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Zurückgelegt und ausgebaut

Dass bei der jüngsten Auftragsvergabe seine Aufsichtratsposition bei der öBB Holding unvereinbar mit seiner Funktion als Eigentümervertreter bei Kapsch CarrierCom gewesen sein soll, ließ Kari Kapsch nicht lange auf sich sitzen. Er trat noch vor der Absegnung des neuen GSM-R-Auftrags von seinen Funktionen bei den Bundesbahnen zurück. Ganz so leicht, wie böse Zungen behaupten, wäre der Deal aber nicht zu gewinnen gewesen. Kapsch-Manager Horst Kaufmann spricht von der \"technisch umfangreichsten Ausschreibung“ seiner Karriere. über 2300 Punkte galt es in der Angebotsphase zu beantworten. Gegenstand des 40-Millionen-Euro-Auftrags sind die Einrichtung eines neuen digitalen Zugfunk-Systems GSM-R (siehe Kasten) auf rund 3500 Streckenkilometern in österreich. Kapsch errichtet nun gemeinsam mit dem kanadischen Technologiepartner Nortel eine 80 Kilometer lange Pilotstrecke von Wels nach Passau, die im kommenden Jahr fertig zum Testbetrieb stehen soll. Der Vollausbau wird voraussichtlich bis 2012 dauern und im Endstadium 750 Basisstationen umfassen.

Marktvorteil für Kapsch, um schlussendlich den einzigen Mitbewerber Siemens auch noch in der finalen Kuvertrunde unterbieten zu können: die profunde Kenntnis des Auftraggebers. Mit der öBB steht Kapsch seit 30 Jahren in Partnerschaft. 1976 begannen die Basteleien am analogen Zugfunk, Kaufmann und seine Mannschaft kennen aufgrund der langjährigen Erfahrung die Eigenheiten und Strukturen des Kunden. Ein nicht unschätzbarer Vorteil, wenn man etwa in der Installation um die direkten Ansprechpartner weiß, um neue Geräte und Verbindungen ohne Verzögerung abtesten zu können.

Ausweitung in den Osten. Einige Jahre schon hat man in Sachen GSM-R gedarbt, nun geht es Schlag auf Schlag. In der Slowakei wurde die Pilotstrecke bereits abgenommen, die slowakische Bahn plant für Herbst den nächsten Ausbau. In Tschechien wird ebenfalls in Kürze die erste Strecke erweitert. Ausschreibungen in Polen, Bulgarien und Rumänien und Kroatien stehen noch aus. Abhängig der politischen Situationen und Fördertöpfe in Brüssel werden Ausschreibungen und Projektstarts nun für die kommenden Monate und Jahre erwartet. Richtig spannend ist es für Horst Kaufmann derzeit aber in Ungarn: das Angebot für den GSM-R-Ausbau wurde am 7. Mai abgegeben. Die Entscheidung für den 200 Millionen schweren Ausbau wird für Herbst erwartet.

Das Projekt im Nachbarland ist aus verschiedenen Gründen größer als der eben gewonnene öBB-Auftrag. Zum einen sind auch GSM-R-Handsets und Empfangsgeräte in den Loks Teil des Auftrags. Zum anderen wird der neue Zugfunk dort auf der grünen Wiese errichtet. Während in österreich teils lediglich Repeater und Verlängerungskabel in die bereits vorhandenen Zugfunkstationen gesetzt werden müssen, gilt es letztere in Ungarn überhaupt erst zu errichten. Für Budapest ist die teure Projektfinanzierung dennoch zu schaffen: 85 Prozent des Budgets werden aus dem strukturfördernden Kohäsionsfonds der EU beglichen.

\"Der Aufbau des neuen digitalen Zugfunks ist ein echtes Turnkey-Projekt“, betont Kapsch-Sprecher Hans-Georg Mayer die Energie und das \"unglaubliche Projektmanagement“, das man in das Thema investiert hat. Während die GSM-R-Geräteentwicklung im März von Kapsch an Funkwerk verkauft worden ist, sieht sich CarrierCom ungebremst als internationaler Brückenbauer. \"Unsere Projekte sind nicht nur technologisch grenzüberschreitend“, sieht Mayer in GSM-R ein strukturpolitisches Thema für Gesamteuropa.

Mobilfunk für Eisenbahner
Um die national unterschiedlichen Regeln für die Bahnkommunikation zu standardisieren, beschlossen in den Neunziger Jahren 32 Eisenbahngesellschaften aus 24 Ländern Europas die technische Umsetzung eines einheitlichen Systems. ETCS (European Train Control System) ist die Basis für ein europaweites Signal- und Zugsicherungssystem. Trägertechnologie ist das digitale Mobilfunksystem GSM-R. Bei GSM-\"Railway“ sind weitaus mehr Funktionen als in herkömmlichen Funknetzen möglich. In den Zügen fest installierte GSM-R-Telefone sind mit Schnittstellen für Broadcast- und Gruppenrufsystemen ausgestattet, die eine Kommunikation mit definierten Benutzergruppen (etwa: alle Züge in der Region XY) ermöglichen. Für Bahnarbeiter oder Rangierpersonal gibt es Mobiltelefone, die normalen Handys ähneln, aber robuster sind. Zum Einsatz kommen Push-to-talk für Gruppenrufe und Ruftypen mit verschieden hohen Prioritäten, um bei Notrufen andere Gespräche unterbrechen zu können.
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