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Krugmans düsterer Ausblick

\"HaubenkochDie Universität in Princeton hat zentralen Einfluss auf die Politik der US-Notenbank und der Regierung in Washington. Aber der Ruf der Professoren leidet darunter, dass die ­Erfolge ihrer Rezepte ausbleiben.

Princeton ist ein ganz eigener Platz, an dem Nobelpreisträger, die man sonst immer als intellektuelle Lichtgestalten von einem anderen Stern betrachtet, plötzlich ganz real werden. Man trifft sie an der Straßen­ecke, wie unlängst, als ich Paul Krugman an der Ecke Nassau und Witherspoon begegnete.

2008 wurde Krugman mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet und er gilt als einer der publizistisch aktivsten Wissenschafter. Im wirklichen Leben ist er unscheinbar, entspricht dem Typus des verhuschten Professors, der nie wirklich dort ist, wo er sich gerade bewegt. Er ist ein Einzelgänger, schaut sein Gegenüber selten direkt an, und Smalltalk ist ein Fremdwort. Er hat die Aura des Grantlers, aber auf seiner Bühne, im Vortragssaal oder in seinen Kommentaren blüht er auf.

Er hat, was man bei Wissenschaftern selten findet: Sprachliche Kompetenz, soll heißen, er versteht es, komplexe Zusammenhänge in großer Einfachheit darzustellen. Und das macht ihn zu einem vielgelesenen Kolumnisten der renommierten New York Times.

Vorstand des Instituts, an dem er jetzt tätig ist, war Ben Bernanke, ehe dieser zum Chef der Federal Reserve und damit wohl zum mächtigsten Mann der Finanzwelt aufstieg. Kritiker der Fed meinen, dass die USA längst den Goldstandard durch den Professorenstandard ersetzt hätten, und Krugman ist einer, der genau diesen Standard mitdefiniert. Bernanke und Krugman entstammen einer Denkschule. Jetzt Krugman zu lesen, hilft, die Politik der Fed zu verstehen – jene Politik, die ein schönes Wort fürs massive Gelddrucken gefunden hat: Quantitative Easing (QE). Massive Geldmengen wurden in den Markt gepumpt. Dass trotzdem die Arbeitslosigkeit hoch und das Wirtschaftswachstum niedrig geblieben ist, irritiert die Professoren nicht, denn die Fed habe gemacht, was sie machen könne – nur die Politik sei auf halbem Wege stehen geblieben.

In seiner jüngsten New York Times-Kolumne ruft Paul Krugman die Depression aus, die sich klar noch nicht mit jener der 30er-Jahre messen ließe, aber:  »Unheilvolle Trends können nicht kleingeredet werden, nur weil kein Hitler in Sicht ist.«
Und Krugman entwickelt weitreichende Thesen. Der europäische Traum sei tot, der Euro habe ihn umgebracht. Die jetzt ausgerufenen Schuldenbremsen ohne gleichzeitig Wachstumsimpulse verstärken die Krise und bereiten den Boden auf für rechtsextreme Populisten.

»Die europäischen Eliten müssen ihre verfehlte Politik überdenken, oder die Demokratie wird leiden und dann wird der Fall des Euro die geringste Sorge sein.«

Krugman persönlich begegnet zu sein, nimmt ihm viel von seinem Zauber. Und wenn er und Bernanke aus der Princeton-Schule es so genau wissen, warum hat es in den USA nicht besser funktioniert? Dort wird seit 2008 praktiziert, was beide jetzt Europa als Rezept andienen wollen. Hohe Schulden, hohe Arbeitslosigkeit, niedriges Wachstum und dazu eine Währung, die mehr vom Mythos lebt als von der Realität – das hat ihre Politik den USA gebracht. Bernanke hat längst die Weichen in Richtung Hyperinflation gestellt, denn wie die werte Wissenschaft den Leuten einreden will, dass der Dollar, obwohl massenhaft in Umlauf gebracht, mehr wert sein soll als bedrucktes Papier, bleibt ein Rätsel. Der Professorenstandard ist kein Goldstandard – daran kann auch die intellektuelle Brillanz von Ben Bernanke und Paul Krugman wenig ändern.

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