Kluge Werkzeuge, virtueller Schreibtisch
- Written by Martin Szelgrad
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Wie können wir unseren Arbeitsplatz und unsere Kommunikation effizient und nützlich gestalten? Experten empfehlen einen offenen Ansatz bei den Herausforderungen in der vernetzten Welt von Arbeit und Freizeit.
Eine veränderte Welt des Arbeitens, flexible Arbeitsstätten und
-zeiten: »Smarter Working« ist das Gebot der Stunde, das propagiert zumindest die IT-Branche. Diese neue Welt, in der selbstredend auch entsprechend vernetzte und IT-gestützte Arbeitsmittel benötigt werden, ist aber mehr als nur ein Verkaufsgag. Sie entspricht dem Bedürfnis vieler, zeitlich und örtlich ungebunden die eigene Arbeitsumgebung selbst gestalten und bei Bedarf nutzen zu können. Auch verlangen Unternehmen heute größere Flexibilität von den Mitarbeitern. Biegsamkeit heißt: Der Einzelne kann dank unterstützender Technologien mehr erledigen, kann schnellere und auch öfter eigene Entscheidungen treffen. Da sind natürlich effiziente Office-Lösungen gefragt. Und das verkauft sich gut. So etwa bei dem Headsetspezialisten Plantronics: »Wir ermöglichen heute schon das Büro von morgen«, wirbt Fritz Hermann, Business Manager Eltax-Plantronics. Seine Gerätepalette ist für den professionellen Einsatz im Büro, Heimarbeitsplatz oder unterwegs als auch für den privaten Gebrauch »bestens geeignet«.
Die wenigsten Manager haben heute einen klassischen Stab an Mitarbeitern hinter sich. Sie brauchen schlankere und effiziente Strukturen, um auf die komplexeren Anforderungen reagieren zu können. Ein Flug beispielsweise ist heutzutage schneller selbst gebucht als ans Sekretariat delegiert. »Die moderne Arbeitswelt macht nicht Halt im Büro. Das wird schon bald nicht nur das Sekretariat und den Außendienst betreffen, sondern alle, die in einem größeren Unternehmen arbeiten. Und schlussendlich wird diese Art der Kommunikation auch in der Produktion und in der Industrie Einzug halten«, ist Hermann überzeugt.
Die neuen Tools – Notebook, Tablet, Smartphone, supervernetzte Kommunikationslösungen, der Fernzugang zu Arbeitsoberflächen über die Datenleitung – ermöglichen, dass Mitarbeiter mehr Zeit unterwegs und produktiv verbringen. Das bringt in der Regel hohen Nutzen: Termine bei den Kunden, schnell aufgesetzte Besprechungen und die ständige Erreichbarkeit. Früher war der eigene Schreibtisch in Luxusausführung Statussymbol. Heute zählt die Flexibilität, nicht am Tisch sitzen zu müssen. Die Produktivität wird gesteigert, Innovationen werden gefördert und die Kommunikation wird verbessert. Durch die steigende Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter kann Plantronics zufolge in Firmen die Zahl der Abwesenheit durch Krankenstände um bis zu 60 % sinken.
>> Zum Wohle der Unternehmen <<
Michael Bartz, Professor an der IMC University of Applied Sciences Krems, widmet seine Forschungstätigkeit dem Thema des neuen Arbeitens. »Aus der Sicht der Betriebswirtschaft spricht nicht nur die Senkung der Facility-Kosten durch kleinere Büroflächen dafür. Bei freier Einteilung nimmt die Mitarbeiterfluktuation um bis zu 50 % ab«, rechnet er vor. Gerade beim Kampf um die besten Köpfe am Markt sei eine offene und menschenfreundliche Unternehmenskultur heute entscheidend. Die neuen Generationen wachsen mit Smartphone und Co auf und wollen diese Werkzeuge auch an ihren Arbeitsorten nutzen.
>> Magischer Ansatz <<
Diese Einfachheit für die Nutzer resultiert freilich in einer Riesenaufgabe für die IT-Abteilungen der Unternehmen. Konzepte wie Bring Your Own Device (BYOD) werden Prognosen zufolge die Firmen letztlich überrollen. BYOD bedeutet, sich mit jedem Endgerät – auch dem eigenen, privaten Notebook – ins Firmennetz am Arbeitsplatz einloggen zu können. Werden dieser Schnittstelle auch noch Virtualisierungszutaten beigemischt, gestaltet sich das Arbeitsleben für den Mitarbeiter überhaupt einfach. Auf Knopfdruck wird dann die gewohnte Büroumgebung auf den Bildschirm projiziert. Die Systeme des Arbeitsgebers laufen in einer eigenen Instanz am privaten Gerät, mitsamt Sicherheitsbarrieren, die weiter für eine Abschottung der Interna von der Außenwelt sorgen. Mit der Virtualisierung hat die IT-Wirtschaft einen Stein der Weisen gefunden. Zauberisch zieht nun eine neue Freiheit in die Unternehmenshallen ein: Von einem simplen USB-Stick aus kann auf jedem PC oder Notebook der eigene Rechner hochgefahren werden. Mit dem Smartphone lässt sich das Firmennetz ansteuern und bedienen. Mit dem privaten, meist wesentlich besser ausgestatteten Rechner darf am Arbeitsplatz gewerkt werden.
Bernhard Tritsch beschäftigt sich seit Jahren mit dem Konzept, unterschiedliche Systeme auf den Geräten parallel verwalten zu können. Tritsch ist technischer Direktor des Virtualisierungsanbieters AppSense. Er empfiehlt dennoch, vor einem »Virtualisierungsversprechen«, wie er die neue Offenheit von Unternehmen nennt, die Anforderungen und Risken genau zu prüfen. »Firmen möchten häufig dank dieser Bereitstellungsmethode Kosten sparen und gleichzeitig die Sicherheit erhöhen. Doch vor allem bei der Desktop- und Anwendungsvirtualisierung kann dieses Ziel ins Wanken geraten«, so der Experte. »Die IT-Abteilungen streben nach einer weitgehend standardisierten Umgebung, um die Verwaltung möglichst einfach zu gestalten. Anwender hingegen wünschen sich Freiheit und Flexibilität«, führt er weiter aus. Schnell könne damit die Verwaltung der Unternehmensdesktops und -endgeräte die Komplexität und damit die Betriebskosten in die Höhe katapultieren. »Der Virtualisierer von heute findet sich also in einem nicht zu unterschätzenden Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Zentralisierung auf der einen und Personalisierung sowie Mobilität auf der anderen Seite wieder.«
Die User gehen aus einem solchen Umfeld jedenfalls als die großen Gewinner hervor. Endlich werden gängige Arbeitsbarrieren aufgebrochen und sie können weitaus flexibler agieren, als das in der Vergangenheit der Fall war. Aber mehr noch: Dieser Gewinn an Freiheit muss nicht zwangsläufig Nachteile für die IT bedeuten, die sich beispielsweise in Mehraufwand oder Kontrollverlust niederschlagen können. Stattdessen vereinfacht sich dank Virtualisierung auch die tägliche Arbeit der Administratoren: Verschiedene Endgeräte können leichter ins Unternehmen integriert, Updates und Änderungen an den Betriebssystemen unkompliziert – ebenfalls auf Knopfdruck – bewerkstelligt werden. »Damit wird der Benutzer zum König, aber die IT bleibt der Kaiser«, ist Tritsch überzeugt.