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Warten auf das dominante Device

Im Dezember 2004 wurde der größte alternative Telekomprovider UTA vom Diskonttelefonieanbieter Tele2 übernommen. Nach Personaleinsparungen und der erfolgreichen Zusammenführung der Produktlinien sieht sich nun Robert Hackl, Geschäftsführer seit Jänner 2007, im Jahr des Kundenservices und der Portfoliobreite und investiert wieder massiv in Entbündelung. Der alternative Mitbewerb als Gegenpol zum Incumbent Telekom Austria ist indes dramatisch ausgedünnt.

Report: Herr Hackl, wie geht es Ihnen nach den ersten Monaten der Tele2UTA-Geschäftsführung?
Robert Hackl: Den größten alternativen Provider zu führen und in österreich agieren zu können, ist eine sehr spannende Aufgabe. Wir sehen uns in einer wichtigen Rolle: österreich braucht diese Alternative zum Incumbent.

Welche Rolle spielen die Aktivitäten hierzulande für die schwedische Unternehmensgruppe? Welche Investitionen wird Tele2UTA in österreich noch tätigen und wie sehr ist Tele2UTA von Entscheidungen in Stockholm abhängig?
Wir haben eine sehr eigenständige Position innerhalb der Gruppe, haben alle Freiheiten und sind im Konzern eine wichtige Tochter, da Tele2UTA fast zehn Prozent des Gesamtumsatzes beiträgt. Derzeit investieren wir jährlich rund 15 Mio. Euro in die Telekommunikationsinfrastruktur und in die IT-Systeme. Heuer werden wir eine Steigerung der Abdeckung der Haushalte mit entbündelten Leitungen - also auf unserer eigenen Infrastruktur - von 55 auf 65 Prozent schaffen. Mit Ende 2006 zählten wir bereits 183 entbündelte Wählämter. Diese Zahl wird heuer um weitere 60 Standorte steigen. Natürlich stimmen wir unsere Investitionen mit der Unternehmensgruppe ab, doch können wir all unsere Produkt- und Servicelinien selbst einführen und verantworten.

In der Wahrnehmung bei den Kunden scheinen mit der Fusion zweier eher gegensätzlich aufgestellter Provider der Fokus und die zentrale Positionierung als B2B-Provider etwas verloren gegangen zu sein. Ist dies aus Ihrer Sicht ein Problem?
Der Tele2-Slogan »Warum mehr bezahlen« kann im Geschäftskundenbereich leicht falsch verstanden werden. In der Businesssparte überzeugen wir mit »Mehr Leistung für weniger Geld«. Dabei verfügt Tele2UTA über eine solch starke eigene Infrastruktur, dass wir unseren Geschäftskunden höchste Ausfallsicherheit bieten können. Wir können als B2B-Provider mit redundanten Netzverbindungen nicht nur eine Wege- und Technologieredundanz anbieten, sondern innerhalb unserer Infrastruktur sogar Providerredundanz simulieren. So haben wir zum Beispiel die Barmherzigen-Brüder-Spitäler in der Steiermark, wo Netzstabilität und Ausfallsicherheit höchste Priorität haben, mehrfach redundant angebunden. Sie sehen also: Tele2UTA bietet bei weitem mehr als nur Datenleitungen.

Ihr Vorgänger Norbert Wieser hat die Fusion Tele2 und UTA verantwortet, ist nun aber überraschend zurückgetreten. Was werden Sie anders als Wieser machen?
Es gibt viele gute Dinge, die das Unternehmen geleistet hat - vor allem ist nach dem Zusammenschluss die Kombination Tele2UTA ja bereits im zweiten Geschäftsjahr profitabel gewesen, während die UTA in den letzten Jahren nie durchgehend positiv bilanziert hatte. Diese erfolgreiche Strategie gilt es, nun fortzusetzen und mitunter an Innovationen anzupassen. Ich werde nichts ändern, was ohnehin sehr gut funktioniert. In Bereichen wie dem Marketing sehe ich aber noch großes Potenzial - ich bin ein Mann des Marketings und werde hier auch neue Akzente setzen. Einen weiteren Schwerpunkt werden wir im Geschäftskundenbereich mit einer Service- und Qualitätsoffensive setzen, die die Wertschöpfungsbreite und -tiefe erhöhen wird. Das letzte Jahr war noch klar vom Zusammenschluss der beiden Unternehmen und dem Ziel der Profitabilität geprägt. In einer Qualitätsoffensive im Kundenservice durchleuchten wir nun, wie wir mit unseren Kunden umgehen und wohin wir uns im Customer Service bewegen wollen.

Customer Service - ein Bereich, der bei Tele2UTA noch ausbaufähig ist?
Man kann sich immer verbessern.

Die Akquisition von eTel durch Telekom Austria zeigt, wie die Marktkonsolidierung in österreich funktioniert: Der Incumbent schluckt die alternative Szene.
De facto wird damit eine heute schon marktbeherrschende Stellung weiter ausgebaut. Entwicklungen wie diese sind mittelfristig vor allem für die Kunden bedauerlich. Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat in den letzten Jahren den Konsumenten mehrere 100 Mio. Euro eingespart. Letztendlich gilt es nun, die Kunden zu schützen. Denn das Voranschreiten der Remonopolisierung droht auch im kommenden Jahr: 2008 wird die TA den VDSL-Ausbau forcieren und damit die Investitionen der entbündelnden Provider gefährden und abwerten. In Deutschland führt man bereits Diskussionen zum »Cross Talk« Phänomen, das mit dem technischen Ausbau der Breitbandleitungen die Leitungsqualität der alternativen Provider gefährdet.
Symptomatisch für den sinkenden Wettbewerb ist auch die Mitgliederzahl des Verbandes Alternativer Telekomnetzbetreiber. Die Zahl der VAT-Mitglieder ist von einstmals 21 auf heute sieben Unternehmen gesunken. Da UPC/Inode nicht im VAT vertreten ist, gibt es auf Festnetzproviderseite eigentlich nur noch Colt und Tele2UTA.

