EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, WKö-Präsident Christoph Leitl, Walter Boltz (E-Control-Geschäftsführer) und der oberste Wettbewerbshüter Walter Barfuß trafen kürzlich im Rahmen der Enquete »Europäische Energiemärkte - Wettbewerb auf dem Prüfstand« zusammen. Kroes betonte, dass ein offener europäischer Binnenmarkt für Energie zu den wesentlichen Schwerpunkten der europäischen Energiepolitik zähle. Der jüngste Wettbewerbsbericht der EU-Kommission zeigt diesbezüglich aber noch eine Reihe von Unzulänglichkeiten auf. »Ein effizienter europäischer Energiemarkt ist noch nicht Realität - das ist leider eine Tatsache«, meint Kroes. Im Gas- und Elektrizitätssektor gebe es noch zu viele nationale Monopole. Kroes stellte in diesem Zusammenhang Maßnahmen der Kommission gegen mangelnden Wettbewerb auf dem europäischen Energiesektor in Aussicht. Ebenso kündigte sie eine Reihe von Antitrust-Untersuchungen an. Kroes: »Wir werden uns auch die Preisfindungsmechanismen in den Großhandelsmärkten von Strom anschauen.« Generell sei der Trend zu Megafusionen großer Konzerne im Energiesektor nicht mehr zeitgemäß. Zusätzlich betonte Kroes, dass »es die Aufgabe der EU ist, die Bedingungen für einen offenen, liberalen Energiemarkt zu schaffen. Diesen zu erreichen ist mein Ziel.«Leitl kritisierte, dass »die Energiepreise in Europa viel zu hoch« seien. Alleine im vergangenen Jahr legten die Energiepreise um 13 Prozent zu. »Wenn Europa auf Wachstum und Beschäftigung für soziale, ökonomische und ökologische Sicherheit setzt, dann sind die hohen Energiepreise kontraproduktiv«, betont Leitl. In österreich sieht Leitl ein Potenzial für eine Strompreissenkung zwischen zehn und zwanzig Prozent. Um einen nachhaltigen Wettbewerb am Energiemarkt zu gewährleisten, forderte der WKö-Präsident mehr Rechte für den Regulator. In Richtung österreichische Stromlösung bzw. etwaiger Zusammenschlüsse meinte Leitl, dass er nicht grundsätzlich gegen das Zusammengehen von Energieunternehmen sei, solange dies der Effizienzsteigerung und damit der Preissenkung für die Kunden nütze. Eine Kooperation, die Wettbewerb behindere, sei aber abzulehnen.E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz schlägt zur Vermeidung starker Marktkonzentration die Zerschlagung großer Unternehmen oder die Schaffung integrierte Märkte vor. Letzteres sei realistischer. Boltz: »Es muss auch möglich sein, dass der Kunde seinen Strom aus einem anderen Land beziehen kann.« Im Gassektor ortet Bolz einerseits etliche ungenutzte Kapazitäten bei Gasleitungen und andererseits zu viele Langfristverträge bzw. Quasimonopole, die einen liberalen Gasmarkt hemmen und auch die sichere Versorgung behinderten. Hier sei eine effektive Regulierung für mehr Transparenz nötig. Als Vision sieht Bolz grenzübergreifende regionale Märkte mit einem lebhaften Wettbewerb im Energiesektor. Als Beispiel dafür, dass eine Wirtschaft für unvollständige Regulierung einen hohen Preis zahlen müsse, erwähnt Boltz, dass etwa die deutsche Haushalte und Kleinunternehmen heute um zwanzig Prozent höhere Energiepreise bezahlen müssten als in österreich, obwohl die Großhandelspreise und Beschaffungskosten in beiden Ländern gleich hoch seien und die Preise zu Beginn der Liberalisierung etwa gleich hoch waren.Der österreichische Generaldirektor für Wettbewerb Walter Barfuß gab zu bedenken, dass »es zwar nicht bloß Wettbewerbspolitik gibt, sondern z.B. auch Industriepolitik, Standortpolitik usw., dass aber all diese Politiken das Prinzip Wettbewerb nicht in den Hintergrund drängen dürfen«. Barfuß kritisierte, dass die Marktstrukturen und das heimische Marktverhalten im Energiebereich seit Jahren unverändert seien. »Echte Alternativen gibt es nicht, ausländische Anbieter sind noch unbedeutend und zur Zeit nur für Großkunden attraktiv«, bemerkt Barfuß. Der Zwischenbericht der Bundeswettbewerbsbehörde zum Energiemarkt zeige etliche Schwächen des heimischen Energiemarktes und damit Handlungsnotwendigkeiten für eine Belebung des Wettbewerbs auf. Es sei - auch in österreich - »noch ein schönes Stück Weges zu gehen«.