Menu
A+ A A-

Die Nachtarbeiter

Foto: Luz G. Mauch ist seit 2008 bei T-Systems International tätig und leitet seit 2015 als Senior Vice President den Bereich Automotive & Manufacturing. Foto: Luz G. Mauch ist seit 2008 bei T-Systems International tätig und leitet seit 2015 als Senior Vice President den Bereich Automotive & Manufacturing. Foto: T-Systems

Zu einem durchgängigen Qualitätsprozess zählt bei ­T‑Systems, dass sich das Topmanagement bei komplexen Problemstellungen sofort einschaltet. Das heißt: Nachtdienst und Wochenendschichten für Führungskräfte.

Überraschend kommt der bevorstehende Wochenenddienst für Luz Mauch nicht. Die  Manager-on-Duty(MoD)-Pläne für ihn und sämtliche Topführungskräfte von T‑Systems stehen seit Monaten fest. »So stellen wir frühzeitig sicher, dass wir auch bei komplexen Lagebildern sofort entscheidungsfähig sind«, erklärt der SVP Automotive & Manufacturing. Sechs bis sieben der MoD-Dienste leis­tet jeder SVP und Geschäftsführer des Konzerns im Jahr, zwei bis drei davon auch am Wochenende.

Freitag, 16.30 Uhr

Im sogenannten MoD-MC-Briefing-Call übernimmt Mauch die »High Management Attention« für das anstehende Wochenende von seinem Kollegen Stephan Kasulke. Der SVP Quality des Konzerns meldet keine »offenen Baustellen« in die Runde. Zu dieser zählt jeden Tag ein Kernteam von drei weiteren MoD der T‑Systems-Einheiten Digital Division, TC Division und IT Division, Vertretern der Quality-Organisation sowie Moderatorin Doris Reitter, die das Briefing für die folgenden zweieinhalb Tage sowie die Übergabe der Rufbereitschaft verantwortet. Als Mauch eine halbe Stunde später nach Hause fährt, kann er nur in einem Punkt sicher sein: Ob Tennisturnier der Söhne am Samstag oder runder Geburtstag in der Nachbarschaft – er selbst wird sein Haus bis Montagmorgen nicht verlassen.

Freitag, 21:30 Uhr

Vier Stunden nach Beginn seiner Schicht meldet sich Mauchs Smartphone. Das sogenannte Vier-Stunden-Reporting – eine Statusmail vom Global MoD Service für das gesamte Topmanagement von T‑Systems. Dezidiert werden alle Workstreams der laufenden Changes aufgeführt, wie sie bei den weltweiten Kunden eines IT-Providers an der Tagesordnung sind, und es wird dokumentiert, zu welchem Fortschritt die Technical Manager den Change geführt haben.

Samstag, 02.30 Uhr

Mauch wird von seinem Handy geweckt: Anruf vom Global Lead Incident Manager. Das bedeutet: Jetzt hat irgendwo auf der Welt ein T‑Systems-Kunde ein Problem. Parallel zum Anruf hat der Global MoD Service ein Protokoll gesendet: Um 02.09 Uhr hat ein großer Automobilhersteller den Ausfall seines Electronic Data Interchange gemeldet. Die Plattform ersetzt die manuelle Auftragsbearbeitung durch elektronische, standardisierte Prozesse und ist so das Herzstück in der Just-in-time-Fertigungskette des Kunden. In dem Augenblick, so stimmt es Luz Mauch mit dem Global Lead Incident Manager ab, werden automatisch alle Incident-Management-Schritte initiiert. Hundertmal einstudiert, folgen sie einer eingespielten Prozesskette. Fortan wird Mauch alle zehn Minuten Statusmeldungen über die eingeleiteten Maßnahmen bekommen.

Samstag, 03.30 Uhr

»Check of changes triggered« und »Layer check initiated«. Im Management-Conference-Call erfährt Mauch, dass keiner der automatisch ablaufenden Prüfschritte Hinweise auf die Fehlerquelle gegeben hat. Inzwischen ist der Vorfall auch beim Kunden eskaliert. Im Customer-Call mit einem SVP-Kollegen des Autobauers erklärt Luz Mauch die weitere Vorgehensweise: Neustart der Applikationen und der Datenbank sowie das Einbeziehen des Hardware- und Softwarepartners in die Fehleranalyse. In einer WebEx-Konferenz wird der Datenbankspezialist des Herstellers in die »Tech Bridge« geholt und mit allen bisherigen Schritten vertraut gemacht. Kann ein Fehler nicht sofort behoben werden, wird schrittweise das gesamte Topmanagement von T‑Systems über die »Großstörung beim Kunden« informiert – bis zum CEO. »Wie hoch ein Incident beim Kunden auch eskaliert – wir sind sofort entscheidungsfähig und stellen immer einen Ansprechpartner auf seiner Management­ebene.«

Samstag, 09.30 Uhr

Drei weitere Management-, Customer- und Technician-Conference-Calls später notiert das Protokoll: »end of incident«. Und was war nun genau der Fehler? »Ein mieser kleiner Bug«, so Mauch auf dem Weg zum Frühstückstisch, wo die Familie schon wartet. Der Programmfehler resultiert aus einem Softwareupgrade, das schon sieben Wochen zurückliegt.

Die zweite Halbzeit des Wochenendes blieb – nur unterbrochen vom regelmäßigen Vier-Stunden-Reporting – ruhig. Außerhalb der detaillierten Protokolle, die für alle Teilnehmer vorbereitet werden, bleibt Luz Mauch nur noch eins: via Intranet »allen zu danken, die am Wochenende im Einsatz waren«.n

Erschienen im »Best Practice Magazin«, ­Ausgabe 1-2016, Text gekürzt

Last modified onDienstag, 03 Oktober 2017 16:03
back to top