»Alle, die sich damit beschäftigen, sind begeistert«
- Written by Martin Szelgrad
- font size decrease font size increase font size
August Hirschbichler, Vorstandssprecher der Salzburg AG, im Interview. Er spricht über Zukunftsthemen wie Energieeffizienz und Elektromobilität, die bereits heuer greifen.
(+) plus: Wenn Sie ein kurzes Resümee ziehen wollen: Wie ist das Geschäftsjahr 2011 für die Salzburg AG verlaufen?
August Hirschbichler: Das vergangene Jahr war für die gesamte Energiewirtschaft witterungsbedingt durchwachsen. So konnte die Salzburg AG die Planzahlen im Bereich Wasserkraft, der für uns eine wesentliche Rolle spielt, aufgrund der geringen Niederschläge nicht erreichen. Ebenso brachen in dem vergleichsweise milden Winter die Absätze von Fernwärme und Gas ein. Auch galt es auch ein mit 160 Mio. Euro sehr ambitioniertes Investitionsprogramm in Salzburg durchzuziehen. Hauptaugenmerk dabei gilt dem weiteren Ausbau der Wasserkraft beispielsweise mit dem Kraftwerk Lehen. Doch gibt es für uns keinen Grund zum Jammern. Längerfristig betrachtet sind wir auf einem sehr guten Weg.
(+) plus: Welche Themen bestimmen Ihr Geschäft?
Hirschbichler: Strategie der Salzburg AG ist weiterhin die konsequente Aufstellung als regionaler Infrastruktur- und Verkehrsdienstleister für Stadt und Land Salzburg. Dazu sind laufend Arbeiten nötig, um unsere unterschiedlichen Infrastrukturnetze Strom, Gas, Wasser, Wärme zu erneuern und zu ertüchtigen. Im Verkehrsbereich kommt es zu Oberleitungsarbeiten und auch zum Einsatz neuer O-Busse, um die Attraktivität dieses Verkehrsmittels zu erhöhen. Im Laufe der nächsten Jahre werden hier zehn moderne Fahrzeuge zusätzlich zum Einsatz kommen.
Im Stromnetzbereich gibt es heuer einige Verkabelungsprojekte, um eine bestmögliche Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Durch den starken Wintereinbruch im Jänner und Februar hatten wir mit erheblichen Ausfällen von Freileitungen aufgrund der Schneelast zu kämpfen. Trotz Fukushima und der geforderten langfristigen Abkehr von fossilen Brennstoffen wird es für die E-Wirtschaft aber immer schwerer Ausbauprojekte durchzusetzen – egal ob dies eine Leitung oder eine Erzeugungsanlage betrifft. Hier ist ein Umdenken in der Bevölkerung notwendig, damit wir eine saubere Energiezukunft gestalten können.
Ein weiteres zentrales Thema der Energiebranche ist Energieeffizienz. Dabei sind viele aufeinander abgestimmte Maßnahmen nötig, um jene Einsparziele zu erreichen, die sich die Politik gesetzt hat. Energieeffizienz heißt für uns: die richtige Energie verantwortungsvoll verwenden. Um bei Strom und auch Wärme die richtige Energie einsetzen zu können, gibt es bei der Salzburg AG seit einigen Jahren Aktionen und Maßnahmen. Heuer wird dieses Thema noch verstärkt.
(+) plus: Welche Möglichkeiten haben Haushalte, den Energieverbrauch zu optimieren? Was können die Energieversorger hier tun?
Hirschbichler: Es gibt unterschiedliche Ansätze zur Steigerung der Energieeffizienz in den Haushalten. Gemeinsames Ziel ist stets, das Verhalten der Endverbraucher zu beeinflussen. Aktuell haben wir Piloten zu Smart Meter und Smart Grids laufen, die mittels Visualisierungen den Endkunden den tatsächlichen Verbrauch und Abweichungen in festgesetzten Zeiträumen zeigen. Der Verbraucher kann damit dann entsprechend reagieren. Manche Haushalte werden vielleicht sogar die Steuerung einer Warmwasseraufbereitung oder anderer Geräte von ihrem Energielieferanten regeln zu lassen. Der wiederum wird Anreize für ein solches Lastenmanagement bieten. Ein Teil des Stromverbrauchs lässt sich damit in verbrauchsgünstigere Zeiten verlegen.
