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Ende der Wartezeiten

Der beobachtete Rückgang an Flug- und Geschäftsreisen drückt auf die Bilanzen der Reisebüros. Die Unternehmen selbst sparen nun Geld und setzen auf Alternativen.

Zum wöchentlichen Rapport nach London, anschließend ein Vertriebsmeeting in Paris und im Abendflieger wieder heimwärts. Als in der Wirtschaft noch alles wie am Schnürchen lief, verbrachten die Manager viel Zeit auf Flughäfen und im Flugzeug. Den einen hingen die monotonen Business-Trips zum Hals heraus, die anderen erfreuten sich an Flugmeilen und Städte-Hopping – trotz Thrombosengefahr und millimetergenau justierten Fressnäpfen im Airline-Catering. Das ist Vergangenheit: Inmitten der Wirtschaftskrise bleiben viele Wecker nun montags um fünf Uhr früh still. Die Fahrt zum Flughafen ist aufgrund von Sparmaßnahmen obsolet geworden. Auf Geschäftsreisen spezialisierte Reisebüros und der Flughafen Wien haben jedenfalls einen ersten Vorgeschmack auf ein Horrorjahr 2009 bekommen.

Einbruch bei Business-Trips
Prognosen zufolge wird heuer die Zahl der Flugbewegungen in Österreich auf das Niveau des Jahres 2005 sinken. Der Verkehrsclub Österreich rechnet damit, dass der Flughafen Wien-Schwechat heuer um rund 35.000 Starts und Landungen weniger aufweisen wird als im Vorjahr. Im ersten Quartal sind die Flugbewegungen um 10,4 Prozent in Schwechat gesunken, die Zahl der Flugpassagiere um fast 15 Prozent. Experten rechnen mit einem weiter zunehmenden Rückgang der Passagierzahlen im zweiten und dritten Quartal. Die Wirtschaftskrise stellt damit auch die Rahmenbedingungen für den Ausbau des Flughafen Wiens auf den Kopf. Die Prognosen, die dem Ausbau zugrundeliegen, sind überholt. »Es wird neu zu beurteilen sein, ob der Flugplatz eine dritte Piste braucht oder nicht«, stellt ein Experte des Verkehrsclubs lapidar fest.

Der krisenbedingte Rückgang hat schon im Herbst des Vorjahres begonnen: Während der Reiseveranstalter Verkehrsbüro Group noch »hervorragende erste drei Quartale« einfahren konnte, brachen die Umsätze im letzten Viertel brutal ein. Immerhin: Übers Jahr gesehen konnte bei insgesamt knapp 140 Mio. Euro Umsatz noch eine Steigerung von 6,4 Prozent erzielt werden. Diesen Bonus wird es heuer wohl nicht mehr geben. Im ersten Quartal 2009 schlug der Konjunkturabschwung bereits voll durch: Die Buchungen lagen um neun Prozent unter dem Vorjahreswert, die Geschäftsreisen gingen sogar um ein Fünftel zurück, ließ Verkehrsbüro-Generaldirektor Harald Nograsek die Alarmglocken läuten. Weitere Prognosen wagt Nograsek nicht. Nur so viel: Man müsse wie alle anderen einfach damit fertig werden.

Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen kündigten derzeit Einsparungen bei Geschäftsreisen an. Bei IBM will man das Wort Krise zwar nicht in den Mund nehmen – Big Blue spricht von einer »special economic situation« –, doch hat Finanzdirektor Peter Gangl der Österreichmannschaft einen strengen Sparkurs verordnet. Rund 15 Prozent sollen die IBMler bereits bei den Flugreisen heuer gespart haben. Doch Gangl weiß nicht nur die krachende Wallstreet hinter seinen Sparmaßnahmen. Er hat eine weitere Erscheinung im Rücken, welche die globale Wirtschaft bereits im Vorjahr prägte: den Klimawandel. Bereits in der Vergangenheit wurden die Geschäftsreisen als schlimmste Kohlendioxidschleuder im Konzern ausgemacht. Gangl ist gleichzeitig auch oberster Umweltbeauftragter bei IBM. Vielflieger bei IBM werden nun angehalten, persönliche Treffen mit den Teamkollegen im Nachbarland auf die Video- und Telefonleitung zu legen. Ausgenommen von dem Sparprogramm sind Kundenkontakte. Wenn der Ruf erschallt, setzen sich auch heute noch die IBM-Spezialisten aus Texas oder Zürich ins Flugzeug und besuchen ihre Unternehmenskunden persönlich.

Videokonferenzen als Alternative
Auch der Telekom Austria kommen die Erfahrungen mit der Green-IT-Welle der Vorjahre zugute. Brigitte Schüßler ist in der Konzernzentrale oberste Klimaschützerin und Beauftragte für die Ressourcenverwaltung. Ihr Aufgabenbereich erstreckt sich vom Einkauf eines Kugelschreibers bis zur Ausarbeitung von Reiserichtlinien für die Mitarbeiter. Schüßler spricht von einer »Revolution, die jetzt passiert«. Der Belegschaft wird empfohlen, auf Flieger und Auto zu verzichten und stattdessen in Bahn und Öffis zu steigen. Wer es bereits ausprobieren durfte, nutzt auch gerne die konzernintern installierte Videokonferenzlösung des Netzwerkherstellers Cisco. Per »TelePresence«, wie das Konzept heißt, können Manager mit ihren Vertriebsleuten in den Bundesländern sprechen. Die megagroßen, hochleistungsfähigen Bildschirme dazu stehen in der Netzzentrale im Arsenal. Die nicht minder leistungsfähigen Gegenstellen sind über die Landesgeschäftsstellen über ganz Österreich verteilt und haben den TA-Leuten schon so manche mehrstündige Autofahrt erspart.

Generell erweisen sich die mittlerweile beeindruckend guten Videokonferenzlösungen der Hersteller als passables Heilmittel für geschundene Reisebudgets. Es gilt künftig abzuwägen, ob sich eine Besprechung nicht auch durch eine Zusammenschaltung per Bildschirm ersetzen lässt. Beim Hersteller selbst, Cisco, ist der Einsatz der TelePresence-Lösung mittlerweile das Natürlichste der Welt. Bereits Österreichchef Achim­ Kaspar hat sein eigenes Einstellungsgespräch über Bildschirm und Highspeed-Datenleitung abgewickelt. Die Lösung ist freilich qualitativ so hochwertig, dass die Teilnehmer den Eindruck vermittelt bekommen, ihren Gesprächspartnern in natura gegenüberzusitzen. Die Lösung ist zwar alles andere als billig, aber effektive Einsparungen gegenüber Flugreisen lassen sich allemal erzielen (siehe unten). Das Beste aber, sind sich die Manager einig, ist die große Zeit­ersparnis. Um ein Meeting zu starten, reicht der Gang ins »Holodeck«, wie die Cisco-Belegschaft ihren mit Kameras, Screens und Lautsprechern bestückten Raum in der Zentrale in Wien scherzhaft nennt. Die unproduktiven Wartenzeiten am Flughafen sind damit endgültig vorbei.


Reisekostenreduktion dank Videokonferenz (Cisco TelePresence):
>> Robert Kögel, Finance Director Cisco
>> 85 Prozent weniger Flüge
>> Einsparungen ca. 60.000 Euro in einem Jahr
>> Reduktion von drei Flügen pro Woche auf einen Flug pro Monat
>> Ausblick: weitere Reduktion auf einen Flug pro Quartal möglich

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