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Businessnomaden

Positiv, aber nicht euphorisch: So in etwa lautet die Einschätzung der Marktauguren für den allgemeinen IT-Sektor. Im Bereich Mobility liefern sich Consulter und Analysten fast schon eine Bieterschlacht, die an die seligen New-Economy-Zeiten um die Jahrtausendwende erinnert. Die Anzahl der mobilen Devices soll sich weltweit innerhalb der nächsten zwei Jahre vervielfachen. Bei der Hardware geht der Trend vom allgegenwärtigen Handy und dem PDA hin zum Notebook. »Besonders der KMU-Sektor ersetzt zunehmend seine Desktops«, diagnostiziert Rainer Kaltenbrunner, Senior-Research-Analyst von IDC-österreich. Daneben werde man heuer eine stärkere Einbindung von komplexen Lösungen in die IT-Strategien der Unternehmen sehen. Ein Horn, in das auch mobilkom-Marketingvorstand Hannes Ametsreiter bläst: »Die Geschäftskunden wollen eine einfache Handhabung, wie man es vom PC gewohnt ist.« Das ist wahrscheinlich auch notwendig, denn zumindest im Bereich PDA drückt noch der Kostenschuh. Die Hersteller hängen es nicht an die große Glocke, aber laut einer Gartner-Studie liegt die jährliche TCO eines wirelessfähigen PDA bei knapp 4400 Dollar jährlich. »Das ist wesentlich mehr, als ein Notebook kostet«, so Diethmar Rimser, bekannter Guru und Consulter im Novell-GroupWise-Umfeld.

Negativtrend Handarbeit. Automatisierte Images, sei es für Updates oder Storage, sind kaum oder nur aufwendig realisierbar, die Vielfalt von verschiedenen Tastaturbelegungen und Standards lässt die Wartung oft zur Handarbeit auswachsen und die Helpdesks kommen ins Schwitzen. »Manche Chefs sind daran nicht ganz unschuldig«, meint Rimser. Ein schicker PDA hat beinahe den Symbolcharakter der heiligen Statuskuh Dienstauto. Nach einer IT-Messe rauschen die Bosse schon einmal zu ihrem IT-Leiter und reklamieren für sich je nach Coolnessfaktor das Modell X oder Y. Der Zoo an teuer integrierbaren Devices wächst so beständig. Das Thema Mobility lässt sich aber auch ganz nüchtern angehen. »Jeder Zugriff kostet uns vielleicht ein paar Cent«, ist die Hauptbotschaft von ARBö-Abteilungsleiter Günther Schweizer. Der Autofahrerklub lokalisiert seine Pannenhelfer via GSM und lotst sie über ein zentrales Verwaltungstool so via WAP oder SMS zeitsparend zu weiteren Einsätzen. Schweizer hat auch komplexere Lösungen über Satellitenortung evaluiert, wollte dann aber nicht »mit Kanonen auf Spatzen schießen«. So investierte Schweizer auf der Serverseite ein »bisschen« Gehirnschmalz, der Mobilfunkprovider One steuerte sein Flottenmanagement bei. Für den ARBö-Mann eine Lösung aus dem Bilderbuch: »Kostengünstig und zuverlässig.«

Virtuelle Manager. Die Lust an der Mobilität beschert auch den Anbietern von Infrastrukturmanagementlösungen florierende Marktsegmente. »Mobile Enterprise ist für uns einer der neuen Schlüsselmärkte«, sagt Michael Wengermayer, österreich-Chef von Computer Associates (CA). Auf der Produktseite hat der Softwareriese entsprechend aufgerüstet. Zentrale Device-Verwaltung, Identitäts- und Zugriffsmanagement, Provisionierung, Performancemonitoring oder Storagelösungen sollen auf die Kostenbremse drücken und das Leben der IT-Verantwortlichen vereinfachen. Zu den Early-Adoptern unter den CA-Kunden zählt die oberösterreichische Energie AG (EAG). »Der Einstieg in die Mobilwelt muss so um 1998 erfolgt sein«, erinnert sich EAG-IT-Techniker Gerhard Schiefermüller an die Pioniertage. Heute werden mobile Technologien vom Chef bis zur Sekretärin eingesetzt, was sich auch in der Hardwareausstattung widerspiegelt. Neben gut 1300 klassischen Clients kommen bereits rund 850 Notebooks und 950 PDAs zum Einsatz. Seine Killerapplikation hat Schiefermüller auch schon ausgemacht. »Die Push-Technik, die zum Beispiel von BlackBerry verwendet wird, ist so ziemlich das Beste, was in den letzten Jahren erfunden worden ist«, so der EAG-Mann. Kosteneinsparungen will er nicht beziffern, aber ein Push-Dienst spare massiv Zeit und Aufwand: Es entfallen so langwierige Bootprozeduren, Terminabgleiche oder Nachrichtenübermittlung werden quasi in Echtzeit abgewickelt. Das virtuelle Büro in Reinkultur hat die EAG bei knapp vierzig »Managerarbeitsplätzen« verwirklicht. Der mobile Zugang läuft je nach Hardware und Aufenthaltsort über Analogmodem, DSL, WLAN, GPRS oder sonstigen Mobilzugang oder im Fall von ISDN über eine interne Anbindung, wo die EAG zugleich ihr eigener Provider ist. Das brennende Thema Sicherheit wird zunehmend entschärft. Aktuell findet der Aufbau einer Schlüsselinfrastruktur mit Smartcardzugang statt. Die ersten Pilots laufen bereits, die flächendeckende Einführung wird in einem Jahr realisiert sein.

