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"Wir wollen das Richtige bauen."

Asfinag-Vorstand Klaus Schierhackl spricht im Interview über PPP-Projekte, die Realisierung der Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur und den Bedarf an Straßen im Medium-Format.

Report: Die Wirtschaftskrise wirkt sich auch auf das Verkehrsaufkommen aus. Wie geht es der Asfinag?
Klaus Schierhackl: Die Erlöse aus der LKW-Maut sind im letzten Jahr um 13 Prozent zurückgegangen. Für 2010 haben wir aus kaufmännischer Vorsicht ein Null-Wachstum angenommen. Damit dürften wir ganz gut im Plan liegen. Im Jänner hatten wir ein leichtes Minus, im Februar dafür ein leichtes Plus. Nimmt man aktuelle wirtschaftliche Daten her, dann ist für 2010 mit einer leichten Erholung zu rechnen, einen echten Boom erwartet aber niemand.

Report: Die ÖBB betrachtet sich als die Konjunkturlokomotive Österreichs. Welche Rolle spielt die Asfinag?
Schierhackl: Auch die Asfinag trägt ihren Teil zum Aufschwung bei. Unser Bauprogramm umfasst für den Zeitraum 2010 bis 2015 Investitionen von insgesamt fast neun Milliarden Euro. Schon in diesem Jahr fließen mehr als eine Milliarde Euro in das Bestandsnetz, die zügige Umsetzung der bereits in Bau befindlichen Projekte sowie ein bedarfsgerechtes Neu- und Ausbauprogramm.

Report: Aktuell wird mit Bosrucktunnel, Pfändertunnel, Tauerntunnel und Roppener Tunnel viel gegraben. Dafür braucht es schweres Gerät, aber verhältnismäßig wenig Arbeitskräfte.
Schierhackl: Das ist richtig, es gibt aber auch noch zahlreiche weitere, arbeitskraftintensive Projekte. Es werden etwa Generalerneuerungen und Sanierungen an Hochbauten vorgezogen. In Innsbruck wird ein ganz neues Bürogebäude gebaut, in der Nähe von Krems ein neuer Standort und die Straßenmeisterei Ansfelden wird grundlegend erneuert. In Salzburg wird eine neue Raststätte gebaut. Außerdem wird neben den angesprochenen Tunnelprojekten auch an der Donaubrücke Traismauer und dem S35-Abschnitt Zlatten – Mautstatt gearbeitet. Beide werden noch heuer für den Verkehr freigegeben.

Report: Die Asfinag hat jahrelang viel Geld in Verkehrsbeeinflussungsanlagen gesetzt. Um die sogenannten VBAs ist es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden. In welche Richtung gehen aktuell die F&E-Anstrengungen?
Schierhackl: Derzeit liegt der Schwerpunkt ganz eindeutig auf kooperativen Systemen, die auf den gegenseitigen Austausch von dynamischen, sicherheitsrelevanten Informationen zwischen Fahrzeug und Straßeninfrastruktur abzielen. Diese kooperativen Informationen können etwa Stau- oder Unfallwarnungen sein, lokal-spezifische Geschwindigkeitslimits, Baustellenwarnungen oder auch lokale Wetterwarnungen. Die A12 ist derzeit eine Teststrecke für das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt Coopers. Dabei soll herausgefunden werden, welche Dienste den meisten Nutzen für die Fahrzeuglenker haben und welche technologische Entwicklungsplattform es für eine sinnvolle Umsetzung braucht.

Report: Wie sind aus Ihrer Sicht die Erfahrungen mit dem ersten PPP-Projekt?
Schierhackl: Interessant ist vor allem, dass das Verkehrsaufkommen doch merklich geringer ist als angenommen. Wir sind 40 Prozent unter den Annahmen. Das liegt aber sicher auch daran, dass die Prognosen in einer wirtschaftlichen und damit auch verkehrstechnischen Boomphase erstellt wurden, die Realität heute aber anders aussieht. Jetzt stellt sich die Frage, wann und in welchem Ausmaß die Wirtschaft im Osten und Südosten wieder anspringt. Das zeigt auch, wie schwierig es ist, die richtigen Dimensionen für künftige Bauvorhaben zu finden.

