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Der Königsweg zum neuen Haus

Österreich ist ein Massivbauland. Ziegel und Beton zählen nach wie vor zu den beliebtesten Baustoffen in Österreich. Aber auch Holz möchte einen Teil vom massiven Kuchen. Im Wettstreit der Bauweisen und Werkstoffe investieren Unternehmen und Verbände viel Geld in die Forschung.

Es geht schon teilweise in Richtung eines Glaubenskrieges. Leichtbau gegen Massivbau ist in bester Qualtinger-Manier das Kapfenberg gegen Simmering der Bauwirtschaft. Zwar werden die meisten Vertreter beider Parteien nicht müde, ihre prinzipielle Werkstoffneutralität zu betonen, es wird aber auch keine Möglichkeit ausgelassen, der anderen Seite kräftig eine mitzugeben. Schwer, unökologisch, unflexibel und hässlich – so sei laut Leichtbauern die massive Fraktion. Diese kontert mit Vorwürfen mangelnden Schall- und Brandschutzes sowie einer geringeren Wertbeständigkeit. Argumente gibt es in beide Richtungen genug, ebenso wie Studien. Die jüngste kommt von der Versuchsanstalt für Holz- und Trockenbau und liefert die nicht wirklich überraschende Erkenntnis, dass »sowohl die Bedeutung des Trockenbaus als auch die des Holzbaus in den kommenden Jahren signifikant zunehmen wird«.  Ganz ähnliche Studien, lediglich mit einem anderen Ergebnis, werden übrigens in schöner Regelmäßigkeit auch von der Massivbau-Lobby veröffentlicht.
Papier ist bekanntlich geduldig, deshalb wiegen auch reale Ereignisse deutlich mehr als jede noch so eindeutige Studie. Als Anfang März ein Zigarettenstummel in einem Plastikkübel am Balkon einen Großbrand in einem Salzburger 15-Parteien-Wohnhaus auslöste, waren selbst Brandsachverständige überrascht. »Ein Balkonbrand ist für die Feuerwehr normalerweise eine Sache von fünf Minuten. Dass daraus schlagartig ein Großbrand entstehen konnte, hat mit der Leichtbauweise zu tun. Die Feuerwehr war machtlos«, wurde der zuständige Brandsachverständige Walter Kittl in den Salzburger Nachrichten zitiert. Und auch der Leiter der Bau- und Feuerpolizei im Magistrat, Johannes Glaeser, ging mit dem Werkstoff Holz hart ins Gericht. »Holz hat viele Vorteile, aber vom Brandschutz her gesehen schneidet der Baustoff schlechter ab als alles andere. Es gab Gesetzesnovellen, die solche Holzbauten massiv erleichterten. Sonst wären gewisse Bauten gar nicht möglich.« Gegen diese »pauschale Verunglimpfung des Holzriegelbaus« setzte sich Richard Rothböck, Bundesinnungsmeister für Holzbau, zur Wehr: »Der Dachstuhl ist bei einem Betonbau auch aus Holz. Wenn der zu brennen anfängt, brennt er auch.«
Für die Massivbau-Lobby war das Thema dennoch ein gefundenes Fressen. Genau eine Woche nach dem Brand veranstaltete der Verband Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke eine Pressekonferenz unter dem Titel »Wie brandsicher sind Österreichs Wohnbauten wirklich?« Das Ergebnis: Die größten Gefahren drohen bei einer falschen Bauausführung, ganz unabhängig vom Werkstoff. »Mängel bei Planung und Bauausführung sind die häufigsten Fehler im Brandschutz, wenn entsprechende Fachkenntnisse fehlen«, erklärte VÖB-Präsident Bernd Wolschner. Allerdings gebe es Baustoffe, die Fehler verzeihen und als Brandstopper dienen, wie etwa Beton, während andere Materialien selbst zur Brandlast werden und zur Brandausbreitung beitragen. Generell sieht Wolschner in der Kombination verschiedener Werkstoffe durchaus Potenzial. Der mehrgeschoßige Leichtbau sei allerdings eine Fehlentwicklung, die nicht weiter forciert werden sollte.

Holz massiv
In den letzten Jahren hat auch die Holzindustrie den Massivbau für sich entdeckt. Rigips Austria und Binderholz Bausysteme arbeiten seit 2008 intensiv an der Entwicklung von Systemkomponenten im Massivholzbau. Aus dieser Kooperation sind bereits 50 standardisierte, zertifizierte Aufbauten für Dach, Wand und Decke hervorgegangen. Außerdem wurden auch schon die ersten Bauvorhaben umgesetzt, darunter eine neu errichtete Wohnbauanlage im Erdbebengebiet L’Aquila. Für Binderholz-Geschäftsführer Helmut Spiehs sind es vor allem drei Argumente, die Massivholzelemente aus Brettsperrholz BBS auszeichnen: »Erstens sind die massiven Elemente praktisch in der Planung. Sie können wie herkömmliche Massivbaustoffe betrachtet werden. Zweitens erfüllen massive Holzbauelemente den ökologischen Anspruch, die Forderung nach Green Buildings. Und drittens sind sie aufgrund der kurzen Bauzeit auch für Investoren interessanter.« Auch in Sachen Brand- und Schallschutz soll sich einiges getan haben. Laut Jens Koch, Bereichsleiter Holzbau bei Rigips Austria, kann die Feuerbeständigkeit in Verbindung mit Feuerschutzplatten von 60 Minuten auf 90 Minuten erhöht werden, die Lautstärke durch einen mehrschaligen Aufbau halbiert werden.

Forschen für Ziegel und Beton
Auch wenn im Massivholzbau einiges an Bemühen erkennbar ist, an den beliebtesten massiven Baustoffen, Ziegel und Beton, wird auch in Zukunft kein Weg vorbei führen. Vor allem auch deshalb, weil jede Menge Geld in die Forschung fließt. Zwar hat die Krise der Zement-, Beton- und Ziegelindustrie einen gehörigen Dämpfer versetzt, mittel- und langfristig könnte die Branche aber sogar profitieren. »Die Rezession ist keine Katastrophe, sondern hilft uns vielmehr, vernünftig zu denken«, sagt VÖB-Präsident Wolschner. Das soll auch für die Forschung kein Nachteil sein, weil auf Unternehmensebene die Gelder in Projekte fließen, die eine realistische Chance auf Markteinführung haben. Auf Verbandsseite wird weiter in Grundlagenforschung investiert. So sucht etwa die Zementindustrie nach neuen Zusammensetzungen des Zements, die bei der Herstellung weniger CO2-Anfall verursachen. Weiters wird an Pilotanlagen gebastelt, die mithilfe von Katalysatoren weniger Stickstoff produzieren. Beim Beton dreht sich alles um das Thema Energie. Thermische Bauteilaktivierung heißt das Zauberwort. Dabei werden Rohrleitungen in großflächige Betonbauteile gelegt, durch die je nach Bedarf warmes oder kühles Wasser geleitet wird, das die Wärme oder Kälte an den Beton abgibt und so den Raum temperiert. Die thermische Bauteilaktivierung kombiniert mit mechanischer Lüftung soll in fünf Jahren Stand der Technik sein und einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung des Anspruchs »Plus Energie« in Neubau und Sanierung sein. Ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckt der ultrahochfeste Beton UHCP, ein Hightech-Produkt für Nischenanwendungen wie den Brückenbau.
Auch in der Ziegelindustrie tut sich einiges. »Im Dachbereich gibt es aktuell jede Menge Neuigkeiten«, berichtet Norbert Prommer, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Ziegelwerke. Etwa Verschiebeziegel für eine effiziente Dachsanierung, neue Farben für Dachziegel sowie neue Systemkomponenten für Dächer wie Fenster, Kollektoren oder Blitzschutzanlagen. Im Hinterwandbereich entwickeln sich die einschaligen Außenwandsegmente mit guter Wärmedämmung mengenmäßig laut Prommer sehr positiv. Dazu wird an Haussystemen wie dem »Sonnenhaus« gearbeitet, die sowohl bezüglich Primärenergiebedarf als auch CO2-Emission im Ranking energieeffizienter Bau- und Heizkonzepte ganz oben stehen. Ebenfalls im Fokus der F&E-Abteilungen sind die weitere Optimierung monolithischer Ziegelprodukte sowie neue Klebetechnologien.
Für großes Aufsehen hat auch die Forschungsinitiative »Nachhaltigkeit massiv« gesorgt. Damit hat der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie Österreichs das Fundament für die Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen im Bereich des Massivbaus gelegt. Ziel ist, die Unternehmen der Stein- und keramischen Industrie sowie deren Produkte und Dienstleistungen für das nachhaltige Bauen zu positionieren. Mit dieser Forschungsinitiative konnten die wesentlichen österreichischen Akteure an einen Tisch gebracht werden, um ein gemeinsames Verständnis zur Nachhaltigkeit von Gebäuden zu entwickeln.

