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Babylonisches Sprachgewirr

Günther Gall, Bereichsleiter für Transaktionsservices der Raiffeisen Zentralbank, werkt üblicherweise im Hintergrund. Dennoch steht der Datenjongleur immer wieder im Rampenlicht der öffentlichkeit - etwa zum Thema SEPA (siehe Kasten). Mit dem Report sprach Gall über neue Standards im Zahlungsverkehr, das Produktverständnis der Banken und neue Geschäftsveränderungen.

(+) plus: Herr Gall, der von der EU forcierte Transaktionsstandard SEPA hat einen vereinfachten internationalen Zahlungsverkehr als Vision. Welche Rolle spielen darin die Banken in österreich?
Günther Gall: Auf Landesebene ist die Sachlage klar und oftmals bereits durchgehend geregelt. In österreich etwa hat die Finanzbranche mit »Edifact« bereits einen offenen Standard. Doch in anderen Ländern sind andere Formate und Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dies auf europäischer Ebene, den EU-25, den Erweiterungskandidaten und den EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen und Island zu vereinheitlichen, ist dagegen sehr komplex und wird nicht über Nacht durchführbar sein. So gibt es etwa in Frankreich oder England völlig andere Prozessgewichtungen: Dort wird das Zahlungsformat Scheck noch stark genutzt. Hierzulande spielen wieder Lastschriften eine größere Rolle als bei unserem Nachbarn Deutschland.

Welche Umsetzungen werden dazu überhaupt nötig sein?
Bei diesem babylonischen Sprachgewirr müssen nicht nur eine einheitliche Sprache, sondern auch gleiche Regelwerke, Prozessabläufe und Produkte gefunden werden. Zwar hat die notwendige Vereinheitlichung auf Produktebene mit den zugehörigen Strukturveränderungen Schockreaktionen in der Bankenwelt ausgelöst. Doch ist hier sicherlich Räson angebracht: Heute hat jedes einzelne Land ein eigenes Clearinghouse für Transaktionen, jeder Staat hat andere Gebühren und Transaktionsverfahren. Doch handelt es sich stets um das Gleiche: Zahlungen von A nach B.

Dies klingt ein wenig nach unattraktiver Gleichfärbung der Bankendienste auf internationaler Ebene.
Das technische Ziel bei SEPA ist die Harmonisierung eines sehr konkurrenzintensiven Produkts und einer Infrastruktur, die für die Banken bislang als Differenzierungsmerkmal im Mitbewerb gegolten hat. Diese Vereinheitlichung auf politischer Ebene bietet nun aber völlig neue Chancen im Produkt- und Serviceumfeld. Mit einem gleichen Regelwerk ist dort neue Differenzierung möglich. Gleiche Geschäftsprozesse und Basisprodukte bilden dann einen standardisierten Unterbau für mehr Kreativität im Servicebereich. Irgendwann werden die Banken dann sagen: Unser Kerngeschäft sind die Produkte - und nicht Transaktionen!

Wann werden von den Unternehmen die Auswirkungen zu spüren sein?
2008 sollen bereits erste Basisprodukte auf SEPA-Basis realisiert sein. 2010 soll das neue Regelwerk dann unwiderruflich auch auf nationaler Ebene migriert sein. Bis 2012 werden laut Plan sämtliche Bereiche umgestellt sein. Noch gibt es dazu aber auch einige »moving targets«. Etwa wann das Konzept der »Payment Systems Directive« umsetzbar sein wird. Damit soll die Effizienz der Zahlungsströme in den Ländern gesteigert werden: beispielsweise indem im Bankenverkehr der Buchungstag - der Zeitpunkt einer Kontogutschrift - mit dem Valutatag - der tatsächlichen Verfügbarkeit am Konto - gleichgesetzt wird. Dies stellt die Banken heute vor eine Riesenherausforderung, da noch kein Rechenzentrum die zu diesem Zweck nötige Kapazität erbringen kann.
Die positiven Auswirkungen durch SEPA werden anfangs sicherlich die großen Konzerne spüren, die in den in Europa stark fragmentierten Märkten agieren. Nach und nach werden die positiven Effekte der Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs auch kleinere Unternehmen unterstützen. Auch dem sprichwörtlichen Waldviertler Tischler, der in Tschechien Geschäft macht, erwachsen durch SEPA Vorteile. Dies wurde lange Zeit nicht erkannt.

Wie sieht die Zukunft global operierender Banken aus? Wird es zu weiteren Konsolidierungen kommen müssen?
Das Problem der großen Banken und ihrer wachsenden globalen Rolle ist sicherlich der daraus zwangsweise resultierende Verlust an Bodenhaftung. Gut aufgestellt sind jene Institute, die auch gleichzeitig einen »local reach« für sich beanspruchen können, die in allen Destinationen auch ein regionales Schwergewicht als Partner haben. Ich führe immer wieder die RZB hier als Beispiel an: Wir sind bereits im Osten breit vertreten, also bestens für neue Expansionen aufgestellt. Die RZB Gruppe ist selbst ja einem großen Wandel unterworfen. Hatten wir vor fünf Jahren noch keinen einzigen Privatkunden, sind es heute bereits zwölf Millionen.

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