Am besten banal
- Written by Klaus Fischer
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Energieeffizienzmaßnahmen mit gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis müssen keineswegs immer besonders ausgeklügelt und teuer sein. Manchmal reicht es, an den Feiertagen die Lüftungsanlagen von Unternehmen abzustellen.
Laut Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner ist alles in Ordnung. Das Energieeffizienzgesetz habe sich »bewährt. Energielieferanten und Unternehmen haben die gesetzlichen Vorgaben bisher übertroffen«, so seine Bilanz über 2015, das erste Jahr, in dem das Gesetz umzusetzen war. Ihm zufolge wurden 10.882 Maßnahmen mit einem Volumen von um die 9,6 Petajoule (PJ) gemeldet, verglichen mit 5,5 PJ, die zur Zielerreichung notwendig gewesen wären. Auch die Haushaltsquote von 40 Prozent der gesetzten Maßnahmen wurde laut Mitterlehner mit 5,4 PJ gegenüber notwendigen 2,2 PJ weit übertroffen.
In Expertenkreisen wird dies indessen mit Skepsis betrachtet. Die Argumentation: Erstens durften für das Erreichen des Ziels für 2015 Maßnahmen aus zwei Jahren, nämlich 2014 und 2015, herangezogen werden. Zwar steht es Unternehmen frei, Maßnahmen zu »banken« und erst in den kommenden Jahren den Energieversorgern zu verkaufen. Doch wie viel das bringen wird, weiß niemand. Zweitens befanden sich unter den Maßnahmen der Jahre 2014 und 2015 auch solche, die mittels Umweltförderung im Inland (UFI) und Wohnbauförderung finanziert wurden. Seit 1. Jänner 2016 sind diese auf das Effizienzziel der Energieversorger nicht mehr anrechenbar. Drittens entfielen insgesamt rund zwei Drittel der »individuellen« Maßnahmen, wie sie in Gewerbe und Industrie gesetzt werden können, auf Heizung, Beleuchtung und Gebäudehülle, also »low hanging fruits«. Nur knapp ein Drittel machten dagegen Effizienzsteigerungen bei industriellen Prozessen aus, magere neun Prozent Maßnahmen im Verkehr.
Was wird anerkannt?
Offen ist schließlich, wie viele der Maßnahmen seitens der bei der Österreichischen Energieagentur angesiedelten Monitoringstelle anerkannt werden. Zur Überprüfung der standardisierten Maßnahmen hat diese zwei Jahre ab Ablauf der Meldefrist am 14. Februar 2016 Zeit, also bis einschließlich 14. Februar 2018. Zum Abklopfen der »individuellen« Maßnahmen dagegen bleiben ihr nur sechs Monate. Was nicht bis zum Ablauf des 14. August beanstandet wird, gilt als akzeptiert – wobei Mitterlehner avisiert hatte, ein großzügiges Vorgehen zu befürworten.
Fragt sich nur, ob die EU-Kommission dies billigt. Laut Insidern enthielt die eine oder andere Meldung nämlich Maßnahmen, die den Segen der Monitoringstelle kaum verdienen. Ein Beispiel ist das Auslagern eines Servers, wobei die Externalisierung des gesamten Strombedarf des Geräts als Einsparung beansprucht wird. Legitim wäre jedoch nur, die Differenz zwischen dem Energiebedarf beim internen Betrieb des Servers und dem Bedarf bei externem Betrieb als Einsparung zu melden.
Rudimentäre Datenlage
Allerdings lassen sich gerade in Industrie und Gewerbe auch auf seriöse Weise erhebliche Einsparungen des Energiebedarfs darstellen, die keineswegs allzu teuer kommen müssen, berichtet Roland Kuras, der Geschäftsführer des Wiener Energieberatungsunternehmens Power Solution. Ein besonders gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis haben ihm zufolge Maßnahmen in den Bereichen Abwärmenutzung und Steuerung sowie Regelung von Anlagen. Oft genug seien etwa Anlagen zur Bereitstellung von Heizenergie und Prozesswärme nicht optimal reguliert. Kuras: »Damit ist der Wirkungsgrad manchmal erheblich geringer, als er sein könnte.«
Überdies seien die Heizsysteme von Betrieben »fast immer« zu groß dimensioniert. Hier einzugreifen, könne den Energiebedarf eines Unternehmens um bis zu 20 Prozent verringern, entsprechende Kostenverminderungen inklusive.
Grundsätzlích empfiehlt Kuras, vor dem Setzen von Effizienzmaßnahmen den Energiebedarf und dessen Struktur gründlich zu analysieren. Vielfach verfügten Firmen diesbezüglich nur über eine »rudimentäre« Datenlage: »Sie wissen nicht, wie groß beispielsweise ihr Energiebedarf für Beleuchtung und Druckluftbereitstellung ist.« Power Solution bietet den Unternehmen deshalb an, ihren Energiebedarf detailliert zu erheben und nicht zuletzt hinsichtlich seines zeitlichen Verbrauchs zu analysieren. Sehr häufig erfolge erheblicher Verbrauch außerhalb der Betriebszeiten: »Der Klassiker ist: An den Feiertagen wird die Lüftungsanlage in einer Firma oft nicht abgedreht, obwohl sie nicht gebraucht wird.«
Um dergleichen zu vermeiden, erarbeitet die Power Solution für ihre Kunden Monitoringkonzepte für den Energiebedarf und unterstützt die Unternehmen bei deren Umsetzung. Wie Kuras betont, ist es wichtig, sich dabei auf die mittels der vorab erfolgen Analyse identifizierten »wesentlichen Verbraucher« zu konzentrieren. Ein allzu umfassendes Monitoringsystem habe keinen Sinn und könne erheblich ins Geld gehen.
Ferner werden Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen derzeit häufig noch »zufällig gesetzt. Es gibt kaum einmal ein durchgängiges Konzept, um den Bedarf nachhaltig zu vermindern. Stattdessen erfolgen nur punktuelle Aktionen.« Manche Unternehmen argumentierten auch, das Energieeffizienzgesetz laufe ohnehin nur bis 2020. Daher habe es keinen Sinn, langfristig ausgelegte Pläne zur Steigerung ihrer Energieeffizienz zu erstellen. Kuras empfiehlt daher der Politik, »zu vermitteln, dass es ja auch ein Effizienzziel für 2030 gibt und dass die EU das übergeordnete Ziel der Entkarbonisierung bis 2050 anstrebt.«
Betriebszeiten prüfen
Ähnlich argumentiert Georg Benke von derWiener E7 Energie Markt Analyse GmbH. Seine Firma empfahl allen ihren Kunden, Effizienzmaßnahmen durchzuführen. In vielen Fällen werde dies in den kommenden Jahren erfolgen. Auch laut Benke ist eine der Maßnahmen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Betriebszeiten der einzelnen Anlagen zu überprüfen. Dies gelte besonders für Lüftungs- und Klimaanlagen, die nicht selten auch dann in Betrieb sind, wenn kein Bedarf besteht.
Ferner kommt es beispielsweise in Krankenhäusern laut Benke immer wieder vor, dass das eingestellte Temperaturniveau die realen Anforderungen an die Kühlung medizinischer Geräte weit übersteigt. In einem Fall ergab seine Nachfrage bei einem Gerätehersteller die Möglichkeit, die Kühlanlage für zusätzliche 100 Tage pro Jahr außer Betrieb zu nehmen. Benke: »Das sind schon relevante Größen, die sich auf den gesamten Energiebedarf erheblich auswirken. Und da geht es um relativ simple, kurzfristig wirksame Maßnahmen.« Überdies werde die Steuerungs- und Regeltechnik nicht selten unzureichend ausgenutzt, gerade, was Wärmebereitstellungsanlagen betrifft. Mit gezielten Eingriffen lasse sich dabei »viel machen«. Zu unterschätzen ist der Aufwand laut Benke indessen nicht: »Oft sind Änderungen bei der Regeltechnik nur durch den Hersteller möglich. Und wenn der ins Haus kommen muss, können damit hohe externe Kosten für ein Unternehmen verbunden sein.«
Unabdingbar für das Setzen gezielter Effizienzmaßnahmen ist laut Benke, zu wissen, wie ein Gebäude hinsichtlich des dort anfallenden Energiebedarfs »tickt«. Um dies zu eruieren, hat E7 ein sogenanntes »Lastganganalysetool« entwickelt. Damit kann der Energiebedarf in seiner zeitlichen Struktur analysiert werden. Auch für Experten führen die Analysen mit dem Tool immer wieder zu überraschenden Ergebnissen. In einer größeren Krankenanstalt etwa können allein für den Betrieb eines einzigen Aufzugs rund 20.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr anfallen.
Unvermutetes erlebte Benke teilweise auch, was das Wissen der Wärmeversorger über ihre Kunden betrifft – oder vielmehr den Mangel an solchem Wissen. So verzeichnete etwa der größte Kunde eines Wärmebereitstellers einen Jahresverbrauch von etwa 2,8 Gigawattstunden. Doch selbst bei einem solchen »Bröckerl« wird der Wärmebedarf bis dato nicht kontinuierlich erhoben, sondern per jährlicher Ablesung ermittelt. Laut Benke »weiß der Versorger also nicht, wie sein größter Wärmekunde tickt. Damit fehlt natürlich auch wertvolles Wissen für die Netzsteuerung.« Wissen, das der Versorger nicht zuletzt auch für innovative Dienstleistungen nutzen könnte.
Aufwand ohne Gegenleistung
Pragmatisch sehen die Sache manche Energieversorger. Seitens der EnergieAllianz etwa hieß es gegenüber dem Report, vor allem seien der Monitoringstelle Maßnahmen in den Bereichen »Beleuchtung, Klimatisierung, und Druckluftoptimierung« gemeldet worden. Dem eigenen Unternehmen bringe das Energieeffizienzgesetz lediglich »erheblichen Aufwand ohne Gegenleistung«.
Der Verbund wiederum fokussierte auf den Einsatz von Energiesparlampen und auf Energieberatungen sowie auf den Gerätetausch im Rahmen seiner Kooperation mit der Caritas. Die Powerpools, um Maßnahmen im Industriebereich zu entwickeln und umzusetzen, sind noch im Aufbau.