Report: Gibt es aus heutiger Sicht noch einen Bedarf für einen weiteren Ausbau des hochrangigen Straßennetzes?
Schierhackl: Der Bedarf ist sicher gegeben, die Frage ist nur, ob die Straßen wirklich 30 Meter breit sein müssen. Der Sprung von einer Ortsdurchfahrt zu einer Autobahn mit vier Spuren ist zu groß. Deshalb werden neue Projekte auch ganz genau geprüft, ob nicht Zwischenlösungen in Form einer Autostraße ausreichen. Die Frage stellt sich ja auch beim PPP-Projekt A5. Wenn das Verkehrsaufkommen im ersten Teil deutlich unter den Erwartungen ist, ist es dann sinnvoll, in der geplanten Dimensionierung weiter zu bauen? Die laufenden Evaluierungen in Bau befindlicher Projekte sind auch unser Beitrag zum Einsparungsprogramm.

Report: Gibt es interne Widerstände gegen diese Redimensionierungen?
Schierhackl: Nein, denn wir sehen es nicht als unsere zentrale Aufgabe an, Straßen zu bauen. Wir sind ja kein Bauunternehmen. Vor allem darf der Straßenbau nicht zum Selbstzweck werden. Unser Ziel ist es, das Richtige zu bauen, in der richtigen Dimension. Wir freuen uns über die Projekte am meisten, die größten volkswirtschaftlichen Nutzen bringen, nicht über die größte Baustelle.

Report: Welches Zeugnis stellen Sie der Asfinag für die letzten Jahre aus?
Schierhackl: Ich möchte meinen Vorgängern gegenüber nicht unfair sein, Fakt ist aber, dass die letzten Jahre und Jahrzehnte vor allem planungstechnisch enorm schwierig waren. Die Ostöffnung hat verkehrstechnisch alles über den Haufen geworfen, was vorher Gültigkeit hatte. Da kann man im Nachhinein sicher festhalten, dass zu spät reagiert wurde. Den Ausbau der Ostverbindungen hätten wir sicher auch schon früher angehen können. Und diesen späten Baubeginn wollte man dann auch noch mit Überdimensionierungen kompensieren.

Report: Mit der bestehenden Infrastruktur sollten die nächsten Jahre aber gut zu bewältigen sein?
Schierhackl: Davon gehe ich aus. Natürlich wird es immer Ausnahmen und Nachjustierungen geben. Einen großen Nachholbedarf in Sachen Kapazität sehe ich aber nicht. Was uns allerdings fehlt, ist eine Bundesfernstraße als Bindeglied zwischen Landstraßen und Autobahnen. Die müssen nicht völlig kreuzungsfrei sein, da kann es auch einmal einen Bahnübergang geben. Diese Straßen gibt es per Definition leider nicht mehr. Diese Medium-Größe wäre in vielen Fällen ideal.

Report: Ist das Problem dabei der Finanzierungsschlüssel zwischen Ländern und Bund?
Schierhackl: Natürlich fehlt den Ländern jetzt das Budget, aber das ist eine Frage der Vereinbarung. Das Geld kann in Bundeshaftungen fließen oder den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Das ist natürlich kein kurzfristiges Projekt. Ich bin aber durchaus optimistisch, dass es mittel- und langfristig zu einer Umsetzung kommt. Das Burgenland hat es vorgemacht und einige Abschnitte in die eigene Hand genommen. Es macht ja keinen Sinn, wegen eines Bahnübergangs, wo einmal am Tag ein Güterzug vorbeikommt, eine Kreuzungsfreiheit herzustellen. Das kostet ein Heidengeld und wenn man Pech hat, ist die Bahnlinie bei Fertigstellung eingestellt.

Last modified onDonnerstag, 01 April 2010 14:13
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