Das größte Potenzial für Energieeinsparungen aber betrifft den Wärmebereich. Vor allem die Sanierung von Altbestand kann die Energiebilanz enorm verbessern. Wir schätzen, dass bei einer Sanierung des Gebäudebestandes in Salzburg ein Rückgang des Wärmebedarfs von gut 30 % möglich wäre. Wir sehen dieses Thema auch in seiner gesamten Wertschöpfungskette: Wärme und Behaglichkeit lassen sich auch über Fernwärme, Wärmepumpen, Solarenergie und letztlich auch Gas erzeugen. Diese unterschiedlichen Energieformen gilt es nun bestmöglich einzusetzen.
(+) plus: Der Regulator möchte nun die Netzbetreiber verpflichten, Energieeffizienzmaßnahmen bei den Endkunden zu forcieren. Ist dies aus Ihrer Sicht gut gewählt?
Hirschbichler: Durchaus – wenn der Regulator an zwingende Maßnahmen denkt, sollten diese nicht im Wettbewerbsbereich der Energieversorgung, sondern im regulierten Netzbetreibergeschäft gesetzt werden. Natürlich kann auch der Dienstleistungsbereich mit seinem Zugang zu den Kunden Maßnahmen setzen. Ob dies aber in Auftrag des Netzbetriebsbereichs, des Regulators oder weiterer Stellen passiert, spielt keine Rolle. Eines aber ist klar: Wenn wir dieses Thema wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir schnell agieren.
(+) plus: Die Salzburg AG setzt bereits stark auf das Thema Elektromobilität. Welche Vision haben Sie dazu?
Hirschbichler: Ich bin felsenfest überzeugt, dass Elektromobilität erfolgreich den Markt verändern wird. Es gab zwar bereits Anläufe in der Vergangenheit, nun aber ist unser gesamtes Umfeld – Politik, Gesellschaft und viele Unternehmen – auf diesen Trend eingestellt. Das Marktwachstum ist nur noch von der Preisentwicklung bei Fahrzeugen und den Angeboten der Autoindustrie abhängig. E-Cars eignen sich zunächst optimal für Firmenflotten, die im städtischen Bereich eingesetzt werden, und als Ersatz für Zweitwagen. Die durchschnittliche Kilometerleistung eines Fahrzeugs beträgt hierzulande täglich gut 20 bis 30 Kilometer. Allein diese Tatsache beantwortet auch gleich das vermeintliche Reichweitenproblem der E-Cars. Das Thema Schnellladung betrifft den primären Markt noch nicht und wird erst mit den weiteren Entwicklungen bei Akkutechnologien boomen. Bei der Elektromobilität wird es im Wesentlichen zwei starke Player geben: die Autoindustrie und die Energiedienstleister, die Ladeservices und Strom aus erneuerbaren Energie anbieten. Als Salzburg AG wollen wir einer dieser Player werden.
Dort, wo die Autos die meiste Zeit geparkt stehen, zuhause oder beim Arbeitsplatz, in der Tiefgarage oder in Park-and-Ride-Anlagen, haben wir aus Energieversorgungssicht bereits die nötige Infrastruktur. Alles, was wir dazu noch umsetzen müssen, ist die Installation von Lademöglichkeiten. Die Fahrzeuge dazu stehen in der Regel täglich 23 Stunden still. Abseits dieses gesicherten Ladens ist die Aufbringung von Strom aus erneuerbarer Energie ein Punkt, den wir ja ebenfalls abdecken.
(+) plus: Welche Erfahrungen haben Sie dazu bislang sammeln können?
