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Ehrliche und transparente Kommunikation

Ehrliche und transparente Kommunikation

Bei vielen Infrastrukturprojekten führen Gegner soziale, gesundheitliche oder ökologische Argumente ins Treffen – und gefährden die Versorgungssicherheit. Ein fairer, offener Dialog kann die Akzeptanz umstrittener Projekte erhöhen.

Die Autorin: Sigrid Moser-Sailer ist Kommunikationsberaterin und Unternehmenssprecherin. 

»Wirbel um riesige Schottergrube, besorgte Anrainer machen mobil«, »Bürger gehen gegen Steinbrucherweiterung auf die Straße«, »Anrainer haben Angst um ihre Gesundheit und befürchten Lärm, Staub und Schwerverkehr«: Die Liste solcher Titel in den Medien ist lang und die Problematik für nahezu alle Projektwerber – vor allem bei Infrastrukturprojekten – nicht neu.

Waren es früher Kraftwerke, Mobilfunkmasten, neue Straßen oder Stromleitungen, die verhindert werden sollten, so sind es heute Windräder, Mülldeponien, die dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat, die Breitspurbahn oder ein Fußballstadion, für das man eine verkehrsgünstige Lage sucht. Aber was brauchen wir wirklich, können wir uns klimatechnisch noch etwas leisten und werden manche dieser Projekte nicht auch zu Recht abgelehnt oder zumindest kritisch hinterfragt? Und ganz grundsätzlich: Haben wir die Grenze des Wachstums bereits erreicht?

Hand in Hand

Aber einfach nur aus Prinzip dagegen zu sein, ist noch kein Programm. Bei nahezu allen Infrastrukturprojekten führen Gegner soziale, gesundheitliche oder ökologische Argumente ins Treffen. Oft geht es in der Argumentation aber nur um die Verlagerung des Problems. Denn häufig handeln Menschen,wenn es um Veränderungen und Eingriffe in ihrer nahen Lebensumgebung geht, nach dem Floriani-Prinzip: »Heiliger Sankt Florian / Verschon mein Haus / Zünd and’re an!«

Ziel ist die Aufrechterhaltung bzw. Vergrößerung des – ausschließlich eigenen – Nutzens. Meist geschieht dies auf Kosten der Allgemeinheit. Entscheidend ist immer die persönliche Betroffenheit des Einzelnen. Subjektiv und menschlich gesehen ist das durchaus nachvollziehbar, jedoch für die Wirtschaft und die Aufrechterhaltung unseres Lebensstandards keine objektive und planungssichere Basis. Umwelt- und Klimaschutz geht nur Hand in Hand mit der Wirtschaft.

Belastung verringern

Noch vor wenigen Jahren war man der Ansicht, dass niemand Infrastrukturprojekte für den Erhalt des allgemeinen Wohlstands, worunter auch der Bau von Wohnungen zu verstehen ist, grundsätzlich ablehnen würde. Mit jährlich rund 10.000 neuen Wohneinheiten wird in Wien so viel gebaut wie in kaum einer anderen europäischen Stadt.

Die dafür benötigten mineralischen Rohstoffe kommen meist aus den umliegenden Bundesländern wie Niederöster­reich und dem Burgenland. Dort aber geht bald nichts mehr. Österreich verfügt zwar über ausreichende Lagerstätten, jedoch wird der Zugang zu diesen aufgrund vieler Einschränkungen und Hemmnisse immer schwieriger. Lösen kann die Rohstoff- und Bauwirtschaft diese Herausforderung der Sicherung der Rohstoffflächen und damit die Versorgungssicherheit jedoch nicht allein.

Die Versorgungssicherheit ist in einem geologisch rohstoffreichen Land trotzdem nur dann gegeben, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass qualitativ hochwertige Rohstoffe auch leistbar gewonnen werden können und es einen politischen Willen gibt, dies auch zu ermöglichen. Von der Rohstoffe gewinnenden Branche kann aber durchaus auch gefordert werden, dass sie mittels neuer Gewinnungstechniken und Methoden die Belastungen für die Bevölkerung so gering wie möglich halten.

Ökologisierung als Lebensgefühl

Doch für viele Menschen ist die Grenze des Wachstums bereits erreicht oder gar überschritten. Denn die »Ökologisierung« unseres Lebensgefühls ist in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen angekommen. So wird die Klimakrise als eine der größten menschenrechtlichen Herausforderungen unserer Zeit wahrgenommen.

