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Bau braucht Anreize

2010 wird sicher ein schwieriges Jahr, aber die Folgejahre werden noch problematischer, wenn die Konjunkturpakete auslaufen und die Budgetsanierungsphase beginnt, sagt Innungsmeister Frömmel.Die Baubranche steuert einer schwierigen Zeit entgegen, ist Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel überzeugt. Im Interview spricht er über die dramatischen Einbrüche im Wohnungsneubau, kritisiert, dass die Bauwirtschaft für Sünden geprügelt wird, die andere begangen haben, und präsentiert eine lange Wunschliste an die Politik.

(+) plus: 2009 war kein Jahr wie jedes andere. Die Krise hatte fast alle Branchen fest im Griff. Wie stark war die Bauwirtschaft von der Krise betroffen?
Hans-Werner Frömmel: Die Bauwirtschaft hat, verglichen mit anderen Branchen, das Jahr 2009 noch mit einem blauen Auge überstanden. Das hängt aber auch damit zusammen, dass aus dem Hochkonjunkturjahr 2008 noch Auftragsüberhänge abgearbeitet werden konnten und die Konjunkturpakete Auftragseinbrüche abfedern konnten.
Die Bauproduktion ist im Vergleich zu 2008 um 5,2 % zurückgegangen, die Beschäftigung hat sich um 4,3 % verringert, bei einem Anstieg der Arbeitslosen um 23 %. Dramatische Einbrüche waren allerdings im privaten Projektgeschäft und im Bereich des Wohnungsneubaues zu verzeichnen.

(+) plus: Die Meinungen der Experten über die Treffsicherheit der Konjunkturpakete gehen weit auseinander. Wie haben sich die Feuerwehrmaßnahmen der Regierung Ihrer Meinung nach ausgewirkt?
Frömmel: Es ist zu begrüßen, dass die Konjunkturpakete noch 2008 verabschiedet wurden. Dabei hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Bauwirtschaft der Stabilisierungsfaktor in der Finanz- und Wirtschaftskrise war. Die Konjunkturpakete entfalteten eine Hebelwirkung vom bis zum Zehnfachen der eingesetzten Mittel. Der Staat profitierte durch erhöhte Steuereinnahmen sowie Ersparnisse bei den Arbeitslosengeldern.
Die verstärkten Investitionen der BIG sind sehr positiv, wenngleich es heuer nicht gelungen ist, das angepeilte Umsatzziel von 685 Millionen Euro zu erreichen. Es ist jetzt besonders wichtig, 2010 den Rückstand von rund 185 Millionen Euro rasch aufzuholen. Insbesondere Sanierungsmaßnahmen im Unterrichts-, Wissenschafts- und Justizressort müssen beschleunigt werden.
Welche Potenziale in gut organisierten Fördermodellen stecken, hat die Aktion Sanierungsscheck gezeigt. Die Nutzung des professionellen Apparates der Bausparkassen war äußerst vorteilhaft und könnte auch für andere Aktionen wie z.B. für die Förderung von Sanierungen zum altersgerechten Wohnen genützt werden.

(+) plus: Wird die Verlängerung des Sanierungsschecks dem Baugewerbe helfen?
Frömmel: Der Sanierungsscheck war eine wichtige und gute Aktion, die allerdings dem Bauhilfs-, Neben- und Ausbaugewerbe stärker zugutegekommen ist als dem Bauhauptgewerbe. Der große Erfolg ist auch darauf zurückzuführen, dass die Länder die Förderungen bis zum Vierfachen der Bundesförderung aufgestockt haben. Da diese Ländermittel großteils aus der Wohnbauförderung kommen, fehlten diese Mittel im Neubau, was nicht zuletzt auch einen dramatischen Einbrauch der Neubewilligungen auf 35.800 im Jahr 2009 nach sich gezogen hat.
Der jährliche Bedarf liegt laut aktuellen Studien nach wie vor bei 50.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr. Eine Verlängerung der Aktion Thermische Sanierung ist daher zu begrüßen, jedoch sollte dies nicht zu Lasten des Neubaus gehen.

