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Vermutete Unschuld

Die Themen Bauen und Skandal gehören untrennbar zusammen – wie Politik und Korruption.
Wo immer Mauern, Stützen, Straßen oder Tunnels errichtet werden und die öffentliche Hand in irgendeiner Form im Spiel ist, wird gemauschelt, werden Freunden oder politischen Gesinnungsgenossen Aufträge zugeschanzt, werden Vergaberichtlinien und Gesetze gebogen.

Der Satz »Es gilt die Unschuldsvermutung« muss nirgends so oft strapaziert werden wie im Baubereich. Das war bei der Errichtung des AKH Wien so – in Österreich zwar der bislang größte Sündenfall, aber beileibe nicht die Mutter aller Bauskandale –, und das zieht sich weiter bis in die Gegenwart. Wer erinnert sich noch an den seligen Bautenminister Sekanina, der anstelle des jetzigen Museumsquartiers ein Einkaufszentrum hinklotzen wollte, um Begehrlichkeiten zu bedienen? Oder an das »Wiener Baukartell« der späten 90er-Jahre, das mit illegalen Preisabsprachen, unterstützt und gedeckt von korrupten Beamten, den Steuerzahlern Millionenschäden verursachte? Heute ist es das Projekt Skylink am Flughafen Wien, bei dem Überforderung aufseiten des Bauherrn die Auftragnehmer vermutlich dazu verleitet hat, sich zu bedienen.

Doch es muss nicht unbedingt gebaut werden, um Mauscheleien und Freunderlwirtschaft zu fördern. Die aktuelle Groteske rund um den Verkauf des im Staatsbesitz befindlichen Wohnbauträgers Buwog an private Investoren lässt den Normalbürger einmal mehr staunen, mit welcher Nonchalance es manche verstehen, sich politisch-wirtschaftlicher Seilschaften zu bedienen, um das große Geld zu machen. Und es macht ihn beinahe betroffen, zu sehen, wie hoch angesehene Spitzenmanager plötzlich zum Justizfall werden. Die, die ihnen dabei helfend zur Hand gehen, präsentieren sich, wenn es gar nicht mehr anders geht, der staunenden Öffentlichkeit als unschuldige Opfer. Ihre Unschuld kann, muss aber nicht vermutet werden.
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