Schöne, neue Werbewelt
- Written by Redaktion_Report
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Auch für das europäische Fernsehpublikum könnten die Zeiten fest verankerter Werbezeiten bald der Vergangenheit angehören. Die Europäische Kommission hat \"eine rasante Entwicklung der Technik und Märkte im audiovisuellen Bereich“ erkannt und darauf reagiert. Ein Vorschlag zur Neufassung der aus dem Jahr 1989 stammenden Richtlinie \"Fernsehen ohne Grenzen“ soll weniger Regulierung für europäische Fernsehanstalten und mehr Flexibilität bei der Werbung schaffen.
Werbung über alles?
Die Europäische Kommission - oftmals als Sinnbild überbordender Bürokratie strapaziert - fordert in Bezug auf Fernsehwerbung den Abbau der selbigen. Sie empfiehlt flexiblere Vorschriften für neue Formen der Werbung und eine verstärkte Selbst- und Mitregulierung. Anstelle der überaus detaillierten Vorschriften darüber, wie oft und unter welchen Voraussetzungen ein Programm durch Werbung unterbrochen werden darf, soll die neu gefasste Richtlinie die Regeln vereinfachen. Geht es nach den Vorstellungen der Kommission sollen Fernsehanstalten künftig selbst entscheiden können, wann sie Werbung in ihr laufendes Programm einspielen wollen. Derzeit müssen zwischen den Werbeblocks mindestens 20 Minuten liegen. Diese Beschränkung soll künftig nicht mehr gelten. Eine Ausnahmen stellen Spielfilme, Kinder- und Nachrichtensender dar. Auch neue Formen der Werbung wie geteilte Bildschirme, virtuelle und interaktive Werbung sollen mit der neuen Regelung möglich werden.
Trotz der geplanten Lockerung soll die Gesamtdauer der Werbung nicht zunehmen, die bestehende Begrenzung von zwölf Minuten pro Stunde soll beibehalten werden. Die Gefahr von ausufernden Werbeunterbrechungen schätz die Kommission als gering ein. In einem derart hoch kompetitiven Markt könne es sich keine Anstalt erlauben, die Zuseher mit zu vielen oder in zu kurzen Intervallen gesendeten Werbeblöcken zu vergraulen.
Product Placement
Besonderen Wert legt die Kommission auf explizite Begriffsbestimmung und einen klaren rechtlichen Rahmen für Product Placement. \"Die gezielte Platzierung von Produkten in Fernsehsendungen ist Realität“, so die Analyse der Kommission. \"Aus diesem Grund braucht es auch eine klare Regelung.“ Um Schleichwerbung zu verhindern, müssten die Verbraucher zu Beginn einer Sendung auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Damit soll einerseits Rechtssicherheit geschaffen werden, andererseits aber auch zusätzliche Finanzierungsquellen für europäische Produktionen erschlossen werden.
Für ATV+ Sales Director Christoph Schwedler ist der Vorstoß der Komminssion ein \"limitierter Schritt in die richtige Richtung“. \"Werbung ist und bleibt die Haupteinnahmequelle für Privatfernsehen. Daher ist es notwendig einen Gesetzesentwurf zu kreieren, der weder die Einnahmemöglichkeiten einschränkt, die es bereits gibt, noch daran hindert neue, kreative Werbemöglichkeiten zu schaffen“, so Schwedler. Neue Formen der Werbung wie geteilte Bildschirme und virtuelle und interaktive Werbung seien im Zeitalter des digitalen Fernsehens notwendige Tools. Kritik übt Schwedler an der Regulierung der Werbeunterbrechung im Bereich Film, Kinderprogramm, Nachrichten und Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen. \"Hier sind die Vorschriften nach wie vor zu streng.“
Ob auch öffentlich-rechtliche Sender in den Genuss der neuen Flexibilisierung kommen, bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen.
Dem neuen Gesetz müssen nun die Mitgliedsstaaten und das europäische Parlament zustimmen. SPö Europaabgeordnete Christa Prets hat bereits angekündigt, dass sich \"das Parlament intensiv mit diesem Entwurf auseinandersetzen will. Denn wenn es eine Verringerung von Regulierungen und einen Ausbau der Flexibilität geht, ist immer Vorsicht geboten, schließlich müssen die Rechte der Konsumenten ebenso stark verankert sein wie der Wirtschaft.“