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Leisten und Leben

Warum, glauben Sie, funktioniert Fußball, obwohl der Coach nicht mitspielt?«, fragt ein aktuelles Wirtschaftsbuch. Termingerecht zur WM können sich Manager von den Strategen des Rasens inspirieren lassen: Teamplay, Jobrotation und Leadership spielen hier ebenso eine Rolle wie in der Wirtschaftswelt, der ständige Konflikt zwischen Innen- und Außendienst kann am Beispiel von Sturm- und Abwehrspielern untersucht werden. Sportler werden gerne herangezogen, wenn es darum geht, Themen wie Teamführung, Strategie und Zielorientierung zu verkaufen. Freilich sind Trappatoni und Co nicht die Einzigen, die zum Thema etwas zu sagen haben: In den Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten der vergangenen Jahre tummeln sich Meeresbiologen, Fischverkäufer aus Seattle, Bergsteiger, US-Elitesoldaten sowie Naturforscher. Die ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher (»So reden Sie sich zum Erfolg«) trifft auf Jürgen Schrempp (»Die Stunde des Strategen«), Laufpapst Dr. Ulrich Strunz (»30 Minuten für Höchstleistungen im Beruf«) auf die Boston Consulting Group (»Das BCG Strategiebuch«), Hans Haas (»Haie im Management«) auf Bodo Schäfer (»Die Gesetze der Gewinner«) und Jürgen Höller (»Alles ist möglich«). Der berühmte Polarforscher Ernest Shackleton soll Teamführung lehren (»Shackletons Führungskunst«), der Bergsteiger und Sportmanager Georg Bachler (»Spitzenleistung«) will Erfolgsprinzipien vom Achttausender in die Büros der Entscheider bringen.Keine Frage: Auch das Segment Wirtschaftsbuch lebt von berühmten Gesichtern und ist bestimmten Moden unterworfen: Schrempps »Welt-AG« ist in der Krise, Strunz’ Trainings- und Motivationsmethoden werden kaum mehr propagiert, und ausgerechnet Bodo Schäfer kam wegen finanzieller Schwierigkeiten in die Schlagzeilen. Es sind jedoch nicht nur die Gesichter, die wechseln - auch die Themen unterliegen konjunkturellen Schwankungen. Gerade der Crash der New Economy sowie die Anschläge von 9/11 hinterließen ihre Spuren auch in der Wirtschaftsliteratur. Waren Schäfers und Höllers Titel Ausdruck eines »anything goes« um die Jahrtausendwende gewesen, folgte in den Jahren 2002/2003 die Ernüchterung. Statt des Versprechens, jedem stünden alle Möglichkeiten offen, wenn er seine Chancen nur zu nützen wisse, hieß es nun »Schluss mit Lustig« (»Warum Leistung und Disziplin mehr bringen als emotionale Intelligenz, Teamgeist und Soft Skills«). »Die Hire & Fire Fibel«, »Die Marke ICH« und »Coach dich selbst, sonst coacht dich keiner« gaben die neue Marschrichtung vor: Eigenverantwortung, Disziplin, Selbstmanagement waren nun die Gebote der Stunde - Rhetorik lernen statt Millionen scheffeln.

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