Unterschätzte Herausforderung
- Written by Redaktion_Report
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(+) plus: Outsourcing und Konzentration auf das Kerngeschäft sind prägende Schlagworte der Gegenwart. Profitieren davon jene Dienstleister, die sich um den Betrieb von Immobilien kümmern?
Schenk: Zunächst einmal ist zu hoffen, dass der Kunde davon profitiert. Darüber hinaus geben Outsourcing-Projekte der Branche sicher wichtige Wachstumsimpulse. Nimmt man das Wort »profitieren« allerdings ernst, so ist immer die kritische Frage nach der Vereinbarkeit der konträren Interessen zwischen dem Kunden und dem FM-Unternehmen zu stellen. Denn der eine will Kosten sparen - der andere will und muss Gewinne machen. Eine schwierige Aufgabenstellung, die ein professionelles FM-Unternehmen aber mit guter Vorbereitung durchaus lösen kann.
(+) plus: Facility Management wurde lange Zeit unter dem Motto »je billiger, desto besser« verkauft. Die Folgen sind bekannt: Unzufriedene Kunden tauschen ihre Dienstleister häufig aus und kehren manchmal sogar zur Eigenbewirtschaftung zurück. Hat Ihre Branche Fehler begangen?
Schenk: Ja, natürlich. Insbesondere unterschätzen nach wie vor viele »Newcomer« die Herausforderung der Aufgabenstellung. Und das ist jetzt keine protektionistische Ansage für die etablierten Dienstleister mit entsprechenden Referenzen. Und hier tritt meiner Einschätzung nach sehr schön nachvollziehbar ein allgemein gültiges Marktphänomen hervor: Die neuen, oft auch kleinen Unternehmen argumentieren aus ihrer Sicht zu Recht damit, dass sie sich einmal eine Referenz »vom Markt holen müssen«, weil sie ja sonst nie in die Lage kommen könnten, zu einem etablierten FM-Unternehmen aufzusteigen. Diese Ansicht mag für das Produktgeschäft richtig sein - im meist langjährigen Dienstleistungsgeschäft geht diese Position aber fast immer zum Nachteil der Kunden aus. Denn die Qualität eines Produktes erkennen Sie in kürzester Zeit - Fehler im FM haben aber oft Langzeitcharakter!
(+) plus: Welche Leistungen können externe FM-Anbieter erbringen, die nicht von einer unternehmenseigen Abteilung auch erfüllt werden können?
Schenk: Grundsätzlich kann jedes Unternehmen alle FM-Leistungen auch in eigener Wertschöpfung erbringen. Es stellt sich in der Regel nur rasch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit dieses Vorhabens. Und auch der mentale Zugang zur Aufgabenstellung ist wichtig: Es ist für die Performance und die Qualität des Dienstleisters in der Regel nicht gleichgültig, ob er Unternehmer oder Kostenstelle ist. Wo die Eigenleistung oft rasch in die Defensive kommt, ist in den Bereichen der Kapazität (Puffer für Urlaub und Krankenstand), Skills und deren Weiterentwicklung, sowie im Bereich der Prozesse und der Tools. Aber keine Frage: Ich habe schon eine Reihe sehr professioneller Eigenleister kennen gelernt, von denen mancher FM-Unternehmer eine Menge lernen könnte.
(+) plus: Die steigenden Energiekosten bringen zunehmend den Begriff der Nachhaltigkeit in die Immobilienbranche. Sehen Sie einen Trend zu effizienteren Immobilien?
Schenk: Leider nur sehr selten, obwohl dieses Verhalten den Grundprinzipien der Logik widerspricht. Gerade langfristige Investoren müssten ein großes Interesse daran haben, lifecycle-cost-orientierte Immobilien im Portfolio zu haben, weil nur diese letztlich wettbewerbsfähig sein werden. Und wenn man Begriffe wie »mündelsicher« verwendet, dann sollte man sich nach diesen Kriterien richten. Aber scheinbar haben die Kapitalmärkte und ihre Player manchmal andere Spielregeln
(+) plus: Immobilien-Aktiengesellschaften denken vielfach in Quartalen - Nachhaltigkeit hat für die Akteure kaum Relevanz. Wie steht es Ihrer Ansicht nach um Immobilieneigner, die Gebäude mit öffentlichem Geld errichten und betreiben?
