Nach den Sternen greifen
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Die Luxushotellerie in Österreich entwickelt sich prächtig. Vor allem in Wien schießen die Häuser der Luxusklasse wie Pilze aus dem Boden. Ende 2010 eröffnete das 5-Sterne-Hotel Sofitel Vienna Stephansdom, Februar diesen Jahres öffnete das 5-Sterne-Hotel Fleming’s Deluxe Hotel Wien-City in der Josefstadt seine Pforten. Das Design-Hotel Twenty Five Hours beherbergt seit März Gäste in seinen exklusiven Suiten. Viele weitere Luxusprojekte stehen kurz vor der Eröffnung: Das Palais Hansen an der Wiener Ringstraße soll bis 2012 in ein Luxushotel der Marke Kempinski umgebaut werden. Bis 2013 zieht das Hyatt am Hof und bis 2014 das Four Seasons in der Riemergasse im ersten Bezirk ein. »Die Möglichkeiten im 4- bis 5-Sterne-Segment sind sicher noch nicht ausgeschöpft«, meint Nina Pavicevic vom österreichischen Fachverband Hotellerie. Genauso würden aber auch immer mehr Low-Budget-Hotels eröffnen.
>> Harmonisierung der Kriterien <<
Seit September ist das Hotel Palais Coburg neben dem berühmten Hotel Sacher das zweite 5-Sterne-Superior-Haus in Wien. Österreichweit gibt es gerade mal zehn Hotels, die sich mit der höchsten Auszeichnung der Hotelklassifizierung schmücken können. 157 österreichische Hotels erfüllen die Kriterien der darunter liegenden Kategorie 4-Sterne-Superior. Insgesamt sind etwa 75 Prozent aller Hotels und etwas über 50 Prozent aller Beherbergungsbetriebe in Österreich nach dem System der Hotelsterne klassifiziert. Die österreichische Hotelklassifizierung ist Teil der Hotelstars Union, die 2010 unter der Schirmherrschaft von HOTREC – Hotels, Restaurants & Cafés in Europa – von den Hotelverbänden aus Österreich, Deutschland, Schweden, den Niederlanden und der Schweiz gegründet wurde.
21 HOTREC-Prinzipien und ein Kriterienkatalog zur Hotelstern-Vergabe werden bei der Erstellung und Überarbeitung der verschiedenen Klassifizierungssysteme der Mitgliedsländer herangezogen. »Wir wollten die Kriterien harmonisieren, um dem Gast das Ganze transparenter zu machen und Orientierung zu bieten. So kann der Kunde, wenn er in den Mitgliedsländern der Hotelstars Union in ein 4-Sterne-Hotel geht, dasselbe erwarten«, erklärt Pavicevic. »Als geschützte Marke haben die Hotelsterne einen wirklichen Wert für den Hotelier.« Dieser könne das Sterneemblem für Werbezwecke verwenden und in verschiedensten Bewertungsportalen anführen.
>> Feine Unterschiede <<
Damit ein Hotelbetrieb überhaupt in die Klassifizierung aufgenommen werden kann, muss dieser gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen. Die Sauberkeit und ein hygienisch einwandfreies Angebot des Betriebes sind dabei ein erstes Kriterium. Als zweites Kriterium gilt der Erhaltungszustand eines Hauses. Dabei ist es wichtig, dass die Einrichtung und Ausstattung eines Hotel funktionstüchtig und in mangelfreiem Zustand sind und kein erkennbarer Renovierungs- und Investitionsstau herrscht. Drittens ist schließlich auch der Gesamteindruck eines Hauses entscheiden. »Der Gesamteindruck des Hotels muss je nach angestrebter Sterne-Anzahl entsprechend einfachen oder gehobenen Ansprüchen genügen«, so Pavicevic. Das österreichische Klassifizierungssystem besteht aus 270 Kriterien, die sich aus einem Mix aus zu erfüllenden Mindestkriterien, einer Mindestpunkteanzahl und Zusatzpunkten zusammensetzen. Während im 1-Stern-Bereich nur 44 Mindestkriterien zu erfüllen sind, gelten im 5-Sterne-Bereich 120 Mindestkriterien. Durch das Sammeln von Zusatzpunkten können die Betriebe in die Kategorie »Superior« aufsteigen. Diese Zwischenstufen stehen für ein deutliches Plus an Dienstleistung. Der Service eines Doorman und Wagenmeisters ist für ein 5-Sterne-Haus verpflichtend, ein 4-Sterne-Haus kann sich durch das Angebot dieses Services Zusatzpunkte verdienen.
Mindestkriterium für alle Sterne-Kategorien ist beispielsweise das Vorhandensein eines Handtuchs pro Person am Zimmer, Hausschuhe und Bademantel müssen dem Gast nur in einem 5-Sterne-Haus unbedingt zur Verfügung stehen. Die Hotels des 4- und 5-Sterne-Segments trennen vor allem feine Unterschiede im Dienstleistungsbereich. Ist ein 24-Stunden-Speiseangebot als Roomservice in einem 5-Sterne-Hotel wie dem Hotel Imperial in Wien Pflicht, muss ein 4-Sterne-Hotel wie das Hilton am Stadtpark diesen Service nur bis 22 Uhr anbieten. In einem 5-Sterne-Haus muss die Wäsche eines Gastes innerhalb einer Stunde frisch gebügelt am Zimmer sein, ein 4-Sterne-Haus kann sich dafür 14 Stunden Zeit lassen.