Hirschbichler: Wir haben gesehen, dass jeder, der sich ein wenig mit Elektromobilität beschäftigt, davon begeistert ist. Die Fahrzeuge sind wendig, schnell und einfach in der Bedienung. Und wenn über entsprechende Förderungen das Preishindernis überwunden wird, investieren viele auch in dieses Thema. In einem Ortsteil von Köstendorf im Flachgau läuft derzeit ein Pilotprojekt der Salzburg AG, Photovoltaikanlagen und Elektroautos in einem Niederspannungsnetz zu integrieren. Zu unserer Überraschung hatten uns für das Projekt bereits am ersten Tag sämtliche Teilnehmer der angepeilten 50 % der Haushalte verbindlich zugesagt. Die Bewohner mussten selbst ebenso erhebliche Mittel für die Finanzierung der Anlagen aufbringen, die Begeisterung hatte aber deutlich überwogen.
Wir bereiten uns mit solchen Projekten auf den Zeitpunkt vor, an dem E-Cars und Akkus, die derzeit noch 30 bis 40 % des Fahrzeugpreises ausmachen, massiv günstiger werden. Bis dahin werden wir die Ziele und Vorgaben der Modellregion Salzburg für Elektromobilität des Klima- und Energiefonds übererfüllen. Gemeinsam mit Partnern engagieren wir uns auch in unserem Unternehmen The Mobility House, auf der Autohersteller von den bereits gemachten Erfahrungen mit Elektromobilität profitieren können.
(+) plus: Glauben Sie an eine Zukunft des Elektroautos als Stromspeicher für den Energieversorger? Es gibt ja die Vision der verteilten Speicherinfrastruktur auf E-Car-Basis.
Hirschbichler: Ein Fahrzeugbesitzer könnte damit etwas Geld verdienen, wenn die Fahrzeugbatterie zu bestimmten Zeiten für ein zentrales Lastenmanagement freigegeben wird. In dieser Vernetzung muss dann natürlich sichergestellt sein, dass der Akku bei Bedarf wieder aufgeladen ist. All diese genannten Aspekte ergeben ein breites Spektrum unserer Positionierung zum Thema Elektromobilität.
>> Das Unternehmen:
Eigentümer der Salzburg AG sind zu 42,56 % das Land Salzburg, zu 31,31 % die Stadt Salzburg sowie zu 26,13 % die Energie AG Ober-österreich. Die Salzburg AG hat eine gesamte Stromenergieverwendung von rund 14.713 GWh, 12.220 GWh Erdgas und 867,6 GWh Fernwärme. Zusätzlich versorgt sie die Stadt Salzburg mit 12,2 Mio. m3 Wasser. Als Betreiberin des öffentlichen Verkehrs in der Stadt Salzburg und der Lokalbahn im Flachgau transportiert das Unternehmen pro Jahr über 49,5 Millionen Fahrgäste. Die Salzburg AG verfügt über ein eigenes Datennetz für Telefon-, Internet- und Kabel-TV-Services.
>> Carsharing in Salzburg:
Der Handelsriese Rewe hat im März gemeinsam mit dem Energieversorger Salzburg AG ein Car-Sharing-Tochterunternehmen gegründet. EMIL ist mit zunächst fünf Ausleihstationen und zehn Elektroautos im Betrieb. Bis 2016 werden es 40 Stationen in der Stadt Salzburg sein. Der Service wird im 15-Minuten-Takt abgerechnet. Der Tarif pro Stunde liegt zwischen fünf und sechs Euro, für Geschäftskunden gibt es Spezialpakete.
Experten sehen Carsharing in Städten als große Chance für eine Entlastung des Verkehrs: So ersetzt ein Carsharing-Auto bis zu acht Privat-Pkw. Werden die E-Cars dann auch noch rein von Ökostrom angetrieben (in Salzburg ist dies vor allem Wasserkraft), sieht es für eine grüne Zukunft überhaupt rosig aus. »Die Erfahrungen in Salzburg werden zeigen, wie schnell wir unser System auf andere Städte ausdehnen können«, plant Rewe-Manager Peter Breuss bereits die Expansion auf Restösterreich.