„Die Alternative wäre, noch mehr Geld in Leitungen zu investieren.“
- Written by Martin Szelgrad
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Am 29. Juni bezogen in Wien Technologieminister Alois Stöger, Martin Graf, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, und Michael Strebl, Geschäftsführer Salzburg Netz GmbH gemeinsam Position für eine wirtschaftlich überlegte, geordnete Energiewende. Anlässlich der Fachtagung „Intelligente Stromnetze - Mit Energieinnovationen Chancen für Österreich eröffnen“ betonte Stöger die Relevanz von Energiesystemen für die Entwicklung der Wirtschaft. „Österreich gibt 14 Mrd. Euro für den Import von fossilen Ressourcen aus“, mahnt der Minister und wünscht sich künftig eine „robuste heimische Energieversorgung“ zur Ablöse von „politischen Abhängigkeiten“.
Bei intelligenten Netzen ist es bereits gelungen, Österreich im internationalen Spitzenfeld zu positionieren. 2014 wurden über 143 Mio. Euro öffentliche Forschungsmittel in Österreich für die Energieforschung investiert, 95 Mio. Euro allein vom bmvit. Nun soll die Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde intensiviert werden. In den kommenden Monaten will man gemeinsam mit Netzbetreibern und Industrie Innovationsregionen zum Thema Smart Grid entwickeln, um die neuen Lösungen im Realbetrieb zu testen. Eine Pilotausschreibung dazu wird im Herbst gestartet.
Im Fokus des Ausbaus intelligenter Netze stehen die lokalen Verteilnetze auf Mittelspannungs- und Niederspannungsebene. Gerade auf unterster Ebene gilt das Lastmanagement von Spitzen kleiner Erzeuger wie etwa Photovoltaikanlagen und der intelligenten Verteilung zu Verbrauchern als Alternative zu kostspieligen Stromautobahnen, die im großen Stil quer durch Europa vernetzen.
Während die Übertragungsnetze bereits in ganz Europa „smart“ sind, hofft man bei flexibel schaltbaren Verteilnetzen auf Kostensenkungen für das gesamte System. „Die Alternative wäre, noch mehr Geld in den Ausbau der bestehenden Leitungen zu investieren. Dieses Geld kann man sich durch eine bessere Vernetzung sparen“, rät Regulator Martin Graf, E-Control.
Bis zum Jahr 2020 müssen rund 5,6 Mrd. Euro in den Ausbau und die Modernisierung der Strominfrastruktur investiert werden, betont Graf. Er sieht die Investhöhe „wie ein zusätzliches Konjunkturpaket außerhalb des Bundeshaushaltes“. Graf stellt in Aussicht, dass zu dessen Finanzierung die Tarifstrukturen der Netzbetreiber bis 2019 reformiert werden. „Wir müssen bei den Haushalten einen Unterschied zwischen Hausbesitzern mit PV-Anlage am Dach und Mietern im mehrgeschoßigen Wohnbau machen“, geht der Regulator auf die herrschende Tarifdiskussion ein. Zudem tragen intelligente Stromnetze dazu bei, dass die Stromversorgung insgesamt grüner werde. „Wer die Energiewende will, braucht auch intelligente Netze.“
Ein funktionierendes Modell der Energiezukunft, das heute bereits greifbar ist, hat die Salzburg AG in der Gemeinde Köstendorf errichtet. Rund 50 % von insgesamt 150 Haushalten erzeugen selbst Strom über Photovoltaik und nutzen Elektroautos. „Wir wollten keine PowerPoint-Folien zeichnen, sondern ausprobieren wie die neue Energiewelt funktioniert“, gibt sich Michael Strebl von der Salzburg Netz GmbH hemdsärmelig. Das Zusammenspiel der dezentralen Erzeuger mit CO2-freiem Autoverkehr ist ein Erfolgsprojekt. Köstendorf zeige, „wie sich Energieversorgungsunternehmen vom Energielieferanten zum Systemmanager wandeln.“ Im Niederspannungsnetz werden schwankende Erzeugungsleistungen lokal geregelt und an Verbraucher vor Ort abgeführt. Die übergeordneten Netze werden nicht belastet.
Der Geschäftsführer des Netzbetreibers leitet aus dem Praxismodell mehrere Erkenntnisse ab. „Die smarten Systeme funktionieren. Die Netze brechen auch dann nicht zusammen, wenn jeder zweite Haushalt selbst Strom erzeugt und Elektrofahrzeuge lädt.“ Weiters betrachtet er die neuen Lösungen um bis zu 50 % günstiger als konventionelle Ansätze. Und schließlich würden die Kunden diesen Weg annehmen. „Der Bürgermeister Köstendorfs ist zuletzt mit großer Mehrheit wiedergewählt worden“, argumentiert Strebl augenzwinkernd.