Flüchtlingshilfe: das tun Unternehmen
- Written by Redaktion
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Ikea Österreich
Am 14. November lud Ikea Besucher in ganz Österreich ein, ein Zeichen der Solidarität zu setzen und einen Sticker mit der Aufschrift »Zusammen helfen wir – ich bin dabei!« auf eine Spendenwand zu kleben. Für jeden Sticker wollte das schwedische Möbelhaus fünf Euro an die Caritas Flüchtlingshilfe übergeben. 23.758 Menschen folgten der Einladung, Ikea Österreich vervielfachte den Betrag kurzerhand auf 500.000 Euro. Zwei Drittel fließen in die Einrichtung von Unterkünften, ein Drittel in Integrationsmaßnahmen, u.a. wird das bestehende Lerncafé für Schulkinder ausgeweitet. Im Dezember startet in der Steiermark ein Deutschkurs für Akademiker, um eine raschere Nostrifizierung ihrer Abschlüsse und den Berufszugang zu ermöglichen.
voestalpine AG
Chancen für die Zukunft: Für voestalpine-Chef Wolfgang Eder ist die Unterstützung von Flüchtlingen »Teil unserer Verantwortung«.
Der Stahlkonzern unterstützt mit 1,5 Millionen Euro Hilfsprojekte von Caritas und Ärzte ohne Grenzen unmittelbar in den Krisengebieten und in Österreich. Zudem schafft die voestalpine AG bis Jahresende 30 zusätzliche Ausbildungsplätze für Flüchtlinge. »Als international tätiger Konzern sehen wir es als Teil unserer Verantwortung in dieser Situation aktiv Hilfe zu leisten. Neben der Ersthilfe sehen wir den größten Handlungsbedarf in den Bereichen Bildung und Integration junger Menschen, um ihnen eine Chance für die Zukunft zu eröffnen«, erklärt voestalpine-Chef Wolfgang Eder. »Intoleranz oder Fremdenfeindlichkeit haben bei uns im Unternehmen keinen Platz.« Weitere Aktivitäten sollen deshalb engagierte Mitarbeiter einbinden.
dm drogerie markt
Hilfspakete: Mit tausenden Hygienepaketen, gespendet von dm und Kunden, wurden die ankommenden Flüchtlinge versorgt.
Bereits Anfang August startete die Handelskette die österreichweite Initiative »dm Flüchtlingshilfe«. Kunden können symbolische Hilfspakete mit Hygieneprodukten im Wert von fünf, zehn oder 20 Euro spenden. Die Waren werden zum Einkaufspreis abgerechnet und direkt an Diakonie- und Caritas-Einrichtungen geliefert.
Die Abwicklung und die Transportkosten übernimmt dm, um die Hilfsorganisationen zu entlasten. Allein in den ersten vier Wochen wurden Produkte im Gesamtwert von über 350.000 Euro gespendet, mehrere tausend Hilfspakete stellte das Unternehmen selbst zur Verfügung. An ihrem »mehr vom leben«-Tag – einem zusätzlichen, bezahlten Urlaubstag – engagieren sich viele Mitarbeiter zudem ehrenamtlich für Zuwanderer.
Österreichische Hoteliersvereinigung (ÖHV)
Ein Dach über dem Kopf: ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer plädiert für Zusammenhalt in der Gesellschaft.
»Mein Boutiquehotel Stadthalle liegt in der Nähe des Westbahnhofs, wo ein Teil der Flüchtlinge angekommen ist. Menschen auf der Flucht ein Bett und ein Dach über dem Kopf anzubieten oder Lebensmittel und Hygieneartikel vorbeizubringen, ist das Minimum, wenn man die Kapazitäten dafür hat«, sagt ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer. Spontan stellte auch die Hoteliersvereinigung in einer Pension in Wien und in einem Mitarbeiterhaus in Lech Zimmer für Flüchtlinge zur Verfügung und rief die Mitglieder auf, ihrem Beispiel zu folgen.
Offene Kritik erntete Reitterer für ihr Engagement kaum, im Gegenteil: »Mitarbeiter, Geschäftspartner und Gäste tragen das mit, ja bringen sogar selbst Ideen ein. Viele betrachten das als Ergänzung ihrer privaten Initiativen. Wir dürfen nicht von Terroristen einen Keil zwischen uns treiben lassen – der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist wichtig.«
Erste Bank
Notquartier: Das neue Headquarter am Hauptbahnhof wurde noch vor der Eröffnung zur Unterkunft umfunktioniert.
Asylwerbenden stellen Erste Bank und Sparkassen ein Gratis-Konto zur Verfügung. Dieses ist im ersten Jahr kostenlos und bleibt bei Nachweis eines laufenden Asylverfahrens bis zu dessen Abschluss auch gratis. »Viele Flüchtlinge tragen Bargeld als das letzte Hab und Gut bei sich oder haben anders gar keine Chance, sicher Geld zu empfangen«, erklärt Peter Bosek, Privatkundenvorstand der Erste Bank. Das Konto auf Haben-Basis inkludiert eine Bankomatkarte und die Services der Western Union.
In der künftigen Erste-Bank-Zentrale am Wiener Hauptbahnhof wurde zudem im September eine provisorische Unterkunft für 300 Flüchtlinge eingerichtet. Bei Bedarf will man den Betrieb bis März aufrechterhalten, auch Bank-Mitarbeiter sind hier ehrenamtlich im Einsatz.
