Flucht aus der Schere
- Written by Redaktion_Report
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Altes, neues Feld. Die Telekom bricht mit dem angekündigten TV-Dienst keineswegs in Neuland auf. Seit knapp zwei Jahren generiert das Projekt aon.tv., das einige TV-Programme und Videofilme über ADSL-Streams auf die PCs eingeschworener Nutzer liefert, wertvolle Hinweise zu Usability und Kundenzufriedenheit. Mit einem weiteren Test-Pool lotet die Mannschaft um TA-Marketing-Chef Stefan Tweraser Befinden und Wunschzettel der Fernsehkunden aus: Das Bunte Fernsehen in Engerwitzdorf ist Labor für TV-Services und Beiträge, die von den Zuschauern selbst gestaltet werden.
Wer dann beim Marktstart im Herbst bei einer Programm-Anzahl von rund 40 Sendern, Video-on-Demand-Diensten, zusätzlichen Informationsdiensten und Premium-Services trotzdem wissen möchte, was gerade wo läuft, dem wird bei der TA (ebenso wie bei dem Digital-TV-Produkt bei UPC) ein elektronischer Programmführer (EPG - Electronic Programm Guide) geboten. Dieser verschafft dem Seher auf Knopfdruck einen überblick über Sendeprogramme aller Kanäle. Den Beginn der bequemen Videothek über Breitbandzugang ermöglicht eine Kooperation mit dem Hollywood-Studio MGM, weitere Studios werden Tweraser zufolge zum Portfolio der TA baldigst hinzukommen. \"Wir sind in intensiven Gesprächen.\"
Upgrade auf ADSL2. Für die technische Realisierung im Wohnzimmer - das TV-Angebot der TA ist für den Fernseher als Endgerät konzipiert - sind ein Breitband-Anschluss, ein ADSL-Modem und eine Set-Top-Box nötig. Reines ADSL, wie es heute noch mit 768 Kbit/s Standard ist, ist freilich für den MPEG-2-Stream der TA zu wenig. Dieser benötigt zwei bis drei Mbit. Also vollzieht die Telekom ab Herbst den nächsten Breitband-Schritt zum schnelleren ADSL2+. Dazu muss aber erst die Hardware in den Wählämtern getauscht werden. Dies ist teuer und erklärt den geografisch zunächst eingegrenzten Marktstart von aonDigital TV auf Wien. \"ADSL alleine wird für den TV-Stream zu wenig sein\", bestätigt TA-Technik-Chef Helmut Leopold. Die Telekom möchte schließlich neue Umsätze im Festnetz erschließen. Eine weitere Verbesserung soll in Kürze der Umstieg auf effizientere Komprimierungsverfahren wie etwa MPEG-4 bringen.
Warum Festnetzchef Fischer auf Breitband-TV setzt? Dies hat zwei Gründe. Zum einen soll genau dort die Breitbandkonkurrenz durch die Kabelbetreiber getroffen werden, wo sie zu hause ist: in Städten wie Wien, Linz oder Graz. Zum anderen stehen die Telcos durch die Migration der Kunden in die Mobilfunknetze weltweit unter Druck. Bislang wären die Festnetzbetreiber zwischen diesen beiden Bedrohungen gestanden, so Fischer sinngemnäß. Nun möchte man sich aus der fatalen Schere mittels neuen Videodiensten herauslösen. Preislich will sich Fischer noch nicht festlegen, die Digital-TV-Dienste \"werden aber auf dem Niveau vergleichbarer Angebote des Mitbewerbs liegen\", sagt Leopold. Wie hoch der Endkundenpreis für die notwendige Set-Top-Box sein wird, steht ebenfalls noch nicht fest. Bei UPC sind für die entsprechende Digital-TV-Box 70 Euro Einsatz fällig.