(+) plus: Welche fiskalischen oder arbeitsmarktrelevanten Maßnahmen schlagen Sie darüber hinaus vor, um speziell dem Baugewerbe auf die Sprünge zu helfen?
Frömmel: Eine unbedingte Notwendigkeit sind fiskalische Anreize zur Mobilisierung von Privatkapital für Bauinvestitionen. Neben der Förderung der Thermischen Sanierung schlagen wir Folgendes vor:
Erleichterte Abwicklung der 1/15-Abschreibung für Stadterneuerungsmodelle, Handwerkerbonus, reduzierte Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Baudienstleistungen, 1/67-Abschreibung für private Hausbauer, Winterbau-Unterstützungsoffensive nach steirischem Vorbild, steuerliche Begünstigung von Adaptierungen von Wohnraum zum altersgerechten und betreubaren Wohnen sowie verpflichtende Rechnungslegung für die Lukrierung von öffentlichen Förderungen.

(+) plus: Zahlreiche Experten und Branchenvertreter gehen davon aus, dass 2010 für die Bauwirtschaft noch deutlich schwieriger wird als 2009. Was erwarten Sie von 2010?
Frömmel: 2010 wird sicher ein schwieriges Jahr, aber die Folgejahre werden noch problematischer, wenn die Konjunkturpakete auslaufen und die Budgetsanierungsphase beginnt. Dazu kommt noch, dass die die Gemeindeeinnahmen und die Wohnbauförderung von den Ertragssteuern abhängig sind, die krisenbedingt rückläufig sind.

(+) plus: Mit wie vielen Arbeitslosen am Bau rechnen Sie heuer?
Frömmel: Wenn keine fiskalischen Anreize zur Forcierung der Bauwirtschaft gesetzt werden, ist heuer und in den Folgejahren im Winter wieder mit Spitzen von 40.000 im Bauhauptgewerbe und 70.000 im gesamten Bauwesen zu rechnen.

(+) plus: Wie steht es um die Eigenkapitalausstattung der heimischen Bauunternehmen?
Frömmel: Die mageren Umsatzrenditen in der Baubranche verhindern, insbesondere in der momentanen Situation, den Aufbau von Eigenkapital und führen dazu, dass die Eigenkapitalausstattung im Vergleich zu anderen Branchen zu gering ist. Daher sollte übertriebene Panikstimmung in der Branche vermieden werden, da dies noch stärker dazu führt, dass die Unternehmen Aufträge unterpreisig »einkaufen«.

(+) plus: Wie stellt sich die Finanzierungssituation für das Baugewerbe dar? Werden die Banken wieder großzügiger bei der Bereitstellung von Geld?
Frömmel: Durch die unangemessen hohen Risikozuschläge und überzogenen Eigenkapitalquoten bis zur Hälfte der Projektsumme ist das Projektgeschäft zum Erliegen gekommen. Es kann nicht sein, dass die Bauwirtschaft jetzt für Sünden geprügelt wird, die andere begangen haben.

(+) plus: Die Zweckbindung der Wohnbauförderung ist faktisch abgeschafft, die Berichtspflicht der Bundesländer aufgehoben. Welche Konsequenzen hat diese politische Entscheidung auf die Baubranche?
Frömmel: Um eine neue Wohnungsnot zu vermeiden, muss die Zweckentfremdung der Wohnbauförderung gestoppt werden. Es wird Verhandlungen mit der Landeshauptleutekonferenz geben, um die Länder zu überzeugen. Auch die Subjektförderung in Form von Wohnbeihilfen und Heizkostenzuschüssen darf nicht ausgeweitet werden.

