. Die Firma ist ein auf Independent-Labels spezialisierter Aggregator, also ein Zwischenhändler zwischen Labels und Verkäufern. Aufgrund der großen Zahl an Musiklabels sind Aggregatoren unabdingbarer Bestandteil der Wertschöfpungskette. Es wäre ein viel zu großer Aufwand, wenn jedes Label mit jedem Betreiber eines Downloadshops einzeln verhandeln müsste.
»DRM ist ein Thema, bei dem die Industrie mit der Zeit reifen wird, hofft One-CEO Jørgen Bang-Jensen, »die Labels werden merken, dass Mobile Music ein Markt für sie ist. Wenn wir aber warten, bis das alles erledigt ist, können wir ewig warten.« Simon Wheeler, Chef der Digitalabteilung der Beggars Group, die in Großbritannien mehrere Independentlabels betreibt, ist optimistisch: »Es wurde mich nicht überraschen, wenn die DRM-Initiativen innerhalb von zwei Jahren gestoppt werden.« Denn DRM hat sich zum Bumerang für die Major-Labels entwickelt.
Einerseits ruiniert DRM nachhaltig das Image der Labels, insbesondere Sony BMG kann nach dem Root-Kit-Skandal ein Lied davon singen. Andererseits zementiert der größte Onlinemusikhändler Apple mit DRM die Marktführerschaft seines iTunes-Systems ein. Dessen Dateien lassen sich nur auf iPods und bestimmten Computern, nicht aber auf konkurrierenden MP3-Playern oder Handys abspielen. Apple kann sich leicht auf die Wünsche der Musikindustrie ausreden, die ja den Einsatz von DRM vorschreibt. Die Verhandlungsmacht von Apple ist den Labels aber schon ein Dorn im Auge. Ein Versuch, die Großhandelspreise weiter anzuheben, schlug fehl.
Einige Manager der Major-Labels haben schon erkannt, dass DRM der falsche Weg ist. »Wir müssen uns neu erfinden«, betonte Ged Doherty, CEO Sony BMG UK, Ende Oktober, »Wir führen unsere Geschäfte, als wäre es 1982. Unser Businessmodell ist so veraltet, dass es gar nicht mehr wahr ist.« Auch Mike Smith, Managing Director Columbia Records UK, meint: »DRM (wie wir es kennen) wird innerhalb der nächsten zwölf Monate verschwinden. Ganz klar, wir müssen es los werden.« Wann diese Ansichten zur offiziellen Konzernpolitik werden, ist allerdings offen.