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Lean Management zur Gewohnheit machen

Lean Management zielt darauf ab, die Wertschöpfung im Unternehmen zu maximieren und Verschwendung jeglicher Art zu vermeiden. Dabei sollen alle Aktivitäten der Wertschöpfung optimal miteinander verzahnt werden. Wer allerdings dabei nachhaltig Erfolg haben will, muss bei Führungskräften und Mitarbeitern einen tiefgreifenden Einstellungs- und Verhaltenswandel herbeiführen.

Alle wollen Lean. Alle lieben Lean. Kundennähe, permanente Verbesserung mit schlanken und ressourcenschonende Prozessen und Fehlervermeidung versprechen Flexibilität, Effizienz und wirtschaftlichen Erfolg. Jedoch kaum einem Unternehmen gelingt es, dies nachhaltig erfolgreich umzusetzen.

In der unternehmerischen Realität wird Lean nach wie vor häufig »zwischen Tür und Angel« eingeführt, verkümmert als Insellösung in der Produktion oder wird gefühlskalt serviert und nicht heiß motiviert angegangen. Das Hauptproblem ist dabei, dass zu viel Energie in die Einführung von Methoden gesteckt wird und damit die Verankerung der Lean-Prinzipien häufig an der Oberfläche und die Verinnerlichung der Lean-Gedanken auf der Strecke bleibt. Denn Lean ist eine Philosophie und eine Denkweise und kein Methoden-Werkzeugkasten!

>> Troubleshooting-Kultur ­ersetzen <<
In jedem Unternehmen, in jeder Abteilung gehen Dinge schief. Tagtäglich. Und gründlich. Wie gehen die Mitarbeiter in der Regel vor? Sie informieren den Vorgesetzten über die Störung im operativen Geschäft, in der Produktion, in der Verwaltung. Der kümmert sich – mal mehr, mal weniger hektisch – darum, die Störung zu beheben. Das Geschäft muss ja weiterlaufen, der Kunde wartet, Aufträge und Vorgaben müssen erfüllt werden.

Dann das Durchatmen: Am Ende des Tages ist jeder froh, die aufgetretenen Probleme doch noch in den Griff bekommen zu haben – wenn auch mit mitunter hohem Aufwand. Doch ist damit das Problem langfris­tig gelöst? Wohl eher nicht – Troubleshooting heißt: Probleme werden zwar so schnell wie möglich abgestellt, die Symptome bekämpft. Auf der Strecke jedoch bleibt die Nachhaltigkeit, die wahren Ursachen werden nicht angepackt.

Dies gelingt nur bei konsequenter Umsetzung der Lean-Prinzipien und der Etablierung einer Lean-Kultur. Der Kulturwandel ist möglich, wenn die Menschen mitziehen, mit Leidenschaft, Herz und Verstand, mit Inspiration, Begeisterung, und Lean-Know-how. Lean verträgt keine Halbherzigkeiten, die Denk- und Verhaltensweisen aller Führungskräfte und Mitarbeiter müssen sich in eine »leane« Richtung entwickeln und zu Gewohnheiten ausgebaut werden. Das ist der entscheidende Schritt: Jeder sagt innerlich Ja zu dem Ziel, zum Beispiel Verschwendung auf allen Unternehmensebenen und Abweichungen vom definierten Standard zu vermeiden.

>> Lean zur Gewohnheit machen <<
Lean ohne die Akzeptanz und aktive und willentliche Mitwirkung der Menschen funktioniert nicht, Lean muss zur Gewohnheit werden und das tägliche Denken und Handeln von Führungskräften und Mitarbeitern durchdringen. Das Neue zur Gewohnheit machen, die Verhaltensweisen konsequent umstellen – das ist das Ziel.

