Menu
A+ A A-

Börsenstars im Visier der Finanzhaie

Der Griff des britischen CVC-Fonds nach dem Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm legte die verwundbare Flanke der Privatisierung der einstigen verstaatlichten Industrie und der Industriefirmen der früheren Staatsbanken offen. Hervorgegangen sind nämlich Unternehmen, deren Aktien mehrheitlich oder jedenfalls wesentlich im (unbekannten) Streubesitz verteilt sind und damit über die Börse aufgekauft und vom Ausland aus beherrscht werden können. Dazu gehören Andritz (72 % Streubesitz), Austrian Airlines (48 %), OMV (ca. 50 %), Post (49 %) und Wienerberger (100 % Streubesitz). Semperit (zu 54 %), Porr Bau (45 % der Stammaktien), Imperial Hotels (52,1 %) und Lenzing (87,9 %) befinden sich zwar (noch) im überwiegend mehrheitlichen Besitz der B&C-Holding der B&C Privatstiftung, in die sie vom einstigen Mehrheitseigentümer BA-CA ausgelagert wurden. Doch halten sich die Gerüchte an der Börse, dass die Stiftung einige Beteiligungen abstoßen will.
Bei RHI beträgt der Streubesitz 95 % und bei Zumtobel 65,9 %. Auch der Voestalpine-Stahlkonzern »neu« mit einem Umsatz von 10-11 Mrd. EUR und 40.000 Beschäftigten ist keineswegs gegen übernahmeversuche gefeit, da sich 59 % der Aktien im Streubesitz befinden. Außerdem ist er jetzt erst recht in eine für internationale Fonds interessante Dimension hineingewachsen, in der kein österreichischer Investor mehr mitspielen kann. Die Kurse aller genannten Aktien steigen derzeit mehr oder weniger stark. Wesentliche Beteiligungen weiterer einschlägiger ausländischer Fonds wurden aber vorerst nicht öffentlich bekannt. Doch seit dem Auftreten von CVC sehen sich die Vorstände der österreichischen börsennotierten Top-Unternehmen einer neuen Macht gegenüber, die ihnen das Leben schwer machen könnte. Anschauungsunterricht über die dabei angewandten Praktiken erteilen die Fonds täglich in Deutschland.
Dort haben Banken und Versicherungen ihre Industriebeteiligungen zum Großteil verkauft. Nur noch wenige Konzerne sind durch starke Familienaktionäre oder Stiftungskonstruktionen geschützt. Unternehmen wie DaimlerChrysler oder Adidas sind zu 90 % und mehr in Streubesitz.
Eines der Opfer ist im Moment das deutsche Fotoentwicklungsunternehmen CeWe Color. Wie Blutegel haben schon vier Hedgefonds insgesamt 25 % des Aktienkapitals über die Börse aufgesaugt. Darunter die drei US-Investoren Guy Wyser-Pratte/New York, Marcap Inves­tors/New York (10,5 %; früher M2 Capital Management) und K Capital Partners/Boston. Die Hedgefonds haben die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung erzwungen, auf der am 26. April ein Machtkampf stattfinden wird. Davor ging es Schlag auf Schlag. Obwohl der Aufsichtsrat mit 1,20 Euro je Aktie trotz schmälerer Gewinne eine aktionärsfreundliche Dividende auf Vorjahresniveau beschlossen hatte, forderten die Finanzhaie mit Blick auf die vergleichsweise üppige Eigenkapitalquote von 41,5 % eine kreditfinanzierte Sonderausschüttung von bis zu 120 Mio. Euro. Weil sich Firmenchef Hollander wegen des hohen Investitionsbedarfs dagegen wehrte, wurde ihm umgehend öffentlich Misswirtschaft vorgeworfen und seine Ablösung verlangt.

>> übernahmeboom <<

Hunderte meist amerikanische und britische Hedge- und Private Equity-Fonds tummeln sich auf den internationalen Kapitalmärkten, um schnelles Geld zu machen. Private-Equity-Firmen, also die vom früheren deutschen Bundesarbeitsminister Franz Müntefering beschworenen »Heuschrecken« wie Blackstone oder Bain Capital, müssen den gewaltigen Mittelzufluss - allein in den USA und in Europa dürften es 2006 mehr als 200 Milliarden Dollar gewesen sein - Gewinn bringend platzieren. Die Gelder stammen nicht nur aus Europa und den USA, sondern zunehmend auch aus Brasilien, Indien, China und dem Nahen Osten. Bei kreditfinanzierten übernahmen (Leveraged Buyouts) ist ein Private-Equity-Investor in der Regel lediglich mit 20 und 30 Prozent Eigenkapital dabei. Die übrigen 70 bis 80, in Einzelfällen auch 90 % des Kaufpreises sammelt der Investor bei Kreditgebern ein und brummt die Schulden anschließend dem übernommenen Unternehmen auf.

More in this category: « Neue Wege Haustankstelle »
back to top