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Kurzbericht: Podiumsgespräch „Wirtschaftsfaktor Erdgas - Zukunft des Marktes“

Markus Lehner, Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, Montanuniversität Leoben; Christof Zernatto, Sprecher Forum Versorgungssicherheit; Johannes Reindl, Geschäftsführer Netz NÖ; Tobias Wiener, Manager Energy & Resources, Deloitte Österreich, und Martin Szelgrad, Report. Markus Lehner, Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, Montanuniversität Leoben; Christof Zernatto, Sprecher Forum Versorgungssicherheit; Johannes Reindl, Geschäftsführer Netz NÖ; Tobias Wiener, Manager Energy & Resources, Deloitte Österreich, und Martin Szelgrad, Report. Foto: Milena Krobath/Report Verlag

Hinsichtlich Versorgungs- und Infrastrukturqualität bei Erdgas zählt Österreich zu den Top-Wirtschaftsstandorten. Doch sind Markt und Preise stark von geopolitischen Entwicklungen abhängig. Welche Perspektiven hat Europa, um seinen Erdgasbedarf differenzierter zu befriedigen? Welche neuen Services entwickelt die Branche? Welchen Stellenwert hat Gas in der Zeit der Energiewende und in der Zeit danach? Am 28. Oktober 2015 veranstaltete der Report Verlag ein Podiumsgespräch zur Zukunft des Energieträgers Gas in der Galerie „der Kunstraum“ in den Wiener Ringstraßengalerien. Partner der Veranstaltung war das Forum Versorgungssicherheit. (Fotos, Video)

15 Prozent des benötigten Erdgases in Österreich werden aus heimischer Förderung bereitgestellt, der Rest wird aus Russland und Norwegen bezogen. „Der Verbrauch ist seit 1970 um das Dreieinhalbfache angestiegen. Keine andere Energieform hatte einen so deutlichen Anstieg zu verzeichnen“, erklärt Tobias Wiener, Manager Energy & Resources, Deloitte Österreich. Dennoch stelle sich für die Branche die Frage, wie sich die Versorger und Netzleitungsbetreiber in dem liberalisierten Markt - seit 2002 können Kunden ihren Gasanbieter frei wählen - in Zukunft wirtschaftlich gut aufstellen können. Denn die Energieversorger sind in zweierlei Hinsicht mit Marktveränderungen konfrontiert: Einerseits wirkt sich das Wachstum der Erneuerbaren stark auf die Energiepreise und damit auch Gaspreise aus. Zum anderen drängen neue Unternehmen wie etwa Tesla in den Energiemarkt.

Auch Johannes Reindl, Geschäftsführer Netz NÖ, sieht „genügend Herausforderungen für die Netzbetreiber“. Mit knapp 300.000 Gaskunden und einem Gasnetz von rund 14.000 Kilometern Länge hat Erdgas in Niederösterreich eine lange Tradition. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist der Verbrauch bei den Haushalten allerdings stark gesunken – von 2000 m³ pro Haushalt und Jahr noch vor 15 bis 20 Jahren auf heute etwas mehr als 1000 m³. Grund dafür sind wirksame Energiesparmaßnahmen sowie der Trend zu Niedrigenergiehäusern. „Wir bekommen als Betreiber von Strom- und Gasnetzen beide Seiten der Energiewende zu spüren. Die Strom- und Gasmärkte sind so stark miteinander verflochten, dass Bewegungen in einem Bereich sofort Auswirkungen auf den anderen haben“, stellt Reindl klar. Er sieht die Gasversorgung in Österreich generell gesichert. „Erdgas ist kein Konkurrent zu den Erneuerbaren, sondern ein Partner. Es ist flexibel einsetzbar und ist im Gegensatz zu Wind oder Sonne dann abrufbar, wenn es gebraucht wird.“

Nachdem lange Zeit vornehmlich die Stromversorgung im Mittelpunkt der Diskussionen um die Energiewende gestanden ist, hatte der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2009 viele wachgerüttelt. „Die Netzbetreiber haben auf solche möglichen Krisensituationen nun reagiert - ohne darüber viel zu reden. Heute gibt es gewisse Umfahrungsmöglichkeiten bei einem möglichen weiteren Engpass in der Ukraine“, sagt Christof Zernatto, Sprecher Forum Versorgungssicherheit. „Die Netze sind heute so aufgestellt, dass es in beide Richtungen Durchflüsse und Lieferungen geben kann. Das hat Abhängigkeiten reduziert.“ Für Zernatto ist „unter normalen politischen Rahmenbedingungen die Versorgung Österreichs mit Gas sichergestellt. Die Speicherkapazität entspricht grosso modo dem österreichischen Jahresverbrauch.“ Er sieht, dass wir „trotz aller Euphorie für alternative Energieträger in absehbarer Zukunft nicht auf den Energieträger Gas verzichten können - alleine schon aufgrund seiner Rolle als Brückentechnologie.“
 
Eine größere Rolle könnte der Energieträger Gas künftig bei Prozessen mit überschüssigem Strom aus Photovoltaik oder Windkraft spielen – sei es zur Speicherung von Energie oder für die direkte industrielle Nutzung. Unter Verwendung von Strom aus Erneuerbaren kann mit Elektrolyse Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt werden. „Diesen Wasserstoff lässt man dann mit CO2 zu Methan reagieren und erzeugt synthetisches Erdgas, das auch in das herkömmliche Erdgasnetz zu einem gewissen Teil einspeisbar ist“, erklärt Markus Lehner, Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, Montanuniversität Leoben. Eines der Projekt heute, in denen Power-to-Gas-Verfahren untersucht und auf Praxistauglichkeit getestet werden, ist ein Projekt der RAG, „Underground Sun Storage“ in Pilsbach in Oberösterreich. „Bei Power-to-Gas gibt es eine ganze Reihe Herausforderungen in verschiedenen Sektoren - technologische, ökonomische und auch rechtliche Herausforderungen“, so Lehner. „Doch wenn wir bis zum Jahr 2030 oder 2040 80 Prozent Erneuerbare in der Energieerzeugung haben wollen, kommen wir um das Thema Energiespeicher nicht herum. Power-to-Gas-Verfahren stecken einen der Lösungswege ab.“

Auf einen weiteren Anwendungsfall von Erdgas - im Verkehr, und ob dieser Markt Zukunft hat - geht auch der folgende Videoschnitt zum Gespräch ein: www.youtube.com/watch?v=q83_pBSWdlE 

Fotos (Milena Krobath/Report Verlag): https://www.flickr.com/photos/award2008/albums/72157660417683726

Last modified onMontag, 09 November 2015 14:58
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