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Anhaltend in Schieflage

\"Knapp neun Jahre nach der öffnung der Telekommärkte in österreich gibt es noch immer Bereiche, die von einem nachhaltigen Wettbewerb weit entfernt sind\", so Jan Engelberger, Geschäftsführer des Verbandes Alternativer Telekomnetzbetreiber (VAT). Der VAT hat im Rahmen des 11. VAT-Forums speziell auf jene Teilmärkte aufmerksam gemacht, \"die nach wie vor kaum vom Wettbewerb profitieren konnten.\" Während sich im Bereich der Mobiltelefonie der Wettbewerb recht gut etabliert hat, sind nach Ansicht der alternativen Telekomnetzbetreiber vor allem die Festnetzzugangsmärkte und der Breitbandsektor weit von nachhaltigem Wettbewerb entfernt. Bei ersterem hält der Ex-Monopolist noch immer rund 95 Prozent Marktanteil, während zum Beispiel in Finnland bereits knapp zwölf Prozent der Leitungen entbündelt sind.

Auch die Situation am Breitbandmarkt ist dem VAT zufolge unbefriedigend: im DSL-Bereich, der für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung wesentlich ist, werde den alternativen Netzbetreibern ein gleichberechtigter Zugang zu der aus Monopolzeiten stammenden Infrastruktur (Kupferleitungen) verwehrt. So hätte sich die Telekom Austria in den letzten Jahren mit circo 67 Prozent Anteil bei DSL-Endkundenanschlüssen neuerlich eine marktbeherrschende Stellung sichern können. \"Wegen fehlenden Wettbewerbs fällt österreich auch bei der Breitbandpenetration schon hinter den EU-Durchschnitt zurück\", so der VAT in einer Aussendung.

Inkonsistenzen in der Entgeltregulierung. Eine der Ursachen für die schlechte Situation sieht Engelberger in der Schieflage zwischen regulierten Vorleistungs- und Endkundenpreisen der TA. Grund genug, eine Studie zum Thema \"Kostenrechnung und Entgeltregulierung auf den österreichischen Telekommunikationsmärkten\" in Auftrag zu geben, die die Entscheidungen des Regulators sowohl untereinander als auch über die Zeit überprüfen sollte. Diese kommt zum Ergebnis, dass durch die Anwendung unterschiedlicher Kostenrechnungsmodelle bzw. die änderung darin enthaltener Parameter der faire Wettbewerb beeinträchtigt wird. Studienmitautor Ernst-Olav Ruhle von Piepenbrock Schuster Consulting bestätigte in seinen Ausführungen, dass sowohl im zeitlichen Verlauf als auch bei den regulierten Telekommunikationsangeboten auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette Inkonsistenzen auftreten.

Ausgleich aus Universaldienstfonds. Ebenfalls Teil der Studie war das Thema Kostenrechnung und Universaldienst. Dabei kommt Ruhle zum Ergebnis, dass die diversen Entgeltgenehmigungen eine etwaige Kostenunterdeckung bereits ausschließen. Die Tarife der Telekom Austria werden schließlich von der Regulierungsbehörde nur genehmigt, wenn die dabei anfallenden Kosten durch die Einnahmen aus den Entgelten - Endkunden- und Vorleistungspreise - entsprechend gedeckt sind. \"Das bedeutet schlussendlich, dass die Telekom Austria keinen weiteren Anspruch auf Kostenersatz aus dem Universaldienst haben kann, da es sonst zu einer doppelten Abgeltung käme\", erklärte der Studienautor zum Thema.

\"Die Studienergebnisse bestätigen, dass gewisse Entscheidungen der Regulierungsbehörde aufgrund unterschiedlicher angewendeter Modelle und Parameter für die alternativen Anbieter nur schwer überprüfbar und nachvollziehbar sind. Deshalb ist es wichtig, dass die Regulierungsbehörde bei künftigen Entscheidungen das zugrunde liegende Kostenrechnungsmodell transparent macht und änderungen auch mit den entsprechenden Begründungen untermauert\", kommentierte Jan Engelberger die Resultate. In Richtung Politik empfahl der VAT-Geschäftsführer, bei der nächsten Novellierung des Telekomgesetzes ein entsprechendes Konsistenzgebot einzuführen bzw. klare Leitlinien vorzugeben, unter welchen Marktgegebenheiten welche Kostenrechnungsmethode zur Anwendung zu kommen hat.

Funktionale Trennung der Infrastruktur. Anne Heal, Managing Director bei Openreach, einer Tochter der British Telecom Group, berichtete im Rahmen des VAT-Forums über die Erfahrung einer funktionalen Trennung von Infrastruktur- und Dienstebetrieb. Beim britischen Modell wird das lokale Anschlussnetz von einer organisatorisch und funktionell unabhängigen Gesellschaft betrieben und vermarktet. Durch diese operative Loslösung wird sichergestellt, dass alle Wettbewerber gleiche Zugangsbedingungen zur Infrastruktur erhalten und damit einem Großteil der Streitigkeiten der Boden entzogen wird. \"Das britische Modell ist ein internationales Vorzeigeprojekt, wie fairer Wettbewerb funktionieren kann. Auch wenn das Modell hierzulande nicht 1:1 übertragbar wäre, ist es doch höchste Zeit, über neue und innovative Ansätze zu diskutieren. Vor allem in jenen Bereichen des Telekomsektors, die bis dato rückläufigen bzw. überhaupt keinen Wettbewerb aufweisen, könnte dieser durch neue Initiativen deutlich verbessert werden\", stellte Engelberger abschließend die Forderung in den Raum, das britische Modell als Diskussionsgrundlage für eine Belebung des Wettbewerbs am Telekomsektor heranzuziehen.

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