Rewe Group
»Die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa und auch hier in Österreich ist außergewöhnlich und kann Unternehmen nicht kalt lassen«, sagt Rewe-Pressesprecherin Lucia Urban. Die Rewe International AG intensivierte ihr soziales Engagement mit Fokus auf Kinder und jugendliche Flüchtlinge. Eine Spende von 500.000 Euro ging an die Caritas für die Einrichtung von Wohngemeinschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die seit fünf Jahren bestehende Initiative »Lernen macht Schule« wurde mit Deutschkursen für Asylwerber im Alter von 16 bis 30 Jahren durch Studierende der WU erweitert. Mit dem Kauf von Tragetaschen gibt es auch für Kunden die Möglichkeit, diese Aktionen zu unterstützen.
20 Flüchtlinge, die im Herbst einen umfassenden Rekrutierungsprozess erfolgreich absolvierten, traten inzwischen ihre Lehrstellen an.
Nach der beeindruckenden Welle der Hilfsbereitschaft im Sommer sah man sich zuletzt auch mit Kritik konfrontiert, so Urban: »Die Ängste der Bevölkerung – leider weiter angeheizt durch die jüngsten terroristischen Akte – muss man natürlich ernst nehmen. Dennoch hat sich an unserer Überzeugung, den Menschen auf der Flucht zu helfen und sie bei der Integration in Österreich zu unterstützen, nichts geändert. Mein Rat ist immer, sich persönlich ein Bild zu machen und in einem Lager oder einer Einrichtung in direkten Kontakt mit Flüchtlingen zu treten. Dann überwiegt die Menschlichkeit in der Regel ganz rasch und das Bedürfnis zu helfen ist stärker als die eigenen Zukunftsängste.«
Hutchison Drei Austria GmbH
Der Mobilfunkanbieter Drei unterstützt bereits seit 2010 im Rahmen der Initiative »3Hilft« unterschiedliche karitative Projekte. In Zusammenarbeit mit der Volkshilfe wurden im Vorjahr Deutschkurse für junge Asylwerber finanziert und deren Quartier in Wien 5 mit Gratis-WLAN ausgestattet. Für magdas Hotel, Österreichs erstes Social-Business-Hotel, das von Flüchtlingen aus 19 Nationen betrieben wird, stellt Drei kostenloses mobiles Internet via LTE zur Verfügung. Im Rahmen der aktuellen Flüchtlingshilfe unterstützt das Unternehmen die Caritas und andere Hilfsorganisationen, darunter auch die private Initiative »Train of Hope« am Wiener Hauptbahnhof.
Die Mitarbeiter von Drei beteiligen sich mit aktuell benötigten Sachspenden (z.B. Babykleidung) an den Aktionen. »Entgegen anderslautenden Gerüchten schenken wir Flüchtlingen keine Handys«, stellt Pressesprecher Tom Tesch nochmals klar. »Jedoch bemühen wir uns, diesen Menschen den Kontakt mit ihren Familien und Freunden über WLAN Hotspots zu ermöglichen.« Im Rahmen der Initiative 100 % sind übrigens Gratis-SIM-Karten mit einem täglichen Volumen von 20 MB in jedem 3Shop erhältlich – dieses Angebot gilt für alle Menschen.
ISS Austria
Das Facility Services-Unternehmen beschäftigt rund 7.500 Mitarbeiter aus 90 Nationen. Diversity ist somit gelebte Realität. »Wir sehen die Flüchtlingssituation nicht als Notsituation, wir sehen sie als Herausforderung. Unsere Expertise im Bereich Arbeitsplätze für Migranten kann ein wichtiger Teil der Lösung sein für Flüchtlinge, die in Österreich bleiben wollen«, sagt ISS-Geschäftsführer Erich Steinreiber. »Wir fragen nicht nach Alter, Geschlecht, Religion, Herkunft oder Bildung.
Bei uns werden die Stärken des zukünftigen Mitarbeiters erfasst und bestmöglich eingesetzt.« Speziell für erwachsene Flüchtlinge will er in den nächsten zwölf Monaten 100 reguläre Anstellungsverträge anbieten und fordert entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen. Die Jobbörse stehe grundsätzlich allen Interessierten offen, unabhängig von Herkunft und Ethnie, entscheidend seien Motivation und Eignung: »Als People Company schaffen wir Arbeitsplätze, von deren Motivation und Leistung mitunter unser Gesamterfolg abhängt. Deshalb sind hochmotivierte Mitarbeiter höchst willkommen: You are welcome!«
Verbund AG
Räume für die Helfer: Auch Unterkünfte und Lehrstellen sind geplant.
Die Verbund AG verbindet eine langjährige Partnerschaft mit Caritas und Diakonie. Rasch und unbürokratisch stellt man seit Anfang Oktober den Helfern am Wiener Westbahnhof Büros und Besprechungsräume zur Verfügung. In der Flüchtlingshilfe koordiniert Verbund-Projektleiter Friedrich Vodicka sämtliche Konzernaktivitäten mit dem Innenministerium und den NGOs. Größter Bedarf besteht aktuell an winterfesten Quartieren.
Das Unternehmen hat deshalb an fünf Standorten in Österreich Wohnmöglichkeiten oder Grundstücke für Container angeboten, die von den Behörden auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Zusätzlich bietet die Verbund AG in begrenztem Ausmaß Ausbildungsplätze für Jugendliche samt Unterbringung im firmeneigenen Lehrlingsheim an.