(+) plus: Im November 2008 schlossen sich die Bundesinnung Bau, der Fachverband der Stein- und Keramischen Industrie und die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) sowie die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 zum BAU-Pakt zusammen. Ziel war es die Konjunktur in Österreich nachhaltig anzukurbeln. Wie sieht Ihre Bilanz nach 14 Monaten aus?
Frömmel: Das Ziel der Forcierung der Thermischen Sanierung und Bewusstseinsbildung für ökologische Bauweisen wurde erreicht. Weitere Lobbying- und Überzeugungsarbeit ist notwendig, um frisches Geld für die thermische Sanierung aufzutreiben, ohne den Neubau in der Wohnbauförderung zu schmälern und fiskalische Anreize zur Mobilisierung von Privatkapital durchzusetzen.

(+) plus: In Krisenzeiten ist mit einem Anstieg der Schwarzarbeit zu rechnen. Was können Politik und Interessensvertretung gegen den Vormarsch der Schattenwirtschaft tun?
Frömmel: Die erwähnten steuerlichen Anreize, die eine Rechnungslegungspflicht implizieren, wirken natürlich auch Pfusch verhindernd. Ansonsten ist es ein Maßnahmenbündel, das der Schattenwirtschaft entgegenwirkt. Dazu zählen verschärfte Kontrollen, Information über die Nachteile von Pfuscharbeit, insbesondere Gewährleistungs- und Haftungsrisken etc. Mit unserer mehrfach prämierten BAUfair!-Kampagne sind wir dabei auf einem guten Weg.
Was Schwarzbeschäftigung betrifft, sind administrative Nachteile für die notwendigen Maßnahmen, die auch die seriösen Betriebe treffen, unangenehm, aber leider unvermeidlich. Ich erwähne in diesem Zusammenhang die Anmeldung vor Arbeitsbeginn oder das Modell der Auftraggeberhaftung für Sozialversicherungsbeiträge der Auftragnehmer.

(+) plus: Die Bauinnung fordert öffentliche Ausschreibungen mit veränderlichen Preisen. Wie beziffern Sie die Chancen für eine Umsetzung?
Frömmel: Wir würden es als ersten Schritt schon begrüßen, wenn die im Gesetz vorgesehene Bindungsfrist von zwölf auf sechs Monate verkürzt würde und darüber hinaus bei besonders volatilen Kostenkomponenten, wie Stahl oder Bitumen, eine Sondergleitung vorgesehen wird. Damit könnten unerwünschte Spekulationen im Hinblick auf die künftige Kostenentwicklung in Angeboten verhindert werden.

(+) plus: Hat die Lehrlingsoffensive der Bauinnung Erfolg? Sehen Sie genügend Nachwuchs für das Baugewerbe?
Frömmel: Bis zum Vorjahr hatten wir jährliche Zuwächse bei den Lehrlingen in der Größenordnung von durchschnittlich 3 %. 2009 mussten wir erstmals seit sieben Jahren wieder einen geringen Rückgang von 1,5 % verzeichnen. Österreichweit haben wir im Bauhauptgewerbe immerhin 3.093 Lehrlinge in den Berufen Maurer, Tiefbauer und Schalungsbauer.
Unsere Kampagne »Bau deine Zukunft« ist sehr effizient. Nicht auszudenken, wie sich die Lehrlingszahlen ohne diese gebündelten Maßnahmen entwickelt hätten. Es hat sich als richtig erwiesen, bereits in den Hauptschulen Kontakt mit den Jugendlichen aufzunehmen und vor allem auch die Auswahl an interessierten Kandidaten für die Firmen zu vergrößern. Auch die bauspezifische Zusatzprämie für Lehrlingsbetriebe in der Höhe von 1.500 Euro wirkt natürlich motivierend. Ein besonderes Anliegen ist es, die Ausbildung in der Pflichtschule zu verbessern, da immer wieder starke Defizite im Bereich Mathematik, Deutsch und Allgemeinbildung festzustellen sind.

Last modified onMittwoch, 27 Januar 2010 15:38
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