Open Source - Open End?
- Written by Redaktion_Report
- font size decrease font size increase font size
Es gibt wohl kaum ein Unternehmen, das bislang keine überlegungen in Richtung Kostenersparnis durch den Einsatz von Open Source-Software angestellt hat. Ob sich mit einem solchen Umstieg allerdings tatsächlich Geld einsparen lässt und vor allem welche rechtlichen Risiken mit der Anwendung so genannter nicht proprietärer, also freier Software verbunden sind, steht dabei meist in den Sternen.
Eine vom europäischen Zentrum für E-Commerce- und Internetrechtanlässlich der Präsentation seiner jüngsten Studie \"open source - open end?“ veranstaltete Podiumsdikussion sollte Klarheit in eben diese Fragen bringen.
Was bedeutet Open Source? Open Source bedeutet nichts anderes als dass der Anwender die Lizenz für die Verwendung, die Bearbeitung und den Weitervertrieb der jeweiligen Software gratis erhält. Aber ist Open Source-Software wirklich in jeder Hinsicht kostenfrei? Mitnichten. Abgesehen von der Lizenz, die nichts kostet, will jede Software implementiert und gewartet werden, Personal ist einzuschulen etc. Kosten entstehen daher in jedem Fall.
Aber auch der Gratis-Download eines Programmes aus dem Internet selbst erfolgt in den wenigsten Fällen wirklich unentgeltlich. Darin waren sich e-center-Leiter Wolfgang Zankl und Michael Wolner von Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte, einig. Meist dient der Gratis-Download vielmehr als Lockangebot. Der Anwender soll entweder auf proprietäre Software, die der Homepage-Betreiber gleichzeitig anbietet, aufmerksam werden. Oder es soll ganz allgemein durch Anhebung der Besucherzahl die Attraktivität der Website für Werbekunden erhöht werden. Entgeltlich ist der Download damit eigentlich immer.
Mythos Unvereinbarkeit. Thomas Lutz, Unternehmenssprecher Microsoft österreich, bemühte sich in seinem Statement, eine der weit verbreitetsten Fehlannahmen aus der Welt zu schaffen: Dass proprietäre und nicht proprietäre Software miteinander unvereinbar seien, entspreche schlichtweg nicht der Wahrheit, so Lutz. Schon jetzt gäbe es hybride Modelle. Das heißt, über ein Drittel aller Open-Source-Projekte etwa würden unter Windows betrieben. Umgekehrt gäbe es ebenso viele proprietäre Anwendungen, die auf Open Source-Systemen betrieben würden, gab Lutz zu bedenken. Er selbst verstehe die beiden konkurrenzierenden Systeme auch als \"kommunizierende Gefäße“. Seinen Standpunkt untermauerte er mit einem nicht unironischen Statement Richtung Publikum: \"Haben Sie sich schon einmal gefragt, wo Open Source-Programmierer eigentlich beschäftigt sind?“
Umstieg auf Open Source. Was für den privaten User auf der Hand liegen mag, muss für ein Unternehmen noch lange keinen Sinn machen. Rainer Lischka von webdynamite, der in der Diskussion die Open Source-Position vertrat, riet zu einer Bedarfsprüfung im Einzelfall. \"Ob man mit Open Source-Produkten Geld sparen kann, hängt vom jeweiligen Projekt ab“, meinte er. Lischka empfiehlt in jedem Fall, mit dem Umstieg auf Open Source langsam zu beginnen. Für den Anfang böte sich der Server-Bereich an. Keinesfalls jedoch solle man mit dem Desktop beginnen.
Martin Rajsp von EMC, dem weltweit größten Unternehmen im Bereich Datenspeicherung, wandte ein, dass die Kosten für Softwarelizenzen in aller Regel nur einen geringen Anteil der gesamten in einem Unternehmen anfallenden Kosten ausmachen. Aus der Ersparnis der Lizenzgebühr ergebe sich daher noch nicht zwangsläufig eine Ersparnis für das Unternehmen. Im Gegenteil: Mitunter stünde geringen Lizenz-Ersparnissen ein hoher Mehraufwand im Personalbereich - begründet durch notwendige Einschulungsmaßnahmen - gegenüber. Auch Implementierung und Support der Software sowie etwaige Rechtsunsicherheiten die Haftung betreffend seien in die überlegungen, ob man auf Open Source umsteigen solle, mit einzubeziehen.
Sicherheit. Während die eigentliche Sicherheits-Diskussion zwischen Lutz und Lischka von Pro und Contra zur Offenlegung der Quellcodes geprägt war, brachte es Martin Rajsp auf den Punkt: Sicherheit sei keine Produkteigenschaft, sondern läge vielmehr in den Prozessen begründet. Nicht die Anwendung von proprietäter oder nicht proprietäter Software, sondern der Prozess entscheidet damit über die Sicherheit des Systems.
Haftung. Die bekannteste Open Source-Lizenz, die US-amerikanische \"GPL“ (\"General Public License“), enthält einen weit reichenden Haftungsausschluss. Das bedeutet, der Hersteller der Software kann grundsätzlich für keine aus deren Anwendung entstehende Schäden belangt werden. Im österreichischen Recht gilt allerdings: Ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss bei entgeltlichen Geschäften ist - zumindest was das Verhältnis B2C anbelangt - sittenwidrig. Wie oben bereits dargestellt, sind jedoch die meisten auf den ersten Blick vermeintlich unentgeltlichen Geschäfte in Wahrheit entgeltlich. Wichtigste Erkenntnis daraus: Der Software-Anbieter ist nichts deshalb schon von jeder Haftung frei, weil er das Programm als \"Gratis-Download“ hergibt und in seinen AGB auf die \"GPL“ verweist. Heikel wird es aber im B2B-Bereich. Hier kann ein solcher Haftungsausschluss tatsächlich wirken. Abhilfe können nur individuelle vertragliche Regelungen schaffen.
Staat und Open Source. Da die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grundlage von Gesetzen vollzogen werden darf, ist der Staat in der Wahl seiner Betriebssysteme alles andere als frei. Emil Georgiev vom e-center wies auf die bestehenden vergabegesetzlichen Regelungen hin, an die der Staat auch in einer Entscheidung zwischen Microsoft und Linux gebunden sei. Im übrigen würde eine von staatlicher Seite erklärte Präferenz für welche Ausrichtung auch immer, dem freien Wettbewerb zuwider laufen. Darüber waren sich alle Beteiligte einig.