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Große Löcher

Neues beginnt man an einem Montag. So auch bei der öBB-Tochterfirma Brenner Eisenbahn GmbH (BEG). Sie startete am 1. August 2005 den fünften Bauabschnitt der neuen Unterinntalbahn. Um 104 Millionen Euro werden in der Gemeinde Stans zwei Tunnel mit einer Gesamtlänge von 3,2 Kilometern gebaut. Der Bau erfordert verschiedene Herstellungsmethoden, wie Vortrieb unter Druckluft und Bodenverbesserungen. Ganz und gar nicht verbessert hat sich die Kostenperformance des Gesamtprojektes. Aus den bis 2002 vom Errichter prognostizierten Ausbaukosten von 1,3 Milliarden sind 1,8 Milliarden geworden.
Keine Frage, es ist ein schönes Stück Schiene, das in Tirol entsteht. So richtig Sinn macht der Ausbau in dieser Dimension freilich nur, wenn auch der Brennerbasistunnel (BBT) errichtet wird. Da muss man kein Meisterstratege sein, wie es dem Bundeskanzler häufig nachgesagt wird. Er ließ kürzlich unverblümt durchklingen, dass ihm die lange Planerei des Tunnels auf die Nerven gehe. Der Baubeginn für den Sondierstollen habe gefälligst 2006, also vor den Nationalratswahlen stattzufinden, befand der Kanzler. Also Brennertunnel. Kosten für österreich: unbekannt. Es mangle offensichtlich an »fundierten ökonomischen Analysen und Sachverstand«, wetterte der Vorstand des Institutes für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien, Sebastian Kummer, anlässlich des Business Circle Jahresforums »Verkehrsinfrastruktur 05«. Er hat die Entwicklung der Kostenschätzung für den Tunnel analysiert: Im Generalverkehrsplan (2002) sei der österreichische Anteil mit 1,45 Milliarden Euro beziffert worden. Der italienisch-österreichische Staatsvertrag (April 2004) gehe von insgesamt vier Milliarden Euro aus. Im Jänner 2005 habe Verkehrsminister Gorbach berichtet, die zusätzlichen Finanzierungskosten würden die Gesamtkosten von sechs auf neun Milliarden Euro ansteigen lassen. Kummers Resümee: »Ein solches Possenspiel sollte sich eine effiziente Verkehrsinfrastrukturpolitik nicht bieten lassen.« Aus der Sicht von Hans Lindenberger, Chef der BBT SE, ist die Sache ziemlich klar. Auf der Preisbasis von 2002 würden die reinen Errichtungskosten 4,5 Milliarden ausmachen. Falls geologische Probleme oder Trassenänderungen anfallen, könnte sich der Betrag im Worst-Case-Szenario auf 5,4 Milliarden erhöhen.
Die heimischen Schätzungen sind nur ein Teil der Unabwägbarkeiten rund um den Tunnel. Die EU weiß nämlich auch nicht recht, wie sie mit dem Röhrenbau umgehen soll. Die Windungen von EU-Verkehrskommissar Jaques Barrot dazu sind legendär: Noch im Februar meinte Barrot, dass die EU bis zu fünfzig Prozent der Kosten tragen könnte. Ende September hoffte Barrot, dass es »über zwanzig Prozent sein werden«.Letztlich entscheide das derzeit in Verhandlung befindliche EU-Budget. Für die Regierung ist das kein Dämpfer, ganz im Gegenteil, sie will den Bau durch die Einsetzung einer »Taskforce« beschleunigen und die Fertigstellung von 2015 auf 2012 vorverlegen. Die Gespräche zu dieser Sondereinsatzgruppe seien im Laufen, erklärt Lindenberger ohne nähere Inhalte zu verraten. Taskforce eben.
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