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Der Weltbürger

Tiefes Aufatmen war Ende Mai in der Münchner Siemens-Zentrale angesagt. In einem überraschungscoup holte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme mit Peter Löscher einen Vorstandsvorsitzenden an Bord, auf den nicht die wagemutigsten Hasardeure gewettet hätten. Keiner der vielen klingenden Namen, die in der Gerüchteküche des Top-Managements gehandelt wurden, machte das Rennen, sondern der 49-jährige Pharma-Manager aus Kärnten.Dort, genauer in Villach, ist er zumindest geboren. Inzwischen fand er jedoch bereits in der halben Welt ein Zuhause. Gleich nach dem WU-Abschluss 1985 lockte ihn ein MBA-Stipendium nach Hongkong, worauf er der Heimat gleich für die nächsten 22 Jahre den Rücken kehrte. Zunächst bei der deutschen Kienbaum Consulting Group beschäftigt, wechselte Löscher 1988 zum Pharmakonzern Hoechst. In den folgenden elf Jahren arbeitete er in Deutschland, den USA, Spanien, England und Japan und spricht seither fließend Englisch, Französisch, Spanisch und sogar Japanisch. Als CEO leitete er die Geschicke bei Aventis Pharma, General Electric und zuletzt beim US-Pharmakonzern Merck.
Sein Manko, die schwer gebeutelte Siemens AG nicht von innen zu kennen, ist zugleich sein großer Vorteil. Immerhin wäre da noch die Schmiergeldaffäre aufzuklären - ohne Rücksicht auf Vorgänger und Beteiligte. Daneben sollte Löscher schleunigst die vielfältigen Geschäftsfelder des Elektronikriesen antreiben. Denn die Aktienkurse kletterten nach der Kür Löschers zwar freudig empor, die Geduld der Aktionäre ist aber bekanntlich zeitlich begrenzt. Seine Erfahrung in der Gesundheitsbranche könnte sich in einer Neuorientierung des Konzerns bemerkbar machen. Von diesem Bereich hatte sich auch der scheidende Siemens-Boss Kleinfeld wahre Wunder erhofft. Die hätte das Unternehmen auch bitter nötig.
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