Laues Lüfterl
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In Wien und der Steiermark stehen Wahlen vor der Tür. Der erhoffte Rückenwind für die Bauwirtschaft bleibt aber weitgehend aus. Mit zusätzlichen Investitionen und neuen Konjunkturpaketen ist nicht zu rechnen. Die Branche ist schon froh darüber, wenn die bestehenden Pakete auch tatsächlich umgesetzt werden. Dabei gibt es auch interessante Alternativen zu den Konjunkturpaketen.
Von Bernd Affenzeller.
Auch die Halbjahresbilanz der Stein- und keramischen Industrie bestätigt den Abwärtstrend. Der Mitarbeiterstand ist weiter gesunken und der geringfügige Umsatzzuwachs ist anhand der drastischen Einbrüche im letzten Jahr auch kein Grund zum Jubeln. Zudem ist die Stimmung in der Branche äußerst gedämpft. Laut einer Umfrage des Fachverbands Steine-Keramik, hatte die überwiegende Mehrheit der Mitgliedsunternehmen im ersten Halbjahr mit einer negativen Geschäftsentwicklung zu kämpfen. »Und zwei Drittel der Unternehmen erwarten für das zweite Halbjahr eine noch schlechtere Konjunktur« , sagt Fachverbands-Geschäftsführer Carl Hennrich.
Monokausale Erklärungen für die Misere gibt es nicht, ein Hauptgrund ist aber dennoch rasch ausgemacht. Bundesinnung Bau und der Fachverband Steine-Keramik sind sich einig, dass die rückläufigen Wohnbaubewilligungen schuld an der schlechten Entwicklung sind. 2010 und 2011 werden die Bewilligungen laut Wifo auf 38.900 bzw. 37.400 neue Wohneinheiten zurückgehen. 2006 wurden noch 47.400 Wohneinheiten bewilligt. Angesichts dieser Zahlen warnt auch das Wifo vor den negativen Auswirkungen. »Durch die rückläufige Entwicklung im Wohnungsbau werden die Wohnbauinvestitionen stark gedämpft. Dies könnte negative Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Produktion und den Arbeitsmarkt mit sich bringen« , heißt es im Wifo.
Für Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel ist das Wasser auf seine Mühlen. Seit Monaten warnt er, dass durch den deutlichen Rückgang von Baubewilligungen der Bedarf an neuen Wohnungen nicht mehr gedeckt ist. Frömmel fordert daher zum wiederholten Male, »die bedarfsorientierte Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel wieder einzuführen« .
Zusätzlich unterstreicht Frömmel einmal mehr die Forderung nach fiskalischen Anreizen: »Ich appelliere an die Verantwortlichen, fiskalische Anreize einzuführen, um Privatkapital zu mobilisieren. Über 400 Milliarden Euro schlummern auf den Sparbüchern der Österreicher. Diese wären gut beraten, einen Teil davon in inflationssichere Bauprojekte zu investieren.«
Primat des Sparens
Während die Branche also hofft, dass wieder mehr Geld in den Wohnbau gepumpt wird, versteckt sich die Politik hinter dem Haushaltsdefizit. Unter dem Primat des Sparens wird nicht nur einem neuen Konjunkturpaket eine ziemlich deutliche Abfuhr erteilt, auch die bereits geschnürten Pakete werden nach und nach aufgeweicht. Asfinag und ÖBB denken mehr oder weniger laut darüber nach, bereits angekündigte Bauvorhaben aufzuschieben. Für die Bauwirtschaft ist das mehr als nur ein lautes Alarmsignal. Dabei ist man für die Nöte der Politik durchaus empfänglich. »Es steht außer Frage, dass angesichts eines Schuldenstandes von mehr als 70 Prozent des BIP einer Sanierung des Budgets nötig ist« , sagt Hennrich. Er warnt aber davor, dass dies auf Kosten der Weiterentwicklung und des Ausbaus der Infrastruktur geschieht. Damit würde dem Standort Österreich langfristiger Schaden zugefügt. »Es ist auch Aufgabe der Politik, den Bürgerinnen und Bürgern klarzumachen, dass Investitionen in Straßen-, Schienen-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung sind, da sie einen erheblichen Standortfaktor und damit Arbeitsplatzfaktor darstellen« , so Hennrich. Auch Karl-Heinz Strauss, frischgebackener Porr-Chef, mahnt bei seiner Antrittspressekonferenz die öffentliche Hand, eine gesunde Mischung zwischen notwendigem Sparen und Wirtschaftsförderung zu finden.