Welche Strategien wollen Sie in den nächsten zwei, drei Jahren verfolgen. Welche Innovationen können die Kunden erwarten?
Zentrale Aufgabe wird es sein, unser Geschäftsmodell zu transformieren. Zwei Stoßrichtungen sind hier zentral: Zum einen wollen wir den Schritt vom Reseller zum Infrastrukturanbieter schaffen. Das heißt: weg vom Wiederverkauf von TA-Leitungen und Call Preselection, hin zu entbündelter, eigener Infrastruktur. Weiters werden wir in Zukunft nicht nur Netzanbieter sein, sondern auch ergänzende Services auf Basis unserer Infrastruktur anbieten. Application Service Providing in Bereichen wie E-Learning oder Hosted Exchange könnte dann auch mit Partnern unserem Portfolio eine neue Breite verschaffen. Zum Kunden hin werden wir so mit einer größeren Tiefe agieren können. Lediglich Leitungen zu verkaufen, macht nur begrenzt Spaß - hier geht es eigentlich um reinen Preiswettbewerb. Unsere Kunden wünschen aber mehr - sie wollen Managed Services. Auf dem Weg dorthin wird Tele2UTA auch weiter wachsen: So wollen wir die Zahl unserer bereits über 100.000 Breitbandkunden bis Ende des Jahres verdoppeln. Der Launch einer echten Flatrate in den Breitbandprodukten, der im März erfolgt ist, wird dies ermöglichen. Nun können unsere Breitbandkunden erstmals uneingeschränkt so viel surfen, wie sie wollen - ohne Fair-Use-Limits. Auch unseren Bestandskunden steht dieses Angebot offen. Wir haben genug Kapazitäten in unserem Netz.

Der Weg in Richtung konvergenter Netze scheint von den Providern unbestritten in den nächsten Jahren eingeschlagen zu werden. Wann wird es zu echten konvergenten Produkten aus Mobil- und Festnetz bei Tele2UTA kommen?
Im Privatkundenbereich halte ich die Konvergenzdebatte für überbewertet, da dort Produktstarts bislang keine Erfolge erzielen konnten. BTs Konzept »Blue Phone« hat nicht funktioniert und die Deutsche Telekom hat den Verkauf ihres Festnetzhandys »T-One« mangels Kundeninteresses wieder eingestellt. Und gerade in österreich wäre die herrschende geringe Preisdifferenz zwischen Fest- und Mobilnetzen ein Hindernis für solche Konvergenzprodukte. Der Kunde möchte bei solchen Produkten ja vor allem Preisrabatte sehen. Zudem gibt es in den Haushalten meist keinen klaren Entscheidungsträger, der die Telefoniestrategie allein verantwortet. Den klassischen Familienvorstand als Entscheider in Mobilfunk- und Festnetzfragen gibt es in Familien nicht - hier ist die Zugangsweise zu Geräten und Gesprächsmodellen mitunter sehr divergent. So betrachtet wären vor allem Singlehaushalte die beste Zielgruppe für Konvergenzprodukte.

Dennoch sehen Analysten und Telco­Strategen die Konvergenz von Festnetztelefonie, Mobilfunk und Internet als derzeit wohl wahrscheinlichste Entwicklung.
Der Schwenk zur Konvergenz in den Netzen wird dann vollzogen werden, wenn neben der Möglichkeit zur Kos­tenersparnis auch das dominante Device konvergent ist. Dies könnte beispielsweise der Laptop sein, der im Office der Zukunft die zentrale Schnittstelle für alle Kommunikationsformen sein wird. Im Businessbereich spielen konvergente Modelle aufgrund des Vorteils einheitlicher Rechnungen und Rufnummernpläne aber ohnehin aus unternehmenstaktischen Gründen jetzt schon eine große Rolle. KMU setzen auf Flatrates in der Abrechnung und Kostenkontrolle. Es gibt dort mit dem Geschäftsführer den notwendigen zentralen Entscheider und auch das Bedürfnis nach Kontrolle der Telekommunikationskosten, was mit einheitlichen, zentralen IKT-Lösungen natürlich besser möglich ist. Konvergenz heißt bei Tele2UTA: Privat- wie Businesskunden kaufen bei uns aus einer Hand.

Die Firma, die Person
Robert Hackl ist seit Jänner 2007 Geschäftsführer Tele2UTA. Der gebürtige Salzburger startete seine Laufbahn im Bankenbereich bei SBC Warburg in Zürich, ehe er 1996 zu McKinsey wechselte. Er leitete dort Beratungsprojekte im Telekombereich, ehe er 2006 als Leiter des Bereiches Marketing & Sales ins Management von Tele2UTA wechselte. Der hierzulande größte alternative Telekommunikationsprovider steuerte 2006 über 300 Mio. Euro Umsatz zum Ergebnis der schwedischen Mutter bei.
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