Wenn das Haus selbst weiß, was zu tun ist
- Written by Martin Szelgrad
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Von Kollerschlag in die ganze Welt: Loxone nimmt die Gebäudeautomation in die Hand – und möchte Nutzern Zeit und Nerven sparen.
Seit 2009 entwickelt der »Hidden Champion« Loxone Produkte für das smarte Zuhause und vertreibt diese in der ganzen Welt – über 70.000 Smart-Home-Installationen hat das innovative Unternehmen bereits umgesetzt. Design und Entwicklung finden am Standort des Firmensitzes in Kollerschlag im Mühlviertel statt. 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in dem kleinen Ort unweit der Grenze zu Bayern beschäftigt. Die Nähe zum größten Markt Deutschland für die Österreicher ist optimal. Auch Gäste aus Berlin schauen sich das unweit der Firmenzentrale errichtete »Show Home« gerne an. Es zeigt Wohnkomfort und es demonstriert eindrucksvoll, wie ein Smart Home seinen Nutzern Handgriffe abnimmt.
Was ist ein Smart Home? »Wenn das Haus selbst weiß, was zu tun ist«, definiert Loxone-Gründer Martin Öller. Wenn beispielsweise die Heizung weiß, was die Beschattung macht, das Haus verlässlich Wassereintritt erkennt, vor Sturm warnt und zum Schutz die Jalousien hochfährt. Es beschützt seine Bewohner durch intelligente Abwehrmechanismen vor Einbruch, sorgt in Verbindung mit Sensoren außen und innen von selbst für die richtige Beschattung und Raumtemperatur. Und es spart so gleichzeitig Energie, wo dies sinnvoll ist. Betritt jemand einen Raum, werden vordefinierte Lichtszenarien und bei Bedarf auch Musik eingeschaltet. Und am Abend kann eine einzige Geste einen Raum in den Schlafmodus versetzen – das Licht geht aus oder wird gedimmt, der Einbruchschutz wird aktiviert und Stromfresser werden vom Netz genommen.
Gestaltungswille
Um den Antrieb Öllers zu verstehen, in diesem Markt zu reüssieren, ist ein Blick zehn Jahre zurück notwendig. Der Grundstein für die smarte Welt wurde 2008, ein Jahr vor der eigentlichen Unternehmensgründung, gesetzt. Öller hatte bereits das IT-Unternehmen Eworx erfolgreich aufgebaut und eignete sich beim privaten Hausbau umfangreiches Wissen aus der KNX-Gebäudetechnik an – aus persönlichem Interesse. Sobald die Gebäudeautomatisierung fertig war, war ihm klar: Das muss auch mit weniger manuellen Bedienelementen gehen können. »In der IT-Welt hatten wir uns damit beschäftigt, die Tools für die Nutzer immer einfacher zu gestalten. In der Gebäudeautomatisierung war damals das Gegenteil der Fall. Dort wurde es eigentlich immer komplizierter.« Aus dieser »großen Unzufriedenheit«, wie Öller erklärt, gründete er gemeinsam mit Thomas Moser, der weiteren technischen Hintergrund mitbrachte, Loxone. Und wenn man sich schon mit diesem neuen Segment beschäftigte, dann wollte man es von Anfang an richtig machen.
Bild oben: Bei den Loxone-Lösungen verlassen die Daten die eigenen vier Wände nicht. Niemand außer die Bewohner hat darauf Zugriff.
Das Gründer-Duo beschäftigt heute über die gesamte Unternehmensgruppe hinweg rund 280 Mitarbeiter an 18 Standorten. »Uns geht es nicht um eine nette Spielerei im Haus, sondern um die Reduktion von Technik, das Übernehmen von Aufgaben wie Temperaturregelung oder Sicherheit«, betont Öller. Freilich hätte es schon früher Lösungen für das Smart Home gegeben – doch zu höheren Kosten, mit höherem Aufwand und »Kopfschmerzen«. Ihr Anspruch ist, dass jeder Elektriker die Komplettlösungen von Loxone einfach und schnell herstellen kann. Auch wenn das Smart Home vieles selbst tut, können Bewohner über frei konfigurierbare Touch-Bedienflächen jederzeit in die durchdachten Abläufe eingreifen. Alle Funktionen in einem Raum werden so über einen einzigen Taster bedient.
Expansionspläne
Im Vorjahr hat Loxone mit der Übernahme des deutschen Herstellers Baudisch Electronic rund 1,5 Mio. Euro in eine neue Elektronikfertigung investiert. Der Großteil der Fertigung läuft allerdings bei europäischen Lieferanten. Warum nicht mehr Produktion nach Asien ausgelagert wird? Bei der Fertigung von Highend-Komponenten sei Qualität enorm wichtig, betont Öller. Zudem spielt bei dem mittlerweile hohen Automatisierungsgrad das Argument niedrigerer Lohnkosten eine geringere Rolle.
