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Weniger ist mehr

Von Rainer Sigl

Ist er ein Notebook? Ein Subnotebook? Ein Taschenrechner in Maximalvariante? Ein aufgemotzter PDA? Egal, wie man ihn bezeichnet, der von der taiwanesischen Hardwareschmiede Asus im letzten Jahr in Asien und zu Jahresbeginn in Europa eingeführte Eee PC ist vor allem eines: ein Kassenschlager. Wochenlange Wartelisten, ausverkaufte Lager und Lieferengpässe machen es ganz schön schwierig, in Europa trotz wiederholter Verschiebung des Markteinführungstermins selbst eines der kleinen Wunderdinger in die Hand zu bekommen. Das Gerät, das nur etwas größer als DIN A5 ist und somit sogar in die Wintermanteltasche passt, ist beileibe kein Hardwaremonster. Schlappe 900 MHz Taktung, 512 MB RAM und eine Bildschirmdiagonale von nur sieben Zoll müssen reichen, und statt einer Festplatte und einem optischen Laufwerk versehen nur mickrige 4 GB Flashspeicher ihren Dienst im Eee Pc. Die drei E stehen übrigens für \"Easy to learn, Easy to work, Easy to play“. WLAN, Mikro, Lautsprecher und Webcam sind an Bord, als Betriebssystem dient eine spezielle Xandros-Linux-Variante, aber auch Windows XP ist installierbar.

Trotz der sehr bescheidenen Hardwareausstattung ist der Eee PC schon jetzt ein voller Verkaufserfolg. Daran hauptbeteiligt ist der rekordverdächtig günstige Preis: Schlappe 299 Euro kostet die in Europa erhältliche Version - eine Kampfansage an alle Mitbewerber und ein Totschlagargument, das die technischen Unzulänglichkeiten schnell vergessen macht. Bisher galt: Je kleiner und tragbarer, desto teurer - wer die Annehmlichkeiten eines handlichen Subnotebooks genießen wollte, musste dafür bisher deutlich tiefer in die Tasche greifen. Möglichst kleine Notebooks, so die angegraute Logik der Konkurrenz, würden eher von der kleinen, aber dafür höchst solventen mobilen Businessklasse nachgefragt - der durchschnittliche Privatkunde raufte sich angesichts der Preise für Notebooks im Mitnehm-Format bisher verzweifelt die Haare.

Asus wendet sich mit dem Eee PC nun an eine Kundenschicht, die den Platzhirschen im Subnotebooksegment bisher entgangen war: den durchschnittlichen Privatkonsumenten, der für unterwegs einen handlichen, günstigen Zweit- oder gar Drittcomputer zum Internetsurfen, Skypen und Emailen will.

Palm, Dell, Apple und Microsoft haben erwartungsgemäß wenig Freude mit der Konkurrenz aus Taiwan. Microsoft sieht - wie schon beim OLPC-Projekt - die Gefahr einer millionenfachen \"Infektion“ ihrer potenziellen Kunden mit den erwachsen gewordenen Windows-Alternativen Linux und nicht zuletzt Open Office. Palm, Apple und Dell wiederum sehen ihre mittelfristigen Pläne durchkreuzt, selbst mit mobilen Minigeräten den gewohnten Markt zu beackern. Palms letzten Mai vorgestellter Foleo etwa muss seit Herbst als Totgeburt abgeschrieben werden, und bis Palm mit neuem Konzept nachzieht, werden vermutlich sowohl Apple als auch Dell ihre Versionen des neuen, handlichen Minilaptops im Markt platziert haben. Freilich stellt sich diese Platzierung durch den frühen Start und den Kampfpreis des Eee PC auch schwieriger dar als erwartet. Bei der Konzept kleiner, auf Flash-Speicher basierender mobiler Allroundgeräte rechneten wohl sowohl Apple als auch Dell nicht mit den Taiwanesen. Den Preiskampf wird wohl weiterhin Asus gewinnen, Dell bleibt vom Low-End-Publikum hier wenig Spielraum übrig. Doch auch Designprimus Apple, verwöhnt vom sorgsam kultivierten Kultstatus seiner Produktlinien, sieht sich durch den Billigkonkurrenten aus dem Fernen Osten bedrängt: Der Eee PC, bisher in Schwarz und Weiß erhältlich, ist schick designt und passt sich dem schlichtes Apple-Design gewohnten Geschmack des Massenpublikums an - und überdies wird die offene Architektur und Offenheit des Betriebssystem nicht nur technikaffine Bastler nachhaltiger begeistern als Apples traditionell restriktive Gadget-Architektur. Das Fazit? Die Chancen stehen gut, dass Asus mit seinem frischem Konzept, attraktiver Preispolitik und sympathisch offenem Zugang ein neues mobiles Computerzeitalter für jedermann eingeläutet hat.

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