Zukunft - sehen, hören, fühlen
- Written by Redaktion_Report
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Der seriöse business-lastige Teil der Veranstaltung bestand aus drei Vorträgen zum Thema innovative Technologielösungen. Den Anfang machte Jörg Brüggen, der den Teilnehmern einen Einblick in die digitale Kinowelt ermöglichte. Am Beispiel eines der größten europäischen Kinocenters, der UCI Kinowelt Millennium City Wien, stellte er den von Digital Cinema unterstützten kompletten Prozess der Lieferkette inklusive Verteilung via Satellit vor. Thomas Wahl präsentierte Galileo, das europäische Satellitennavigationssystem, und beleuchtete Szenarien der Zukunft. Andreas Gall, Technischer Direktor des ORF, erörterte die Berichterstattung der Zukunft beispielhaft anhand des \"fliegenden Studios“. Das \"fliegende Studio“ ist ein Hubschrauber mit fünf Kameras an Bord, aus dem moderiert, geschnitten und übertragen werden kann. Daraus entstandene spektakuläre Bilder gab es etwa im Rahmen der Partnerschaft zwischen ORF und T-Systems vom German Sailing Grand Prix 2006 in Kiel oder dem jährlichen Hahnenkammrennen in Kitzbühel.
Der zweite Teil der Veranstaltung stand ganz im Zeichen des Humors und weniger im Zeichen des Business. Der Kabarettist Thomas Maurer - selbst ernannte Innovationsbremse - gab seiner ganz persönlichen Skepsis gegenüber den neuen Technologien in einem Exklusivprogramm zum Besten.
Den Abschluss bildete eine kurzweilige, aber inhaltlich wenig griffige Podiumsdiskussion unter dem Titel \"Sind wir ohne mobile Technologie heute noch lebensfähig?“. Prominente wie Windsurf-Olympiasieger Christoph Sieber und Thomas Maurer plauderten ohne wirklichen fachlichen Hintergrund über Segen und Fluch der modernen Kommunikation, flankiert von Rudolf Kemler und Andreas Gall, die der Diskussion die Aura eines Fachgesprächs verleihen wollten.
Seit mittlerweile sieben Jahren versucht der T-Systems-Kongress ein Forum für innovative Zukunftsthemen zu sein, eine Plattform für Vorträge und Diskussionen und ein Ort des Informaions- und Erfahrungsaustausches. Mit dem Verlauf des heurigen Events zeigte sich Kemler zufrieden. \"Wir wollten einen interessanten aber nicht typischen Branchentreff haben. Das ist uns, glaube ich, ganz gut gelungen.“
Der Grundstein für die Digitalisierung ist gelegt. Der Anstoß dafür kommt wie so oft aus den USA und nennt sich \"Digital Cinema Initiative“, ein Zusammenschluss der sieben Major Studios in Hollywood zur Standardisierung der Digitaltechnik.
In der analogen Vergangenheit mussten die Filmspulen etliche Kilometer kreuz und quer um den Erdball zurücklegen. In der digitalen Zukunft gibt es eine Netzschnittstelle in Hollywood, wo die Daten eingespeist werden und an Gateways verschickt werden. Von dort geht es via Satellit an die digitalen Kinos. Als Bindeglied zwischen Verleiher und Kinobetreiber fungiert die Digital Cinema Factory, die auch die zur Filmausspielung notwendigen KDMs (\"Key Delivery Messages“) verteilt. Die Digital Cinema Factory stellt das Hirn der digitalen Wertschöpfungskette dar: Das angelieferte Material wird eingebucht, formatiert, einer Validitätsprüfung unterzogen und während des gesamten Versandvorganges überprüft.
Die großen Studios erhoffen sich neben verschleiß- und flimmerfreien Bildern vor allen eine deutliche Reduktion der Vertriebskosten. 85 Millionen Euro kostet die Distribution analoger Filme jährlich alleine in Deutschland. Die großen Hollywoodstudios erwarten sich hier Einsparungen von rund 80 Prozent.
Das größte mit digitaler Technologie ausgestattete Kinocenter Europas steht in Wien. Mit \"Fluch der Karibik II“ wurde im UCI Millennium City das digitale Zeitalter eingeläutet, es folgten \"Superman returns“, \"Cars“, \"Das Parfum“ und aktuell \"The Guardian“. Neben den Filmstudios entdecken auch andere Contenthändler die digitale Technik für sich. So feiert die ARD-Produktion \"Der Untergang der Pamir“ in der Millennium City eine digitale Vorpremiere.
Autos lenken, Laster orten, Rohre vermessen: Europas Galileo-Satelliten sollen ab 2010 das amerikanische Navigationssystem GPS verdrängen. Die Europäische Union rechnet mit einem jährlichen Marktpotenzial ab 2020 von bis zu 300 Milliarden Euro und 150.000 neuen Arbeitsplätzen. Damit ist Galileo das industrie- und arbeitsmarktpolitische Großprojekt der EU.
Galileo basiert auf 30 geostationären Satelliten und einem weltweiten Netz von Bodenstationen. Geliefert wird ein hochpräzises Zeitsignal, das die Ermittlung von Ortskoordinaten mit einer Abweichungstoleranz von maximal einem Meter ermöglicht. Ab 2007 soll eine erste Testumgebung in Berchtesgaden verfügbar sein, der Probebetrieb ist für 2008/2009 vorgesehen, ab 2010/2011 soll das System mit allen 30 Satelliten verfügbar sein.
Im Unterschied zu GPS ist Galileo nicht für militärische sondern für zivile Zwecke konzipiert. Zudem bietet Galileo eine Verfügbarkeits- und Genauigkeitsgarantie. Damit ergeben sich völlig neue Geschäftsmodelle für die öffentliche Hand, Geschäfts- und Privatkunden. Von der Verkehrssteuerung bis zur Sicherheitsüberwachung, von Location-based-Services in der Telekommunikation bis zum großen Bereich der Logistik.
Touristiker könnten ihren mit einem Marker zur punktgenauen Verfolgung ausgestatteten Kunden das ticketlose Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln anbieten - abgerechnet werden im Nachhinein nur die tatsächlich in Anspruch genommenen Fahrten. Versicherungsunternehmen könnten nutzungsabhängige Kfz-Versicherungen anbieten. Dabei würden die Kunden mit einer On-Board-Unit ausgestattet, die genau Zeugnis über gefahrene Kilometer und den Fahrstil ablegen könnte. Wer viel und risikoreich fährt würde demnach deutlich mehr zahlen als jemand, der wenig und risikoarm fährt.