Nachhaltigkeit im Tourismus
- Written by Redaktion
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Der Fremdenverkehr zählt in Österreich zu den wichtigsten Säulen der Wirtschaft. 15 Prozent des BIP kommen aus dem Geschäft mit den Touristen. Der Wettbewerb ist enorm. Mit Lilien und Sternen wird um die Gunst der Kunden gebuhlt. Jetzt könnte mit einem neuen Nachhaltigkeitszertifikat für Tourismusbetriebe bald eine weitere wichtige Kategorie hinzukommen. Denn nachhaltiges Bauen und Bewirtschaften von Fremdenverkehrseinrichtungen wird verstärkt zum Thema. Ausgangspunkt für diese Entwicklung sind vor allem Businesskunden aus den USA. »Viele amerikanische Unternehmen schulden es nicht zuletzt ihrer Corporate Social Responsibility, dass sie ihre Mitarbeiter ausschließlich in zertifizierten Hotels unterbringen«, erklärt Martina Maly, Managing Director bei Michaeler & Partner. Daher werde die Zertifizierung von Hotels auch hierzulande in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Deshalb arbeitet der Tourismusdienstleister gemeinsam mit der ÖGNI derzeit auf Basis des DGNB-Zertifizierungssystems an Kriterien, die den speziellen Anforderungen der Branche entsprechen. Dabei werden neben der Ökologie und der Ökonomie auch soziokulturelle Aspekte bewertet. Der Komfortgedanke wird ebenso berücksichtigt wie die Standortqualität. Eine wichtige Rolle spielen auch Betriebs- und Unterhaltskosten, die vor allem in der Vor- und Entwurfsplanung eines Objekts festgelegt werden.
Die auf Nachhaltigkeit getrimmten Hotels sollen aber nicht nur Geschäftsreisende aus Übersee anlocken und durch eine effiziente Planung Energie sparen, sondern auch direkt Geld in die Taschen der Betreiber spülen. Eine von der Modul University im Auftrag von Michaeler & Partner und ÖGNI durchgeführte Gästebefragung in dem Wiener Stadthotel Palace hat gezeigt, dass 59 Prozent der Hotelgäste bereit sind, für ein umweltfreundliches Hotel mehr zu bezahlen. Zwar stehen Preis, Standort und Sauberkeit immer noch unangefochten an der Spitze der Buchungsüberlegungen, direkt dahinter folgen aber schon Umweltaspekte. Hotels, die auf erneuerbare Energie, optimierte Luftqualität und Recycling im Hotelzimmer setzen, können der Gästebefragung zufolge mit diesen Maßnahmen garantiert Kunden gewinnen. Dass es sich dabei um mehr als graue Theorie handelt, beweist etwa das Boutiquehotel Stadthalle, das sich als Nullenergie-Hotel erfolgreich am Markt positioniert hat.
>> Im Gespräch mit: Martina Maly, Managing Director Michaeler & Partner
Report: Die Nachhaltigkeit spielt im österreichischen Tourismus derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Welche konkreten Auswirkungen wird das Nachhaltigkeitsbekenntnis auf die Hotelentwicklung von Michaeler & Partner haben?
Martina Maly: Nachhaltigkeit ist ein ganzheitlicher Ansatz und wirkt sich auf die gesamte Konzeption eines Hotels aus. Das betrifft die Standort- und Grundstückswahl, den Einsatz erneuerbarer Energiequellen bis hin zur regionalen Wertschöpfung in Errichtung und Betrieb. Ich bin überzeugt, dass der Nachhaltigkeitsgedanke in Zukunft auch bei Ausschreibungen einen wichtigen Stellenwert haben wird. Man sieht schon jetzt, dass die Banken für die Finanzierung gewisse Standards verlangen. Da fällt es zertifizierten Unternehmen oder vorzertifizierten Projekten natürlich auch leichter, an Geld zu kommen.
Report: Wie sehen die nächsten Schritte in der Kooperation zwischen ÖGNI und Michaeler & Partner aus?
Maly: Derzeit werden in einer Expertenrunde unter der Leitung von Michaeler & Partner die DGNB-Kriterien an den österreichischen Hotelmarkt angepasst. Anfang Mai soll dann das erste Hotel in Österreich zertifiziert werden.