 

Gastkommentar Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie VÖZ.

Massivbau - Chance und Herausforderung

Die Erwartungen und Anforderungen an moderne Gebäude sind seit Jahren in einem beachtlichen Steigflug begriffen. Zu dieser an sich positiven Entwicklung tragen die Politik, die reale Umweltsituation und maßgeblich natürlich die Bewohner ihren Teil bei. Und wie man sieht, kann der technische Fortschritt mit dieser Dynamik weitgehend mithalten.
Das Tempo der technischen Entwicklungen wird für Errichter und Benutzer von Gebäuden zunehmend zur Herausforderung. Die Vielfalt der Baustoffe und die Vielzahl der Bauteilschichten nehmen ebenso rasant zu wie die Anzahl der individuellen Lösungen. Eine Besinnung auf einfachere Konzepte wäre wünschenswert und durchaus im Sinne der Errichtung, der Erhaltung und auch des Betriebs von Gebäuden. Der Massivbau bringt gute Voraussetzungen für hochwertige Gebäude mit und hat in den wichtigsten Punkten die Nase vorne. Wofür wir als Industrievertreter sorgen müssen, ist, dass dieser Vorsprung nicht durch zu sorglose oder mangelhafte Herstellung verspielt oder gar ins Gegenteil umgedreht wird. Wenn es um hohe Qualität geht, ist der Massivbau immer eine Option.
Ein zunehmend heißes Thema sind die steigenden Temperaturen und die Zunahme der Hitzetage. Gut gedämmte und beschattete Massivbauten gleichen diese Wetterkapriolen dank ihrer Speicherfähigkeit automatisch aus. Reicht das natürliche Potenzial für den Temperaturausgleich nicht mehr, können massive Bauteile als großflächige Thermoelemente benutzt werden. Eingebaute Rohre zur Durchleitung von Kühl- oder Heizflüssigkeit ermöglichen diesen Nutzen. Das spart Energie und sorgt für ein angenehmes Raumklima.  
Nicht verschweigen wollen wir aber die Herausforderung zur Schonung der Umwelt. Unser Produkt Zement braucht zu seiner Herstellung viel Energie und Rohstoffe. Obwohl wir schon heute weit mehr als 50 Prozent der Energie aus alternativen Brennstoffen gewinnen und fast 30 Prozent des Klinkers durch Ersatzstoffe decken, sind Umweltbelange die Herausforderung für die Zementindustrie schlechthin. In der österreichischen Zementindustrie sind konkrete Projekte zur Emissionsminderung in Umsetzung. Die Steigerung der Energieeffizienz ist eine Frage des Rechenstifts und eine Selbstverständlichkeit.
Nachhaltigkeit ist für uns mehr als ein Schlagwort. Wir werden auch in Zukunft ein Produkt liefern, welches alle Voraussetzungen für nachhaltige Bauwerke mitbringt: Sicherheit, Leistbarkeit, Langlebigkeit und Umweltschonung.

Last modified onDienstag, 22 Juni 2010 14:30
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