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Rollender Mobilfunk

\"Der schöne Korridor, der an österreich vorbei gehen wird\", nennt Kapsch-Manager Horst Kaufmann den \"Korridor IV\" des transeuropäischen Eisenbahnnetzes, der mit Mitte des Jahres zur Teststrecke für Bahnkommunikation per GSM-R aufgerüstet wurde. Der Bauherr: Kapsch CarrierCom. Die Bahnstrecke, die von der deutsch-tschechischen Grenze über Prag nach Kolín geht, liegt auf einer der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachsen Europas. Entsprechende Bedeutung hat das Pilotprojekt für die Tschechischen Bahnen. Ein vergleichbare Ausschreibung wurde von Kapsch bereits 2002 in der Slowakei gewonnen.

In einem Zeitraum von zwölf Monaten stellte Kapsch gemeinsam mit dem kanadischen Technologiepartner Nortel das bahntaugliche Mobilfunknetz auf einer Strecke von 200 Kilometern fertig. Diese Implementierungszeit ist für Bahnverhältnisse gar nicht einmal schlecht. In einer Branche, in der teilweise noch mit dem (verlässlichen) Kurbelinduktor gearbeitet wird, läuft die Zeit ein wenig anders - auch in österreich, das dem europaweiten Ausbau auf GSM-R mit einer für Anfang 2006 erwarteten Ausschreibung folgen wird. Experten rechnen mit sechs bis sieben Jahren Bauzeit des neuen Kommunikations- und Zugsicherungssystems (ETCS) für die öBB. Auf Primärstrecken wohlgemerkt. Nebenbahnen sind hier nicht mitgerechnet, doch ein solcher Ausbaulevel scheint für ein internationales Kommunikationsnetz ohnehin nicht dringend. Zwar scheint die öBB in Sachen GSM-R ein Spätzünder zu sein, doch trügt der Schein. \"Die östlichen Nachbarländer haben einen Riesenvorteil: sie überspringen eine ganze Technologie\", weiß Kaufmann, der bei Kapsch die Bahninfrastrukturgeschäfte verantwortet. Zudem sei in den Regionen jenseits der heimischen Grenze ein EU-Fördertopfparadies von bis zu 85 Prozent Gesamtkostenzuschuss zu finden.

Kapsch sieht den Netzaufbau als \"Turnkey\"-Projekt: Die Wiener erbingen als Generalunternehmen alle Leistungen aus einer Hand: von der Netzplanung, über Antennen-Montage bis hin zur Inbetriebnahme und Wartung des Netzes. GSM-R basiert auf dem GSM-900-Standard und nutzt Frequenzen, die direkt unterhalb dieses Bandes liegen. Im Führerstand der Züge werden in der Regel fest installierte GSM-R-Telefone verwendet. Diese sind mit einer speziellen Benutzeroberfläche für Bahnbetreiber sowie mit Schnittstellen ausgestattet, die eine Kommunikation mit der Zuginfrastruktur, etwa mit Fahrgast-Informationssystemen oder Diagnosetechnik, erlaubt. Für Bahnarbeiter oder Rangierpersonal gibt es Mobiltelefone, die normalen Handys ähneln, aber robuster sind und einen größeren Funktionsumfang bieten. Im Vergleich zu analogen Systemen erreicht die bessere Funkabdeckung auch eine höhere Serviceverfügbarkeit zwischen fahrender Flotte und den betriebsleitenden Stellen. Für Notrufe wurde auch ein eigenes Netzfeature implementiert: Im Gegensatz zum herkömmlichen GSM-Netz können Anrufe unterschiedliche Prioritäten haben. Ein Warnruf ist daher in der Lage, andere Gespräche zu unterbrechen. GSM-R ist für Geschwindigkeiten bis zu maximal 500 km/h spezifiziert.

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