Eine erstaunliche Kreativität zeigt die EAG in kundennahen Servicebereichen. Ein technisches Gustostück wurde beispielsweise auf der Basis von Unicenter Automation Point realisiert. »Die Notifizierungsmaschinerie läuft nicht über das störungsanfällige Internet, sondern über einen SMS-Gateway«, so Jürgen Kehl von der EAG-Informatik Services. Auf Basis der Automation-Point-Schnittstellen entwickelte das Team von Kehl eine Reihe von Zusatzfeatures: Die Eskalationsstrategie wird von einem eigenen Regelsatz gesteuert, alle Benachrichtigungen werden dynamisch verwaltet und elektronisch protokolliert. Das System entscheidet im Einzelfall intelligent darüber, ob eine Störungsmeldung auch via E-Mail oder Fax abgeschickt wird. Rund um das SMS-Gateway entwickelten die findigen Köpfe der Energie AG noch eine besonders trickreiche Speziallösung: Säumige Kunden, die über einen Inkassozähler versorgt werden, bekommen unmittelbar nach Bezahlung der offenen Rechnungen den Zählerladecode per SMS zur Verfügung gestellt. Alleine mit dieser Lösung erspart sich die EAG jährlich rund 13.000 kostenintensive Telefonate.

Bürgermobilisierung. Die österreicher sind exzessive Handynutzer, die Alpenrepublik im jüngsten EU-Benchmark zu E-Government ist Europaspitze. Einer der Triebfaktoren sind die Gemeinden, die zunehmend auch auf mobile Angebote setzen. Zählerablesungen sind nicht nur für Energieversorger attraktiv: Die Gemeinde Weikersdorf hat letzten Sommer die »mobile Wasserzählerablesung« ans Netz gebracht. Die Erfassung und Abrechnung ist seither neben dem Internet auch mobil möglich. »Unser Amt hat rund um die Uhr 365 Tage im Jahr geöffnet«, so Bürgermeister Manfred Rottensteiner. Als eine von drei E-Government-Mustergemeinden lässt Weikersdorf auch den technischen Muskel spielen. PIN- und E-Banking-Standards sichern die Zugriffe ab. Ebenfalls aus Sicherheitsgründen werden die Daten auf den Endgeräten lediglich angezeigt, jedoch nicht gespeichert. Auch Devices oder Zugang sind für die User wahlfrei. Unterstützt werden WAP, GSM, GPRS oder UMTS, die Darstellung passt sich automatisch an Handy, PDA oder Notebook an. Der Internetzugang selbst wird in Weikersdorf über ein flächendeckendes WLAN abgewickelt.

Virtuelles abstellen. Dass sich mit Mobillösungen auch richtig Geld verdienen lässt, vermeldete die Gemeinde Wien erst vor wenigen Tagen. Nach zwei Jahren M-Parking wurden 2,5 Millionen Parkscheine via Handy verkauft. »Die Kundenbasis wächst monatlich um fünf Prozent. Alleine im Mai wurden 160.000 Parkscheine verkauft«, freut sich mobilkom-Chef Boris Nemsic. Die Parkinglösung scheint sich zur Killerapplikation für die Kunden gemausert zu haben. Dass bei E-Government wie dem M-Parking nicht nur Big Player wie mobilkom oder SBS, sondern auch smarte KMUs profitieren können, zeigt das Weikersdorfer Projekt. Dieses wurde von der Wiener Softwareschmiede Objentis realisiert. »Mobile Solutions nehmen für uns einen zentralen Platz im Bereich Forschung und Entwick-lung ein«, so Objentis-CEO Roland Tscheinig.

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