"Wir wollen die Nummer eins am FM-Markt werden."
- Written by Redaktion
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Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Energiecomfort-Geschäftsführerin Martina Jochmann über die Neustrukturierung des Unternehmens, Trends und Wachstumspotenziale im Facility Management und ehrgeizige Ziele.
Report: Die Energiecomfort hat das Geschäft der Wärmeerzeugungs- und Energieproduktionsanlagen an die Wien Energie abgegeben, um sich künftig ganz auf das Thema Facility Management zu konzentrieren. Was sind die Gründe für diese Neuorientierung?
Martina Jochmann: Wir haben diesen Schritt gesetzt, weil wir uns auf unsere Stärken konzentrieren wollten. Die Wien Energie ist ein Energieversorger und deshalb ist es auch naheliegend, dass das Thema Energie dort gebündelt ist. Wir wiederum haben in den letzten Jahren im Bereich FM viel Know-how aufgebaut und Geschäftsmodelle entwickelt, mit denen wir am Markt reüssieren können.
Report: Welche Kunden wollen Sie künftig hauptsächlich ansprechen?
Jochmann: Wir sind ein Unternehmen, das sich auf dem Markt bewegt. Wir sind keine inhouse-Gesellschaft, wie manchmal vermutet wird. Den bei weitem größten Teil unseres Umsatzes, nämlich mehr als 90 Prozent, machen wir am Markt. Das soll auch so bleiben, gleichzeitig haben wir aber schon auch das Ziel, das Facility-Management-Unternehmen der Stadt zu sein. Aber natürlich gelten für uns dieselben Ausschreibungsregeln wie für alle anderen. Das ist im Sinne der Compliance-Regelungen auch sehr wichtig. Umso mehr freut es uns dann, wenn wir eine europaweite Ausschreibung wie die des Krankenanstaltenverbunds für das Facility Management von sechs Pflegewohnheimen für uns entscheiden können.
Report: Bei FM denkt man vor allem an Einsparungen. In welchen Gebäudebereichen sehen Sie die größten Einsparungsmöglichkeiten?
Jochmann: Natürlich denkt man bei Einsparungen zuallererst an das Thema Energie. Ich denke aber, dass das nicht wirklich das ganz große Thema ist. Denn vor allem neue Immobilien haben schon sehr strenge Auflagen in Sachen Energieeffizienz. Das Wichtigste ist das Betreiben der Immobilie als Ganzes. Dazu zählen die Optimierung von Prozessabläufen ebenso wie die Optimierung von Wartung- und Instandhaltungsplänen.
Werden Anlagen gut und solide betrieben, steigt die Lebensdauer. Da geht es dann um richtig viel Geld, aber dieses Bewusstsein ist noch nicht sehr ausgeprägt.
Report: Liegt es dann auch an Ihnen, dieses Bewusstsein zu schaffen?
Jochmann: Ja, das ist richtig. Es ist unsere Aufgabe, dem Kunden, Bauherrn oder Eigentümer zu kommunizieren, dass, wenn er in uns investiert, er länger etwas von seiner Immobilie hat. Wenn die technischen Anlagen einer Immobilie effizient und langlebig sind, steigt die Rendite.
Report: In der Baubranche ist aktuell viel von partnerschaftlichem Bauen und Planen die Rede. Inwieweit zeigt sich dieses Bekenntnis auch in der Realität? Anders gefragt: Ist das Facility Management heute Teil des Planungsprozesses oder ist es nach wie vor so, dass eine Immobilie hingestellt wird und Sie sollen sie dann bestmöglich betreiben?
Jochmann: Das ist leider nach wie vor so. Es gibt sicher da oder dort entsprechende Ansätze, aber es ist immer noch so, dass die Gebäude errichtet werden und wir dann aus dem bestehenden Gebäude das Beste machen sollen. Das Problem ist, dass in den meisten Fällen Bau und Betrieb nicht in einer Hand sind.
Ein Positivbeispiel ist sicher der Orbi-Tower, der vor unserer Haustür errichtet wird und wo wir jetzt schon wissen, dass wir das FM machen werden. Durch diese frühzeitige Vergabe können wir uns jetzt schon einbringen. Ein weiteres Beispiel ist ein PPP-Projekt, an dem wir mit einer Bietergemeinschaft dran sind. Da schreibt die öffentliche Stelle Bau und Betrieb aus und möchte dafür natürlich ein Gesamtkonzept haben. Da sitzen dann wirklich alle gemeinsam an einem Tisch und wir können unsere Ideen frühzeitig einbringen. Das ist großartig.