Die Politik übt sich in Zurückhaltung. Selbst dort, wo demnächst gewählt wird, sind kaum laute Töne zu hören. In der Steiermark dominieren in Sachen Infrastruktur Evergreens wie Koralmbahn und Semmering-Basistunnel, in Wien Stadtentwicklungsprojekte wie der Hauptbahnhof und die Verlängerung der U2. Befragt nach den Plänen für die Zukunft, wird mit Errungenschaften aus der Vergangenheit geantwortet. Dabei scheint es immer besonders wichtig, die eigene Leistung in Relation zu den anderen Bundesländern zu setzen. Das kann dann auch zu Uneinigkeit unter Parteifreunden führen. Etwa wenn die SPÖ-Granden Franz Voves und Michael Ludwig für ihr Bundesland reklamieren, die Arbeitslosigkeit am Bau jeweils am effizientesten bekämpft zu haben.
Neue Landespakete
In Wien sprechen sich dezidiert und uneingeschränkt für ein neues Konjunkturpaket lediglich die Grünen aus. »Und zwar in Form einer ökologischen Sanierungsoffensive, einer Schulbauoffensive sowie einem Ausbau der Förderung von Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen im privaten Bereich« , so Sabine Gretner. Bei den Blauen geht es traditionellerweise weniger darum, was gebaut werden soll, sondern vielmehr darum, was nicht gebaut werden soll. Abseits der Minarettdiskussion spricht sich die blaue Wohnbauexpertin Henriette Frank aber zumindest für eine Sanierung des historischen Gebäudebestandes aus, mit dem sowohl der Tourismus gefördert als auch die Arbeitslosigkeit bekämpft werden könnte. Norbert Walter von der ÖVP will zuerst evaluieren, was die bisherigen Programme gebracht haben, bevor er an ein neues Konjunkturpaket denkt, und SPÖ-Vizebürgermeister Michael Ludwig sieht die gegenwärtigen Förderungen aufgrund der sich stabilisierenden Konjunktur als »absolut ausreichend« an.
Auch in der Steiermark gibt man sich defensiv. Für SPÖ und ÖVP hat die Umsetzung der bestehenden Konjunkturpakete Priorität gegenüber einer Neuauflage. Die KPÖ befürwortet grundsätzlich ein neues Konjunkturpaket, befürchtet allerdings »dass aufgrund der fehlgeleiteten Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre das nötige Geld in den öffentlichen Kassen nicht vorhanden ist, um eine ausreichende Finanzierung garantieren zu können« .
Interessant ist die Wortwahl der Grünen, die sich klar gegen eine Weiterführung von Konjunkturpaketen aussprechen, weil deren dauerhafte Finanzierung ohnehin aufgrund der Budgetlage fraglich sei. Sie fordern die Sanierung aller öffentlichen Gebäude mit Zielrichtung Passivhausstandard. Dies würde der Bauwirtschaft ebenso zugutekommen wie Konjunkturpakete, hätte aber im Gegenzug zu gewährten Förderungen für die öffentliche Hand Einsparungseffekte im Energieverbrauch zur Folge. »Somit sind solche Maßnahmen einfacher zu finanzieren als Konjunkturpakete« , sagt Sabine Jungwirth, die im nächsten Landtag die grüne Bauexpertin sein wird.
Thermische Sanierung
Etwas ruhig geworden ist es um die thermische Sanierungsoffensive, das Topthema des letzten Jahres. Auch im steirischen und Wiener Wahlkampf spielt der Sanierscheck nur eine untergeordnete Rolle. Zwar sprechen sich auf Nachfrage fast alle Parteien für eine Förderung auf Landesebene aus, der echte Nachdruck fehlt aber. Das ist auch kein Wunder, schließlich sind auch die Lobbyisten der Bauwirtschaft, die Anfang des Jahres noch unüberhörbar nach einer Fortführung des erfolgreichen Sanierschecks gerufen haben, deutlich leiser geworden.
Lesen Sie die Antworten der Parteien in Wien und in der Steiermark auf die Fragen der Bauwirtschaft.