Das ausgegebene Ziel, von rund 80 Mio. Euro im Vorjahr auf 200 Mio. Umsatz bis 2020 zu wachsen, will man gleichermaßen organisch und anorganisch bewerkstelligen. Möglichkeiten gibt es genug: Lediglich rund fünf Prozent der verkauften Technikkomponenten werden derzeit selbst von Tochterfirmen produziert. Der Mini-Server als Herz der Gebäudeautomation sei keine proprietäre Lösung, betont man. Auch Leuchten und Aktoren anderer Hersteller können in die Lösungen integriert werden – mit minimalen Einschränkungen. Dennoch will man für die einfachere Installation sämtliche Komponenten auch unter der eigenen Marke bieten können und auch selbst entwickeln – in Kompetenzzentren zu Smart-Home-Bereichen wie Licht, Zutritt und Multimedia-Know-how, um Praxiserfahrungen noch besser zu bündeln.
Es ist die Verbindung von lokaler Verwurzelung und internationalem Footprint, die das aufstrebende Unternehmen so interessant macht. Gäste, die in einem der Räume des Show Home in Kollerschlag übernachten, haben die Wahl zwischen »Oachkatzel«, »Söcköbär«, »Scheer« und »Beivogö«. Die Mundart-Ausdrücke für Eichkatzerl, Schaf, Maulwurf und Biene demonstrieren die enge Verbundenheit des Unternehmens mit der Region. Und sie zeigen, dass Erfolg nicht immer todernst aussehen muss.
O-Ton: »Keine Ansammlung von Gimmicks«
Loxone-Gründer Martin Öller im Gespräch zu Häuslbauern, Fachkräften und Sicherheit in der Gebäudeautomatisierung.
Report: Wie geht es Ihrem Geschäft? Werden Ihre Lösungen gut angenommen?
Martin Öller: Unserem Geschäft geht es sehr gut, Smart Home ist allgemein ein Trend. Der Gedanke, in einem Haus zu leben, das den Bewohnern viele Handgriffe abnimmt, findet immer mehr Gefallen. Wir fokussieren uns auf das Leben in den eigenen vier Wänden und nachdem es im deutschsprachigen Raum Tradition ist, sich sein Haus selbst zu bauen, sprechen wir die Häuslbauer direkt an. Es gibt natürlich auch Kooperationen mit Immobilienbetreibern oder Fertighausherstellern – in diese Märkte stoßen wir aber erst Schritt für Schritt.
Report: Technische Sicherheit wird bei Smart-Home-Lösungen oft vernachlässigt. Schwachstellen gibt es in den besten Systemen. Was ist Ihr Ansatz dazu?
Öller: Das Heikelste bei diesem Thema ist immer der Mensch, doch unser System ist kaum zu knacken. Smart Home wird oft als Ansammlung von Gimmicks gesehen. Wir haben einen anderen Zugang. Zum einen muss die Loxone-Lösung bei sicherheitssensiblen Kunden, denen eine Zugriffsmöglichkeit aus der Ferne nicht wichtig ist, nicht ins Internet – das unterscheidet uns von vielen anderen Anbietern. Wenn jemand aber einen Fernzugang möchte, ist es natürlich wichtig, ein sicheres Passwort zu verwenden. Außerdem ist die Datenübertragung im Heimnetz verschlüsselt. Unsere Komponenten haben auch keine eigenen IP-Adressen, sondern werden zentral vom Miniserver angesteuert. Bei uns gibt es auch keine Cloud, obwohl es technisch viel einfacher wäre. Alle Daten bleiben lokal gespeichert.
Report: Bekommen Sie genügend Fachleute am Standort Kollerschlag?
Öller: Wir kämpfen wie alle anderen Unternehmen in Österreich. Unser Vorteil: Wir sind in einer Region tätig, wo gewisse Jobs nicht an der Tagesordnung sind. Für einen Job in der Software- oder Produktentwicklung pendelt man in der Regel nach Linz. Mit unseren Themen und unserem Ansatz, aber etwa auch mit einem eigenen Restaurant strahlen wir als Arbeitgeber eine hohe Attraktivität aus.
Unsere Stellen sind derzeit gut besetzt. Wir haben schon zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung gewusst, dass wir viel vorhaben. Ziel ist es, im Bereich Smart-Home-Komplettlösungen Weltmarktführer zu werden. Dafür brauchen wir die besten Leute.