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Wachstum statt Wissen

Es hat ja nicht immer danach ausgesehen, aber schön langsam nimmt »Lissabon« so richtig Fahrt auf. Und das europaweit. In den ers­ten fünf Jahre nach der Verkündigung des Lissabon-Ziels war von den ehrgeizigen Plänen, Europa bis 2010 zum »wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt« zu machen, in der Realität nicht viel zu sehen. Erst die »Midterm Review« 2005 hat die Weichen für eine positivere Zukunft gestellt, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein spricht sogar von »einer Erfolgsstory, auf die wir stolz sein können«. Ganz so rosig, wie der Wirtschaftsminister das gerne hätte, sind die Aussichten aber nicht. Zwar haben die 1.000 größten Unternehmen mit Sitz in der EU ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 7,4 Prozent gesteigert, außerhalb der EU sind die Investitionen dieser Unternehmen aber um satte zehn Prozent gestiegen. Damit die europäische Innovationsleis­tung nicht noch weiter ins Hintertreffen gerät, müssten laut Wissenschafts- und Forschungskommissar Janez Potocnik noch mehr Unternehmen die Vorteile von Investitionen in F&E erkennen. Diese ansatzweise Ignoranz gegenüber dem Mehrwert von Forschung und Entwicklung herrscht auch in österreich. Mit dem derzeitigen Tempo ist die anvisierte 3-Prozent-Quote bis 2010 nicht zu erreichen. Dass Wirtschaftsminister Bartenstein dennoch von einer Erfolgsstory sprechen kann, liegt an der eingangs erwähnten »Midterm Review«. »Der eingeschlagene Weg in Richtung einer wissensbasierten Gesellschaft hat nicht funktioniert«, gibt Bartenstein zu. Deshalb wurden die europäischen Sozialpartner an Bord geholt und die Ziele adaptiert und neu formuliert. Die Schwerpunkte der Lissabon-Strategie wurden auf Wachstum und Beschäftigung gelegt. Mit Erfolg: Die konjunkturell guten Jahren 2006 und 2007 haben ihres dazu beigetragen, dass das Lissabon-Ziel kein utopisches mehr ist. Dank der boomenden Exportwirtschaft sind die ökonomischen Rahmenbedingungen trotz der eben erfolgten Rücknahme der globalen Wachstumsprognosen laut Bartenstein aber nach wie vor güns­tig. Heuer rechnet Bartenstein, der sich auch ein »sattes Plus« bei den laufenden Lohnverhandlungen erwartet, mit einem Exportwachstum von 3,4 Prozent. Auch der Arbeitsmarkt macht derzeit Freude. Mit einer Beschäftigungsquote von 70 Prozent liegt österreich EU-weit auf dem vierten Platz. Für deutlich weniger Freude sorgt das geringe Interesse von Herr und Frau österreicher an der Selbstständigkeit. Hier liegt österreich innerhalb der EU an letzter Stelle.

Zukunftsinvestitionen
Bernhard Felderer vom Institut für Höhere Studien IHS sieht den Fortschritt österreichs im Lissabon-Prozess zurückhaltend positiv. »Der Beobachtungszeitraum von eineinhalb Jahren ist relativ kurz«, sagt Felderer. Viele Maßnahmen würden erst in zehn Jahren spürbar sein. So brauchen etwa F&E-Inves­titionen rund sieben Jahre, bis sie sich im BIP niederschlagen. Einen Aufwärtstrend ortet Felderer in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit österreichs. »Lange Zeit war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass österreich eine negative Leistungsbilanz ausweist, die nur durch den Tourismus ausgeglichen wird. Das hat sich in den letzten Jahren geändert.« Verantwortlich dafür ist die gestiegene Zahl der Warenexporte. Laut Felderer profitieren öster­reichs Exportunternehmen vor allem von der moderaten Preisentwicklung, der Zurückhaltung bei den Arbeitnehmerentgelten sowie der Produktivitätssteigerung.

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