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Im Porträt: Isabella Leeb

Vom Bauwesen direkt in die Politik – aus ihrer leitenden Tätigkeit in einer Wiener Baufirma wechselte Ing. Isabella Leeb 2008 zur Wiener ÖVP. Heute ist die leidenschaftliche Politikerin nichtamtsführende Stadträtin. Von Karin Legat.

Ich halte nichts davon, zuhause zu sitzen und mich zu ärgern, weil dies und jenes nicht funktioniert. Wenn ich die Möglichkeit bekomme, etwas zu verändern, dann mach ich’s. Das war meine Motivation für den Einstieg in die Politik.« Als nichtamtsführende Stadträtin hat Leeb zwar keine Ressortzuständigkeit, dafür übt sie eine wichtige Kontrollfunktion in den Bereichen Bildung, Jugend, Wissenschaft, Gesundheit, Integration und Frauen aus. Ihre eigentliche Berufung sieht die 43-Jährige aber im Wirtschaftsressort. »Ich bin als Unternehmerin in die Politik gekommen. Dieses unternehmerische Denken legt man nicht in dem Moment ab, in dem man ein politisches Amt übernimmt. Man sollte es zumindest nicht«, lacht sie. Zum Bauwesen hat sie in ihrer jetzigen Funktion keinen direkten Kontakt mehr. Ob ihr das leid tut? »Im Moment gibt es für mich zwei Funktionen, die mich voll ausfüllen. Ich bin ÖVP-Stadträtin in Wien und Vorsitzende des Ausschusses für Berufsausbildung in der Bundesinnung Bau. Da wird mir nicht langweilig.«

Erfolgsprojekt »Bau Deine Zukunft«
»Im Ausschuss Berufsausbildung haben wir in den letzten Jahren eine Reihe von Projekten sehr erfolgreich umgesetzt, u.a. die Lehrlingskampagne ›Bau Deine Zukunft‹. Wir wollten das Profil der Bauwirtschaft in der Öffentlichkeit schärfen und mehr qualifizierten Lehrlingen eine Ausbildung am Bau ermöglichen«, erzählt Leeb. Jedes Jahr fehlen der Bauwirtschaft rund 2.000 Lehrlinge – gleichzeitig suchen viele Jugendliche eine attraktive und sichere Lehrstelle mit guten Zukunftsaussichten. »Mit einem Maßnahmenpaket haben wir Wirtschaft, Eltern, Lehrkörper und Schüler auf regionaler Ebene vernetzt, mit Erfolg«, berichtet die Bau-Insiderin und verweist stolz auf die gestiegenen Lehrlingszahlen im Bauwesen 2009.

Zwei Jahre Hochbau-Kolleg als Startschuss ins Bauwesen
Angesprochen auf das Thema Bildung erinnert sich die Stadträtin an ihre eigene Schulzeit. Geprägt durch das im Bauwesen tätige Familienunternehmen entschied sich Leeb nach der wirtschaftlichen Ausbildung an einer HAK für ein zweijähriges HTL-Kolleg Hochbau. Abgeschlossen hat sie ihre Ausbildung mit der Baumeisterprüfung. »Es handelt sich um eine der herausforderndsten Konzessionsprüfungen, die es in Österreich gibt. Man muss ein großes Maß an Durchhaltevermögen mitbringen und eine Liebe für den Beruf«, betont Leeb. »Im Nachhinein gesehen war diese wirtschaftlich-technische Ausbildung für mich einfach optimal. Ich kann sie nur allen jungen Menschen empfehlen, die ins Bauwesen einsteigen möchten.« Ihre Liebe zum Bau spürt man bei Isabella Leeb nach wie vor. Mit Begeisterung erzählt sie etwa von einem jungen Architektenteam in Vorarlberg, das sich erst in das Leben der künftigen Hausbesitzer einlebt, um Bedürfnisse und Wünsche zu erfahren, um schließlich ein optimales Wohnergebnis präsentieren zu können. »Diese Herangehensweise ist top. Ich halte nichts davon, wenn sich Architekten allein verwirklichen wollen. Ein Gebäude kann nur Bestand haben, wenn es von allen seinen Benutzern angenommen wird«, lässt Leeb einen Blick in ihre Bauwelt zu. Sicheren Bestand bei der ÖVP-Stadträtin haben Opern. »Ich liebe die Werke von Giacomo Puccini und Jules Massenet. Es sind sehr emotionale Stücke. Die Oper ist für mich ein Ort zum Abschalten.« Entspannung findet die gebürtige Wienerin auch in den Bergen und am Meer. »An der Küste stehen und in die Weite blicken schafft Kraft und Energie.« Power, die sie rasch weitervermittelt – ihre bevorzugten Kommunikationsmedien sind Facebook und Xing. »Mein Freundeskreis wächst stündlich. Ich knabbere schon an der 2.000er-Marke. Ich möchte nicht behaupten, dass ich mit jedem persönlich befreundet bin, aber ich versuche, mit möglichst vielen Kontakt zu halten.«

73.500 Jobs im Wiener Baumarkt
Mehr Power möchte die Baumeisterin in der aktuellen Bauplanung in Wien sehen. »Es gibt enormes Potenzial, die Stadt unternimmt aber viel zu wenig. Sie tendiert sehr Richtung Neubau, vergisst dabei völlig, dass etwa allein für 3.500 Gründerzeithäuser Sanierungsbedarf besteht«, stellt Leeb fest. Dadurch ließen sich geschätzte 70.000 Arbeitsplätze sichern, nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern auch in vorgelagerten Bereichen. »Es ist ein unglaublicher Motor, der hier angeworfen werden könnte«, betont die Bauexpertin. Vernachlässigt werden auch Dachgeschoßausbauten. »Hier hat sich Wien in den vergangenen Jahren hinter der verschärften Erdbebennorm versteckt und das unglaubliche Potenzial an privaten Geldern ignoriert. Im Jahr könnten 150 Mio. Euro an privaten Investitionen lukriert und bis zu 3.500 Arbeitsplätze geschaffen werden«, betont Leeb. Baulichen Nachholbedarf sieht sie auch im Bildungswesen. »Nach wie vor fehlt ein Schulentwicklungsplan. In den letzten zwei Jahren hat die Stadt Wien 12,6 Mio. Euro in die Errichtung von Containerschulklassen gesteckt – das kann nicht die Lösung sein. Ich muss rechtzeitig erkennen, wo und wann ich bei einem Stadtentwicklungsgebiet Schulen brauche«, zeigt sie energisch auf, bevor sie zu letzten Vorbereitungsarbeiten für den am nächsten Tag stattfindenden Landesparteitag aufbricht.

Last modified onDonnerstag, 25 März 2010 10:22
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