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Was bringt Exzellenz?

Der Wittgenstein-Preis, die höchste österreichische Auszeichnung für Grundlagenforschung, ist zehn Jahre alt. Gefeiert wurde in der \"Alten Aula“ mit einer Leistungsschau, in deren Rahmen die Wittgensteinpreis-Träger ihre Forschungsarbeiten der Bevölkerung präsentierten. Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zum Thema \"Exzellenz-Forschung - was bringt sie?“. Unter der Leitung von Elke Ziegler, ORF Science, diskutieren die ehemaligen Wittgenstein-Preisträger Ruth Wodak (Sprachwissenschafterin) Renée Schröder (Biochemikerin) und Walter Schachermayer (Finanzmathematiker) sowie der aktuelle Preisträger Hannes-Jörg Schmiedmayer (Quantenphysiker).

Elke Ziegler: Wie lässt sich der Begriff der Exzellenz definieren?
Ruth Wodak: Der Begriff der Exzellenz ist immer mit Schlagwörtern wie Innovation und Kreativität verbunden. Es geht immer um das Einzigartige, das Herausragende. Die konkrete Feststellung von Exzellenz ist aber ungleich schwieriger als die Definition. Vor allem in den Sozial- und Kulturwissenschaften braucht es qualitative Formen der Evaluierung, denn die üblichen Messverfahren greifen hier ins Leere. Eine Möglichkeit ist sicher das Feedback auf Veröffentlichungen. Der Response der Community ist für die Feststellung von Exzellenz von großem Stellenwert.
Walter Schachermayer: In den Naturwissenschaften, etwa in der Mathematik, ist die Feststellung von Exzellenz sicher einfacher als in den Sozial- und Kulturwissenschaften. Da geht es um richtig oder falsch, das lässt sich feststellen.

Elke Ziegler: Wie kann man Exzellenz fördern?
Renée Schröder: Um Exzellenz zu fördern, muss man Exzellenz erkennen. Neben Eigenschaften wie Kreativität, Fleiß und Durchhaltevermögen zählen auch noch andere Faktoren: Etwa die Begeisterung, eine gewisse Form der inneren Unruhe, natürlich das Wissen aber auch experimentelles Geschick und, was oft unterschätzt wird, auch Kommunikationstalent. Denn ein zentraler Anspruch an die Exzellenz ist, sich mit einfachen Mitteln verständlich machen zu können. Wenn es darum geht, exzellente Nachwuchsforscher zu erkennen, braucht man aber auch eine Portion Glück. Man kann sich nicht auf eine Reputation verlassen, denn Nachwuchsforscher haben in der Regel ja noch nichts publiziert. Man kann aber auch schon in früheren Jahren Exzellenz fördern. Ich halte nichts davon, dass in Schulen immer nur versucht wird, die Schwächen der einzelnen Schüler zu kompensieren. Es wäre doch viel sinnvoller, die Stärken hervorzuheben und weiter zu stärken. Auf die Schwächen kann man meines Erachtens getrost verzichten.
Hannes-Jörg Schmiedmayer: Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist eine der zentralen Aufgaben und hängt sehr stark von den handelnden Personen ab. Exzellenz darf nicht an Nationalität gebunden sein. Man kann nicht Internationalität fordern, ohne selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Wichtig sind die Perspektiven, die man Forschern bieten kann. Da hat österreich einiges an Aufholbedarf.

Elke Ziegler: Wie war ihr persönlicher Weg zur Exzellenz?
Walter Schachermayer: Ich bin ein eher untypischer Fall, aber wahrscheinlich ist ohnehin jeder Fall untypisch. Ich habe BWL und nebenbei Mathematik studiert. Die Mathematik habe ich lange Zeit als Antithese zur Wirtschaft gesehen, bis mir ein Wahrscheinlichkeitstheoretiker von einem Artikel erzählt hat, der die Anwendbarkeit der Mathematik an der Börse behandelte. Ich war äußerst skeptisch, wollte der Sache aber auf den Grund gehen. Als ich den Artikel las, erkannte ich einen Fehler. Nachdem ich eigene Berechnungen anstellte, musste ich feststellen, dass die Ausführungen doch korrekt sind, und war ehrlich gesagt verblüfft. Damit ist die Lust an der Mathematik so richtig erwacht und ich habe mich dem bereich zugewandt, in dem ich noch heute tätig bin.

Elke Ziegler: Wie bewerten Sie die Grundlagen für Spitzenforschung in österreich?
Hannes-Jörg Schmiedmayer: Die Grundlagen für Spitzenforschung sind sicherlich gegeben. Man muss aber schon die internationalen Relationen sehen. Ganz österreich entspricht einem Fünftel von Tokio. In österreich soll und muss man die Spitzenforschung an einzelnen Personen aufhängen. Es gibt viele exzellente Forscher in verschiedensten bereichen. österreich bietet eine sehr hohe Lebensqualität und mit Forschungsförderungsprogrammen auch gute Rahmenbedingungen für Forschung. Als Wittgenstein-Preisträger hat man es natürlich finanziell deutlich einfacher. Durch den Preis ist die Kriegskassa erst einmal gefüllt. Wenn jetzt ein Nachwuchsforscher mit einer guten Idee kommt, kann ich ihn erstmals in Ruhe arbeiten lassen, ohne ständig die Finanzen im Hinterkopf zu haben.

Elke Ziegler: Ein immer wiederkehrendes Thema ist das Spannungsverhältnis zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Ihre Meinung dazu?
Renée Schröder: Die angewandte Forschung würde ohne Grundlagenforschung bald austrocknen. Aber man braucht natürlich einen langen Atem, denn der übergang von Grundlagenforschung in angewandte Forschung dauert Jahre.
Walter Schachermayer: Ich halte generell nicht sehr viel von der dogmatischen Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Die Finanzmathematik ist das beste Beispiel dafür, dass aus der Grundlagenforschung ohne große Umwege angewandte Forschung werden kann. Außerdem hat schon Ludwig Boltzmann gesagt: \"Das praktischste überhaupt ist eine gute Theorie.“

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