Report: FM ist längst mehr als Reinigung. Immer mehr Firmen haben Dienstleistungen wie Sicherheit, Concierge-Dienste oder Betriebsverpflegung im Angebot. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Welche Nischen will die Energiecomfort besetzen?
Jochmann: Zwei Gedanken dazu: Ich glaube, dass es im klassischen FM, wie wir es im Moment leben, noch genügend Potenzial gibt, um Wachstum zu generieren. Aber natürlich überlegen wir laufend, auch andere und neue Dinge zu machen. Aber da stehen wir noch relativ am Anfang. Das ist noch nicht spruchreif, da werden wir den Markt überraschen.
Report: Die Margen im Facility Management sind stark unter Druck. Wie entwickelt sich die Preissituation?
Jochmann: Die Preissituation ist nach wie vor angespannt. Wenn es aber gelingt, mit guter Leistung Vertrauen aufzubauen, dann sind Kunden auch bereit, vernünftige Preise zu zahlen.
Report: Haben Sie den Eindruck, dass Kunden verstärkt Plausibilitätsprüfungen durchführen? Oder freut man sich nach wie vor über den niedrigen Preis?
Jochmann: Die Freude über den Preis steht bei vielen leider immer noch im Vordergrund. Es werden nach wie vor Aufträge zu Preisen vergeben, über die man nur den Kopf schütteln kann. Dann darf sich der Kunde aber auch nicht wundern, wenn er nicht die gewünschte Leistung erhält.
Das sieht man auch daran, wenn Aufträge sehr schnell neu ausgeschrieben werden. Das macht man nicht, wenn man zufrieden ist. Da gibt es sicher viele gebrannte Kinder. Das ist aber auch unsere Chance. Denn diese Kunden schauen in Zukunft vielleicht nicht mehr nur auf den Preis. Dass hier langsam ein Umdenken stattfindet, sehen wir auch daran, dass von uns ein immer umfangreicheres Reporting verlangt wird.
Report: In welchen Bereichen sehen Sie allgemein das größte Wachstums-
potenzial?
Jochmann: Gebäude werden immer komplexer, deshalb sehe ich im Bereich der Technik das größte Potenzial. Deshalb werden wir unseren Fokus auch weiter auf die Betreuung der technischen Anlagen legen. Potenzial sehe ich auch überall dort, wo es um Komfort geht. Das beginnt
schon bei der Reinigung. Denn ein Gebäude reinigen ist mehr, als einen Fetzen in die Hand zu nehmen. Das muss der Kunde spüren. Dann gibt es auch noch den Bereich Spezialreinigung. Darunter fallen Dienstleistungen, die nicht jeder kann, etwa die Glasfassadenreinigung. Kürzlich haben wir auch eine Garage, die als Unterkunft für Flüchtlinge dienen soll, wohnbar gemacht. Das alles sind Herausforderungen, mit denen wir uns beschäftigen und für die wir Lösungen erarbeiten.
Report: Sie haben kürzlich die Marke Facilitycomfort eingeführt. Was ist der Hintergrund des neuen Namens?
Jochmann: Wir haben uns zu einem sehr sanften Relaunch entschlossen. Das Design bleibt gleich, aber aus Energiecomfort wird Facilitycomfort. Damit wollen wir auch mit der Namensgebung schon zeigen, wo unser Fokus liegt.
Report: Bis wann soll der Name Energiecomfort endgültig verschwinden?
Jochmann: Das wird im Laufe des nächsten Jahres passieren.
Report: Wie ist 2015 gelaufen und mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Jahr 2016?
Jochmann: 2015 war natürlich durch die Veränderungen mit der Ausgliederung und Neupositionierung geprägt. Das galt es vorzubereiten und umzusetzen. 2016 wollen wir diese Veränderungen bestmöglich verdaut haben und uns voll auf unsere Dienstleistungsangebote im Facility Management konzentrieren.
Report: Wie sieht es auf der wirtschaftlichen Seite aus?
Jochmann: 2015 ist stabil gelaufen. Aber natürlich ist das Ergebnis schwer mit den Vorjahren zu vergleichen, weil ja das Energiegeschäft weggefallen ist. 2016 erwarten wir weiter ein Jahr der Stabilität. Bis 2018 wollen wir, zumindest in Wien, die Nummer eins am FM-Markt sein.