Schenk: Eine heikle Frage, weil der Umgang mit Steuergeldern immer nach größter Sorgfalt verlangt. Aber auch hier eine ehrliche Antwort: Da könnte noch einiges nachgeholt werden, wobei das jetzt keine Schuldzuweisung an die im öffentlichen Bereich agierenden Unternehmen sein soll. Denn schließlich hat man ihnen oft auch aus Personaleinsparungsgründen das nötige Fachpersonal entzogen und damit die Möglichkeit genommen, die Dinge fachlich beurteilen zu können. Ein Effekt, der übrigens auch in der Privatwirtschaft immer häufiger auftritt: das Fehlen von Fachkompetenz! Dieses bewirkt aber langfristig das Versagen des Marktmechanismus, da die Selbstregulierungskräfte des Marktes - schlechtes Angebot wird eliminiert - nicht mehr funktionieren. Und der Dumme ist danach wieder der Kunde.
(+) plus: Bei Großprojekten werden üblicherweise extrem penible Leistungsverzeichnisse erstellt. Lassen sich mit solchen Ausschreibungen wirklich alle Eventualitäten des Gebäudemanagements erfassen und Streitpunkte ausklammern?
Schenk: Leider nein.Es gibt eine Reihe sehr ambitionierter Versuche dieser Herausforderung beizukommen - allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen. Einerseits führt ein zu hoher Detailierungsgrad dazu, dass jeder Position ein Preis gewidmet wird, den sie de facto gar nicht mehr hat. Wie soll z.B. der Blick auf einen Zählerstand bewertet werden? Viele FM-Prozesse sind eben eine Gesamtheit, die nicht geteilt bewertet werden kann. Und zu viele Positionen führen zwangsläufig in der Summierung zu einem tendenziell höheren Preis. Andererseits führen zu wenige Positionen in der Regel zu großen Spielräumen die interpretierbar sind und letztlich im Fall einer juristischen Auseinandersetzung in Gutachterorgien ausarten. Der Idealfall wäre, dass der angestrebte Service-Level in einer Fachdiskussion mit dem Kunden vor der Ausschreibung festgelegt wird. Durch diese Beratung - die ja auch mit mehreren Bewerbern stattfinden kann - wird letztlich relativ objektiv geklärt, was der Kunde wirklich will und vor allem braucht!
(+) plus: Der Architekt plant, der Facility Manager optimiert. Schon lange Zeit wird über das Zusammenwachsen von Planung und Facility Management philosophiert. Gibt es schon Ansätze, die zeigen, dass eine Kooperation zwischen Architekten und Facility Managern tatsächlich Nutzen bringt?
Schenk: Das erste Statement sehe ich nicht ganz so - oder wie wollen Sie eine an der richtigen Stelle fehlende Türe optimieren? Ich kann Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung in drei ansatzweise nach dem Lifecycle-cost-Prinzip abgewickelten Projekten bestätigen, dass hier wirklich viel Geld geholt werden kann. Denn vergessen Sie nicht den Zeitfaktor als Multiplikator! Und den sollten Sie zumindest größer acht ansetzen!Ein Beispiel: Der Planer schreibt in seiner GU-Ausschreibung Fernwärme aus, weil ein Fernheizwerk in unmittelbarer Nähe steht und sich diese Lösung daher förmlich aufdrängt. Das weiß aber auch der Fernwärmeerzeuger! Der Facility Manager holt in Folge seiner Funktion entsprechend vor Publikation der Ausschreibung das Angebot des FW-Versorgers ein und vergleicht dieses mit der alternativen Eigenproduktion mit dem Ergebnis eines 30%-Preisabstandes, den die Mieter über die Betriebskosten zu tragen gehabt hätten und der möglicherweise für manche Mieter ein Grund gewesen wäre, nicht anzumieten. Auch hier hätte es keine spätere »Optimierung« durch den FM mehr geben können. Wer wirklich lifecycle-cost-optimiert bauen will, sollte die Planung und die Ausschreibungen vor Publikation durch den FM prüfen lassen und die nachfolgende Ausführung durch den FM mit Sitz und Stimme begleiten lassen.