>> Regelmäßige Überarbeitung <<
Die Kriterien der Hotelklassifizierung werden alle fünf Jahre überarbeitet. Dabei werden stets auch die Ergebnisse von Gästebefragungen mit einbezogen. »Das Ergebnis der letzten Befragung zeigte, dass viele Gäste bei der Hotelbuchung auf die Sterne achten. Das ist natürlich auch ein Anreiz für den Hotelier, sich klassifizieren zu lassen«, so Pavicevic. Ebenso hätte die Befragung ergeben, dass Hotelgäste viel Wert auf einen hohen Schlafkomfort legen. Diese Tatsache sei dann in der Überarbeitung durch Kriterien wie Matratzentiefenreinigung und Matratzenbezüge eingebaut worden. Das seien zwar keine Pflichtkriterien, aber es gebe sehr viele Punkte dafür. Damit werde versucht, die Hoteliers anzuspornen, in diese Richtung etwas zu tun.
>> Verlust eines Sterns <<
Im Rahmen des Klassifizierungsverfahrens überprüfen Kommissionen vor Ort die Hardware, also die Ausstattung des Hotels. Im 3- bis 5-Sterne-Superior- und im 5-Sterne-Bereich werden der Service und die Dienstleistung des Hauses zusätzlich mittels eines Mystery-Guestings getestet. Bereits kategorisierte Betriebe werden regelmäßig alle zwei bis fünf Jahre überprüft. Wenn über längere Zeit hinweg keine Investitionen getätigt wurden und die Kriterien somit nicht mehr erfüllt werden können, ist es für ein Hotel prinzipiell auch möglich, einen Stern wieder zu verlieren. »Natürlich wollen wir unseren Mitgliedern nichts Schlechtes und so etwas passiert auch eher sehr selten. Aber es kann schon vorkommen, denn sonst wäre es den anderen Mitbewerbern gegenüber unfair«, betont Pavicevic. Vor dem tatsächlichen Verlust eines Sternes bekomme ein Betrieb dann aber Auflagen über Reparaturen, Renovierungen und Erweiterungen, die für den Verbleib in der Sterne-Kategorie innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zu erfüllen seien.
>> Definition der Sterne-Kategorien:
> *: Einfache Ausstattung, sehr preisbewusste Gästeschicht, die vor allem die Nächtigungsleistung sucht.
> *-Superior: Ein »Mehr« an Hardware und/oder Dienstleistung bei »Nichterfüllung« der Mindestkriterien für die nächst höhere Kategorie.
> **: Zweckmäßige Ausstattung mit Komfort, preisbewusste Gästeschicht, die neben der reinen Nächtigung auch ein eingeschränktes Angebot (TV, Getränke etc.) sucht.
> **-Superior: Ein »Mehr« an Hardware und/oder Dienstleistung bei »Nichterfüllung« der Mindestkriterien für die nächst höhere Kategorie.
> ***: Gehobene und einheitliche Ausstattung mit wohnlichem Charakter. Gästeschicht mit Ansprüchen über die reine Nächtigungsleistung und bescheidenen Komfort hinaus. Gehobenes Dienstleistungsangebot.
> ***-Superior: Superior steht – auf Basis einer sehr guten, gehobenen und zeitgemäßen Hardware im gesamten Betriebsbereich – für ein deutliches »Mehr« an Serviceangebot und Dienstleistung, qualitätsgeprüft durch einen Mystery-Guest-Check.
> ****: Erstklassige Ausstattung, d.h. großzügige Raumflächen mit qualitativ hochwertiger, zeitgemäßer Ausstattung, guter Schallschutz. Vor allem in der Ferienhotellerie oft umfangreiches betriebliches Angebot (Wellness, Sport, Gastronomie, Seminareinrichtungen) sowie hohes Dienstleistungsniveau.
> ****-Superior: Superior steht – auf Basis einer erstklassigen, qualitativ hochwertigen, makellosen und zeitgemäßen einheitlichen 4*-Hardware im gesamten Hotelbereich – für ein deutliches »Mehr« an Dienstleistung, qualitätsgeprüft durch einen Mystery-Guest-Check.
> *****: Exklusive, luxuriöse Ausstattung, d.h. edle, hochwertige und elegante Materialien mit durchgängiger Gestaltung. Architektur, Ausstattung, Ambiente, Dienstleistungsangebot wie auch Gästeschicht der internationalen Luxushotellerie.
> *****-Superior: Superior steht hier – auf Basis einer luxuriösen, qualitativ hochwertigen, edlen, makellosen und zeitgemäßen durchgängigen Hardware – für ein deutliches »Mehr« an Serviceleistung und Dienstleistung, qualitätsgeprüft durch einen Mystery-Guest-Check.