Von Judith HögerlIch sitze vor einem Notebook, das via Mobiltelefon mit dem Internet verbunden ist und spiele Schach. Ich beherrsche das Spiel zwar nicht, aber die Tatsache, dass mein Gegner in Düsseldorf sitzt, meine immer verzweifeltere Miene über die Kamera verfolgen kann und aus dem Handylautsprecher deshalb nur Schmähungen zu vernehmen sind, beweist zweierlei: IMS (IP Multimedia Subsystem) funktioniert und ich bin schachmatt.Das vom 3GPP-Konsortium entwickelte IMS ist eine der Schlüsseltechnologien für die Mobilfunknetze der dritten Generation. Es ermöglicht Echtzeit-Kommunikation zwischen Einzelpersonen oder auch ganzen Gruppen. Innerhalb derselben Verbindung erlaubt es IMS, Sprach-, Daten- und Multimediakommunikation miteinander zu kombinieren und Daten gleichzeitig zu übertragen. Bernd Schmid, Vice President Northern Europe bei Ericsson, erklärt: “Für den Endkunden ergibt sich der Vorteil einer einfacheren und reicheren Kommunikation. Während bei der heutigen Kommunikation beispielsweise für Sprache, SMS, Instant Messaging oder MMS für jede Aktion eine neue Verbindung aufgebaut werden muss, erfolgt der Medienwechsel bei IMS in real time. Die Session muss nicht unterbrochen werden.”Chats mit Freunden oder Onlinegames machen Spaß. Noch interessanter allerdings ist, dass von IMS sowohl Privat- als auch Geschäftskunden profitieren. Das System ermöglicht neben den Applikationen wie Push-to-talk, Mobile-TV oder Videostreaming auch den gemeinsamen Zugriff auf Unternehmensdaten. Mit "WeShare", einer Entwicklung von Ericsson, können beispielsweise Nutzer beliebiger Endgeräte, ob Notebook oder Smartphone, miteinander kommunizieren, gemeinsam Daten bearbeiten und gleichzeitig darüber sprechen. Mit Hilfe eines virtuellen Flip-Chart lassen sich ganz reale Brainstormings veranstalten und mittels Bildbearbeitungstool werden zum Beispiel Grafiken ergänzt.Ob Sprache, Spiele oder Video - all diese Dienste generieren Daten. Datenübertragung verspricht verrechenbare Kosten für die Betreiber und somit steht fest, dass von IMS nicht nur der Endkunde profitiert. Im Laufe der Live-Demo mit Düsseldorf weist Dražen Lui, Direktor Network Development bei Ericsson immer wieder auf die menge der übertragenen Daten hin. “IMS sorgt für einen deutlich erhöhten Verkehr im Netz und das erhöht den Umsatz der Netzbetreiber. Ein kommerzieller Einsatz von IMS ist nur bei einer hohen Qualität möglich, deshalb müssen vielleicht einige Betreiber in ihr Netz investierten”, so Lui.Wesentlich für den Erfolg des Systems ist die Kommunikation über alle Kanäle in Echtzeit. Der Einsatz von HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) ab 2006 dürfte dieser Entwicklung dann einen ordentlichen Schub versetzen. Ebenso wichtig für den Erfolg von IMS wie die Infrastruktur und die Dienste werden die ersten Endgeräte sein, die Bernd Schmid in der zweiten Hälfte des Jahres erwartet, “sicher noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft”. IMS ist ein neues Kommunikationskonzept, das verschiedene Kommunikationswelten zusammenführt. “Die Einführung ist aber ein evolutionärer Prozess, der einige Jahre in Anspruch nehmen wird”, erwartet Schmid. Er schätzt auch, dass kommerzielle Netze 2006/2007 entstehen werden und sieht IMS als Massenmarkt erst 2008/2009 - wenn auch die entsprechenden Endgeräte vorhanden sind. Ebenfalls bemerkenswert: “IMS hat sowohl für Mobilfunkbetreiber als auch für Festnetzbetreiber hohe Relevanz und dann natürlich auch für den konvergenten Betreiber.”Den Netzbetreibern steht mit IMS eine skalierbare Plattform zur Verfügung, die ihnen bereits heute die Entwicklung künftiger Serviceangebote ermöglicht. IMS ist aber keine Demoversion kreativer Entwickler, sondern Teil etlicher strategischer Entscheidungen. Ericssons IMS-Lösung kann auf 28 Vertragsabschlüsse mit internationalen Fest- und Mobilfunknetzbetreibern verweisen. Sie alle, darunter Telefonica, Sprint oder Telia Sonera, werden die auf dem SIP-basierende Technologie schrittweise einführen und neben den neuen Umsatzfeldern auch von Kostenreduzierungen im Bereich Transmission, Gebäude sowie Operation & Maintainance profitieren. Das standardisierte IMS schafft einheitliche Kontrollprotokolle für Dienste und Zugangsnetzverwaltung. Es sei die beste Voraussetzung für kombinierte Dienste und “Always best connected” - das heißt, der Kunde hat immer den besten Zugang zum Netz. Während Netzbetreiber die Qualität ihrer Infrastruktur erhöhen und Hersteller an passenden Endgeräten werken (bitte ein großes Display!), bleibt mir noch ein wenig Zeit das Schachspiel zu erlernen.