Das auch von Österreich unterschriebene Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 2005 um ca. 16 % zu reduzieren, wird kommendes Jahr glatt verfehlt. Klar ist, dass die Klimakrise nicht zu stoppen ist, ohne dass sich bestimmte Industrien, allen voran – wenig überraschend – fossile Konzerne, umfassend transformieren. Und manche werden auch komplett verschwinden. Für viele überraschend ist aus dem Protest der erst 16-jährigen schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg gegen das politische Verharren und für den Klimaschutz eine weltweite Bewegung geworden.

Inzwischen steht zumindest bei allen politischen Parteien das Thema Klimaschutz mehr oder weniger prominent auf der Agenda. Negieren oder Herunterspielen funktioniert nicht mehr. Es wird große Lösungen für Verkehr, Energie, Industrie brauchen, die weit über eine CO2-Steuer hinausgehen. Die politisch Verantwortlichen, und zwar auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebenen, wären also gut beraten, die Zeichen der Zeit nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch entsprechende Aktivitäten in klare Regeln und Gesetze zu fassen. Und zwar umfassend, ernsthaft, glaubwürdig und integrativ für Umwelt, Mensch und Wirtschaft – die Trias der Nachhaltigkeit.
So ist auch das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft nicht wirklich neu, wenn man bedenkt, dass der »Austrian Sustainability Reporting Award« (ASRA) dieses Jahr bereits zum 20. Mal verliehen wird. Geht man weiter in der Geschichte der Nachhaltigkeit zurück, so tauchte der Begriff »sustainable« im erweiterten Sinn eines »Zustands des globalen Gleichgewichts« bereits im Jahr 1972 im Bericht »Die Grenzen des Wachstums« des Club of Rome erstmals an prominenter Stelle auf.

Kritische Bevölkerung

Die Zeiten, in denen Projektwerber noch glaubten, mit Bürgerbeteiligungen oder sogenannten Dialogforen ein von Anfang an fixes Ergebnis mit kalkulierten Abstrichen durchbringen zu können, sind definitiv vorbei. Das hört so mancher nicht gerne, es ist aber Faktum. Die Menschen vertrauen nicht mehr und sind weniger denn je bereit, sich Worthülsen und falsche Versprechen gefallen zu lassen.

So wachsen auch die kommunikativen Herausforderungen an Unternehmen nicht nur wegen der zunehmenden Komplexität, sondern aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der sich rapid verändernden Medienlandschaften und -kanäle. Standpunkte, Informationen, aber auch Fake News über Social Media zu verbreiten, war noch nie so leicht und so billig wie heute. Jederzeit und überall über verschiedene Kanäle erreichbar zu sein und Nachrichten nicht nur zu konsumieren, sondern diese selbst zu gestalten und sich auch zu organisieren, ist gelebte Realität.

Schlüssel zum Erfolg

Gerade in der Rohstoffbranche muss in Zukunft mit weiteren Belastungen durch Naturereignisse, die an Häufigkeit und Intensität gewinnen, gerechnet werden. Schäden in Folge von Katastrophen führen zu Engpässen und Preisanstiegen für Baurohstoffe. Tatsache ist, dass bei Aufrechterhaltung des Status quo in Österreich in absehbarer Zeit keine Rohstoffe in ausreichender Menge zu vertretbaren Kos­ten verfügbar sind. In den kommenden Jahren muss mit Versorgungsengpässen und einer Verteuerung von mineralischen Rohstoffen, mehr LKW-Verkehr und einer steigenden Umweltbelastung kalkuliert werden.

Klare Ziele und Rahmenbedingungen, der politische Wille, nachvollziehbare Regeln und Entscheidungen, ein ehrlicher und ergebnisoffener Dialog sowie die Bereitschaft, das Gegenüber und seine Sorgen ernst zu nehmen, sind die Schlüssel zum Erfolg. Seitens der gesetzgebenden Behörde bedeutet das, dass sich auch die Raumordnung zur Vorbereitung der Rohstoffsicherung über die formalen Instrumente der Landes- und Regionalplanung hinaus informeller Instrumente bedient. Dazu zählen ganzheitliche Konzepte, frühzeitiger Dialog, Moderation und Mediation.

Neue Formen der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern spielen dabei eine wichtige Rolle. Die zum Teil sehr komplexen Sachverhalte müssen nachvollziehbarer, Betroffene informiert und in das Projekt einbezogen werden. Verfahren und Entscheidungsprozesse brauchen mehr Transparenz.  Faire Kommunikation und Kooperation können die Akzeptanz für ein neues Projekt erhöhen – führen aber vielleicht auch zur Einsicht, dass private Einzelinteressen Grenzen haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse nicht immer berücksichtigt werden können.

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