Digitalsteuer: Ertragsbesteuerung bei Wertschöpfung über Datenströme
- Written by Sebastian Mahr und Alexander Hofmann
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Nicht erst seit den im November 2017 veröffentlichten »Paradise Papers« ist bekannt, dass unter anderen auch IT-Giganten über Steueroasen ihre Steuerlast schrumpfen lassen, während lokale KMU erheblichen Ertrags- und Verkehrssteuerbelastungen ausgesetzt sind. Der damit einhergehenden Wettbewerbsverzerrung versucht die österreichische Regierung nun nach Scheitern einer Regelung auf EU-Ebene mit einer nationalen Digitalsteuer entgegenzutreten.
Bild oben: Alexander Hofmann ist Rechtsanwaltsanwärter bei PHH Rechtsanwälte.
Tech-Konzerne erzielen mitunter Milliardenumsätze mit digitalen Dienstleistungen, bei denen die Nutzer eine zentrale Rolle bei der Wertschöpfung spielen (»user value creation«). Durch ihre millionenfache digitale Präsenz machen die jeweiligen Nutzer Facebook, Google & Co zu einer einzigartigen Gelegenheit für Werbetreibende und legen damit den Grundstein für deren Profitabilität.
Eine angemessene Besteuerung der aus dieser Wertschöpfung erzielten Einkünfte im Zielstaat vermeiden zahlreiche Unternehmen allerdings – über Steuerschlupflöcher – teilweise zur Gänze. Nach dem internationalen, durch Doppelbesteuerungsabkommen geprägten Steuerrecht gilt in der Regel, dass Unternehmensgewinne im Sitzstaat besteuert werden, es sei denn, das betreffende Unternehmen übt seine Tätigkeit im Zielstaat über eine dort gelegene Betriebstätte aus.
Auf eine inländische Betriebsstätte im Sinne einer »festen (örtlichen) Geschäftseinrichtung« sind internationale IT-Konzerne aber meist nicht angewiesen. Der Fiskus des Zielstaats geht somit in vielen Fällen leer aus. Steuerpflichtig wären die Einkünfte daher grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat, der jedoch oft in Steueroasen wie etwa Irland (Facebook, Google) liegt, in denen der Konzern von Niedrig- bis Nullbesteuerung profitiert.
Internationale politische Impulse
Vor allem die »Paradise Papers« haben für eine breite Bewusstseinsbildung zu diesem Thema gesorgt und politisches Handeln indiziert. Die EU-Kommission reagierte unmittelbar und schlug eine EU-weite Digitalsteuer sowie eine Reform durch Einführung einer »digitalen Betriebsstätte« vor. Ein
Erlass der entsprechenden Richtlinien ist kürzlich jedoch am Widerstand einzelner Staaten – darunter bezeichnenderweise auch Irland – im ECOFIN-Rat gescheitert.
In Österreich soll die Digitalsteuer nun dennoch zusammen mit einer partiellen Novellierung des UStG kommen. Der vorliegende Gesetzesentwurf eines Digitalsteuergesetzes (DiStG 2020) sieht für Großkonzerne eine Digitalsteuer auf Onlinewerbung mit einem Steuersatz von 5 % vor. Die Digitalsteuer ist damit als Ergänzung der bisher nur auf Print-, Radio- und TV-Medien anwendbaren Werbeabgabe konzipiert, die ebenfalls 5 % beträgt. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist die Gleichstellung von Werbeträgern prinzipiell begrüßenswert.
Doch anders als die Werbeabgabe soll die Digitalsteuer nur Unternehmen erfassen, die pro Wirtschaftsjahr einen weltweiten Umsatz von zumindest 750 Millionen Euro und im Inland von zumindest 25 Millionen Euro aus Onlinewerbung erzielen. Nach dem Wortlaut müssen die Schwellenwerte kumulativ vorliegen. Fraglich ist somit, welche Unternehmen von der Digitalsteuer letztlich erfasst sein werden.
Zu den grundsätzlich infrage kommenden österreichischen Unternehmen gehören aufgrund des Werbevolumens v.a. Online-Medien. Von Österreichs größten Medienhäusern dürfte bei wörtlicher Gesetzesanwendung allerdings nur dem ORF eine zusätzliche Steuerlast ins Haus stehen, da alle anderen schon betraglich nicht die internationale 750-Millionen-Euro-Marke überschreiten dürften.
Kosmetik statt Wurzelbehandlung?
Ob eine Steuer tatsächlich das richtige Mittel ist, um des einleitend beschriebenen Problems der »steueroptimierten« Wahl des Unternehmenssitzes Herr zu werden, darf zumindest bezweifelt werden. Anstelle einer Besteuerung wäre eher politischer Druck auf Steueroasen begrüßenswert. Derartige Vorstöße scheint die österreichische Bundesregierung derzeit allerdings nicht zu planen. Abzuwarten bleibt jedenfalls die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens.