Projekt für neue Netze
- Written by Redaktion
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Der Trend zu erneuerbaren Energien und Elektromobilität stellt eine besondere Herausforderung an die Niederspannungsverteilernetze dar.
Der Weg in eine grüne Zukunft am Energiesektor ist auf den Reißbrettern der Wirtschaftsstrategen bereits fix durchgeplant. Auf Verbraucherseite werden intelligente Strom- und Gaszähler, sogenannte »Smart Meter«, neue Transparenz und Flexibilität in die Energienutzung bringen. Die Energieversorgungsunternehmen wiederum transformieren ihre Netze in »Smart Grids«. Gemeint ist damit der Einsatz von moderner Kommunikations- und Steuerungstechnik für die effektive Planung, den Ausbau, Betrieb und die Wartung der Netze. Smart Meters stellen wesentliche Komponenten künftiger Energieverteilung dar – zum Vorteil der Kunden ebenso wie der Energieversorger.
Die Stromerzeugung steht ebenfalls vor großen Veränderungen. Neue Energiequellen durchsetzen seit Jahren die Klassiker fossile Brennstoffe und Wasserkraft in Österreich mit alternativen Konzepten. Windkraft, Solarstrom und Energie aus Biomasseanlagen tragen bereits mit einem signifikanten Anteil zum Energiemix für die Industrie und Haushalte bei. Der Trend geht zu kleinteiligen Anlagenstrukturen – weg von Großkraftwerken, hin zu einer dezentralen Umgebung. In dieser ergeben leistungsfähige Kraftwerke, geografisch verteilte Anlagen im Bereich erneuerbarer Energie und die wichtigen Speichermöglichkeiten von Ausgleichsenergie – in Österreich vor allem Pumpspeicherkraftwerke – ein komplementäres Versorgungsgeflecht.
Für die bestehenden Netze bedeutet dies eine neue Herausforderung: Niederspannungsnetze sind generell für eine hohe Anzahl von Stromerzeugern auf Basis erneuerbarer Energieträger nicht ausgelegt. Will ein Verteilnetzbetreiber heute dezentrale Erzeugungsanlagen ans Niederspannungsnetz anschließen, ist er bei der Dimensionierung der Stromleitungen auf reine Schätzungen angewiesen, die auf den Lastspitzen in einzelnen Strangabschnitten basieren. Deswegen müssen derzeit zusätzlich große Sicherheitszuschläge eingeplant werden, um in Normen festgelegte Spannungsgrenzen nicht zu überschreiten. Dies beschränkt die Anschlussmöglichkeiten für dezentrale Erzeugungsanlagen. Siemens untersucht derzeit, wie dezentrale, erneuerbare Energiequellen optimal in Niederspannungsnetze eingebunden werden können. Ziel des Projektes mit dem Namen »Innovative Solutions to Optimise Low Voltage Electricity Systems: Power Snap-Shot Analysis by Meters« ist, die notwendigen technischen Grundlagen zu erarbeiten, um mehr und mehr dezentrale Einspeisung zu ermöglichen. Das Projekt wurde Anfang 2010 gestartet. Erste Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.
Sammlung wichtiger Daten
Als ersten Schritt machen die Siemens-Experten eine Momentaufnahme des Zustandes des Niederspannungsnetzes und bilden dabei die realen Netzparameter wie Netzspannung und Phasenwinkel ab. Dafür rüsten sie AMIS-Stromzähler (siehe Kasten), die in Haushalten den Elektrizitätsverbrauch messen, mit speziellen Messfunktionen aus. Diese realen Daten können daraufhin über das Niederspannungsnetz aus der Ferne ausgelesen und erstmals analysiert werden. Bisher standen dafür nur Schätzwerte zur Verfügung.
Projektpartner sind neben Siemens (Sektor Energy und Corporate Technology) die Verteilnetzbetreiber von Oberösterreich (Energie AG Netz), Salzburg (Salzburg Netz) und Wien (Wienstrom Netz) sowie als Forschungspartner das Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien. Durch Analyse der Messdaten in bis zu 100 verschiedenen Niederspannungsnetzen in städtischen ebenso wie in ländlichen Strukturen wird erstmals fundiert das Potenzial für die Implementierung des Smart-Grid-Ansatzes im Niederspannungsnetz ermittelt werden können. Ergebnisse aus diesen Betrachtungen sollen dazu beitragen, Niederspannungsnetze genauer abzubilden und zu modellieren und dadurch die Netzplanung und den Netzbetrieb im Verteilernetz wesentlich zu verbessern – insbesonders für neue Erzeugungs- und Verbraucheranlagen.
Breiter Einsatz
Das Forschungsprojekt ist ein Schritt zum intelligenten Energiesystem, in dem auch künftig das Elektroauto seinen Platz finden wird. Der Trend zur Elektromobilität stellt ebenfalls eine Herausforderung an das Niederspannungsverteilernetz dar: In Zukunft werden unzählige Elektroautos nicht nur über das Netz aufgeladen. Gleichzeitig sollen die Fahrzeuge auch als Speicher dienen und Strom bei Bedarf wieder ins Netz zurückspeisen. Die Auswirkungen dieser Lade- und Entladevorgänge auf das Stromnetz zu messen und als Grundlage für die Stabilisierung des Niederspannungsnetzes zu verwenden, ist ebenfalls ein Ziel des Forschungsprojekts. Siemens leistet mit dem Projekt mittel bis langfristig einen grundlegenden Beitrag für die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien im Netz.
Was ist Amis?
Wer unter den neuen Rahmenbedingungen als Verteilnetzbetreiber den wirtschaftlichen Erfolg sicherstellen und weiter ausbauen will, muss bestehende Netzbetriebsprozesse optimieren und neue Geschäftsfelder erschließen. Das automatisierte Verbrauchsdatenerfassungs- und Informationssystem AMIS (»Automated Metering and Information System«) bietet dafür die Voraussetzung. Es vereint die Verbrauchsdatenerfassung und das Management von Verteilnetzen in einem System und wurde explizit für die speziellen Anforderungen des liberalisierten Energiemarkts entwickelt. Die Komplettlösung erfasst Daten und Informationen von Haushalten, Sondervertragskunden und der Verteilnetzinfrastruktur und überträgt sie zu einer Zentrale. Damit kann der Verteilnetzbetreiber wesentliche Kernprozesse optimieren und seinen Kunden neue Dienstleistungen und Daten anbieten, sowohl auf der Lieferanten- als auch der Abnehmerseite. Neue Möglichkeiten sind beispielsweise das Fernabschalten von Kundenanschlüssen bei Limitierung der Bezugsleistung oder die Erfassung und Dokumentation der Versorgungsqualität. AMIS ist ein umfassendes Gesamtsystem, das die Basis für Smart-Grid-Lösungen der Zukunft darstellt.
Last modified onMittwoch, 23 Juni 2010 00:26