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Unsere Leistung ist nichts mehr wert

Es gib einen einzigen wirklichen Unterschied zwischen Architekt und Praktiker, sprich Baumeister. Es ist die durchs Studium antrainierte Fähigkeit, sich Aufgabenstellungen umfassender anzunähern, eine Vielzahl von Variationen zu entwickeln und schließlich die beste Lösung für den Auftraggeber zu formulieren. Der Gesetzgeber bezeichnet das als geistig-schöpferische Leistung.

Bis 31. Jänner 2006 muss das Bundesvergabegesetz aufgrund einer EU-Richtlinie novelliert werden. In der Begutachtungsfrist wurden Dutzende Stellungnahmen von Institutionen und Interessenvertretungen abgegeben. Der Grund liegt in der hohen Unzufriedenheit mit dem bevorstehenden Gesetz.
Neben Paragraphen und zahlreichen schwerwiegenden Fehlern, wie das Aussparen der Trennung von Planung und Ausführung und der Wegfall der Unterschwellenwerte, soll vor allem die geistig-schöpferische Leistung nicht mehr über die Qualität, sondern über den Preis geregelt werden. Diese Leistungen sollen alle im »offenen Verfahren« ausgeschrieben werden, was bedeutet, dass nur mehr Preisangebote abgegeben werden und der Billigstbieter zum Zug kommt. Wo bleibt dabei die Qualität? Die geistig-schöpferische Leistung muss weiterhin im Verhandlungsverfahren ausgeschrieben werden, in welchem neben dem Preis auch Qualität ein Auswahlkriterium ist. Außerdem ist es wichtig, alle planerischen Tätigkeiten und das Baumanagement - der Kosten- und Termindruck bedarf zunehmender Kreativität, um Qualität zu garantieren - als solche im Gesetz zu verankern.
Die politischen Entscheidungsträger sind darüber aufzuklären, dass der Beschluss der Novelle in dieser Form die gepriesene Lebensqualität nachhaltig schädigt und einen Marktvorteil im internationalen Wettbewerb - der Wiener Stadtrat Rudi Schicker sprach von der Qualitätsarchitektur als Standortfaktor - wegnimmt.

Roland Gruber ist Mitinhaber von noncon:form Architekten, Sprecher der Plattform für Architekturpolitik und Baukultur und leitet den Universitätslehrgang für Holzbaukultur an der Kunstuniversität Linz.

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