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\"IT ist nicht gratis“

Von Judith Högerl

Rechnerisches Denken hat sie im Mathematikstudium vermittelt bekommen - wie sich ein “Männerhaufen disziplinieren” lässt, in der Familie. Mit diesen Qualitäten ausgestattet, ist Tina Reisenbichler im Managementteam von T-Systems gelandet. Bei dem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom ist sie für den Vertrieb der Bereiche Telekommunikation und Outsourcing zuständig. Um die fünf Kinder, alle aus “dem Gröbsten heraußen”, kümmert sich inzwischen ihr Mann.

Report: Frau Reisenbichler, wie lässt sich eine Spitzenposition in einem IT-Unternehmen mit einer so großen Kinderschar vereinbaren?
Tina Reisenbichler: Ich hatte das Glück, dass ich die Kinder sehr früh bekommen habe. Ich hatte zuerst Mathematik und Technik studiert, war danach sehr wohl zu Hause, habe dann lange in Teilzeit gearbeitet und bin erst seit sechs Jahren im Management. Inzwischen sind die Kinder schon groß, zum Teil schon ausgezogen und jetzt ist mein Mann zu Hause. Natürlich muss für eine Tätigkeit im Management ein gewisser Rahmen vorhanden sein. Ich erledige auch heute noch einige Arbeiten von zu Hause aus.

Welche weiblichen Qualitäten sind im Management und der IT-Branche gefordert?
Bei mir war die Liebe zur Mathematik schon sehr früh da. Bei vielen Frauen ist für Technik einfach kein Interesse vorhanden beziehungsweise wirkt sie sogar abschreckend. Ursprünglich wollte ich HTL-Lehrerin werden. Diese Position, in der ich mich heute befinde, war nicht geplant. Ich habe einfach jede Chance genutzt, die sich mir geboten hat.

Warum schaffen es so wenige Frauen ins Management von IT-Firmen?
Ich glaube nicht, dass es so wenige sind. Man muss auch eingestehen, dass viele Frauen einfach nicht wollen. Ich denke auch nicht, dass wir zu wenig gefördert werden. Immerhin können Frauen sehr gut vernetzt denken und einen Männerhaufen zu disziplinieren, ist nicht viel anders als dieses daheim mit den Kindern zu tun. Es ist falsch zu denken, Frauen bekommen eine Position nicht aufgrund der Tatsache dass sie Frauen sind. Frauen müssen dennoch oftmals mehr Leistung bringen als ihre männlichen Kollegen. Bei Gehaltsverhandlungen verkaufen wir uns schlecht und geben zu schnell nach - aber auch das lässt sich lernen.

Was raten Sie Kolleginnen auf dem Weg nach oben?
Zuerst gilt es, sich vom schlechten Gewissen gegenüber der Familie zu befreien. Ich rate zu Offenheit und einer klaren Formulierung der eigenen Ziele. Ich gestehe auch ein, dass ein Umorganisieren mit 19 sicher einfacher ist als mit 30. Ins Berufsleben bin ich schon mit Kindern eingestiegen und seither nie ganz draußen gewesen. Meine Kinder waren alle sehr selbstständig und hatten immer einen stabilen Faktor zu Hause. Ich wollte nicht Kinder bekommen, damit ich sie von einem Kindermädchen zum anderen weiterreichen muss. Mein Sohn ist stolz, wenn ich bei der Technik mitreden kann.

Wie stolz sind Sie auf die Entwicklung der Geschäfte bei T-Systems?
Ich bin bei T-Systems zuständig für den Vertrieb in den Bereichen Telekommunikation und Outsourcing. Das Fulloutsourcing geht bis hin zur Personalübernahme. In beiden Bereichen sind wir sehr gut unterwegs. Die Betreuung erfolgt hier vor Ort, das heißt der Ansprechpartner für den Kunden muss nicht erst eingeflogen werden, wie es vielleicht beim Mitbewerb der Fall ist. Auch die Standortsicherheit ist gegeben.

Wie schätzen Sie die Lage der IT-Branche ein?
Die Wirtschaftslage selbst ist hart. Als Unternehmen muss man sicher um Projekte kämpfen. Entscheidend ist heute nicht das billigste Angebot. Man muss sich eher fragen, mit wem man eine Partnerschaft eingeht. IT ist nicht gratis, mit Billiganbietern kann man uns nicht vergleichen. Ich habe das Gefühl, dass die Situation in der Branche im kommenden Jahr ähnlich bleiben wird. Ich erwarte keinen großen Boom, sondern Konsolidierung am Markt. Wir profitieren jedenfalls von Firmenzukäufen und -erweiterungen. In dem Fall ist unser Know-how für zusammengeführte Plattformen gefragt.

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