Im nicht-leanen Unternehmen begegnen wir häufig folgender Haltung: »Ich kann sowieso nichts ändern und nichts bewegen. Das Problem taucht schon seit Jahren immer wieder auf, wir stellen es immer nur kurzfristig ab. Das lässt sich dauerhaft auch nicht ändern.«

Im leanen Unternehmen ginge der Mitarbeiter damit anders um: »Das Problem möchte ich lösen. Daher werde ich mich zusammen mit meinem Team auf die Suche nach der Lösung begeben und versuchen, die Störung dauerhaft zu beheben und dadurch den Prozess zu verbessern.«

Leane Gewohnheiten entstehen nicht von selbst. Sie lassen sich jedoch aufbauen, indem auf der Führungsebene die bewusste Entscheidung getroffen wird, Verschwendungspotenziale aufzufinden und auszumerzen sowie Fehler als Lernchance zur Weiterentwicklung zu begreifen. Dabei lässt sich Lean am besten im Team verwirklichen. Der Grund: Für den Einzelnen ist es schwer, Gewohnheiten zu verändern. Im Team funktioniert das besser, weil sich die Menschen auf dem Weg zur neuen Gewohnheit unterstützen können.

Des Weiteren sollte die Führungskraft als Lean-Leader das Warum, den Sinn und die Notwendigkeit der Lean-Prinzipien erläutern. Es gilt, den Menschen die Angst zu nehmen, Lean diene nur dem Ziel, Arbeitsplätze zu reduzieren. Im Gegenteil: Mit Lean erhöht sich die Rentabilität des Unternehmens, die Arbeitsplätze werden sicherer.

>> Lean-Leader als Treiber der Veränderung <<
Wer Lean im Unternehmen als Denk-, Gefühls- und Verhaltensgewohnheit dauerhaft verankern will, muss ran an die Einstellungen und Handlungsmuster aller Führungskräfte und Mitarbeiter. Und das ist die vordringliche Aufgaben des Lean-Leaders: Dieser geht als Vorbild voran, er verkörpert und lebt die Lean-Prinzipien. Denn wer eine Lean-Kultur fordert, darf im Mitarbeitergespräch nicht auf den Fehlern der Vergangenheit herumreiten, sondern muss fokussiert sein auf zukunftsorientierte Problemlösungen.

Und wer von den Mitarbeitern absolute Kundenorientierung verlangt, aber als Führungskraft die internen Kunden – die Mitarbeiter – nur als Rädchen im Getriebe behandelt, die zu funktionieren haben, wird erleben, wie sich die Mitarbeiter ihrerseits wenig kundenorientiert verhalten.  Das heißt: Lean-Leader führen ihre Mitarbeiter ehrlich und wertschätzend, sie vermeiden es, Wein zu predigen und Wasser auszuschenken.

>> Routinen aufbauen <<
Die stärkste Waffe des Lean-Leaders ist aber natürlich die Kommunikation: Um die leanen Prinzipien in das Verhaltensrepertoire der Mitarbeiter zu integrieren, wendet er das Alltags-Coaching an. Er gibt seinen Mitarbeitern ständig förderndes und forderndes Feedback und sorgt so dafür, dass immer genug Energie im Veränderungsprozess ist. Dazu führt er mit Zielvereinbarungen, um die Mitarbeiter auf die Umsetzung konkreter Verbesserungsthemen zu fokussieren.

Dabei ist es hilfreich, wenn der Lean-Leader die Zielvereinbarungen mit konkreten Kennzahlen verknüpft, die verständlich und nachvollziehbar sind. Diese Kennzahlen sollten tagesaktuell sein und damit den Mitarbeitern als Orientierung dienen. Der tägliche Blick auf den Stand der Kennzahlen sowie auf die Abweichungen und Störungen führt zu Problemlösungen und damit zu konkreten Verbesserungshandlungen der Mitarbeiter.

Der Lean-Leader unterstützt die Mitarbeiter bei der nachhaltigen Lösung ihrer Tagesprobleme, er begleitet sie in ihrem Arbeitsalltag, an ihren Arbeitsplätzen und gibt Hilfe zur Selbsthilfe, um neue, leane Gewohnheiten dauerhaft so zu verankern, dass sie sich zu Routinen und automatisierten Gewohnheiten entwickeln können. Letztlich ist es aber der Mitarbeiter selbst, der auf dem Weg zu mehr Lean Verantwortung für notwendige Veränderungsprozesse übernimmt.

>> Verschwendungsbeseitigung <<
Zudem stellt der Lean-Leader die Verknüpfung zwischen dem Unternehmensziel »wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit« und dem Mitarbeiterziel her – zum Beispiel: »Indem Sie auf diese Weise Verschwendung reduzieren, leisten Sie einen Beitrag, um das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens zu sichern.«

Ihm geht es um die hundertprozentige Zustimmung des Mitarbeiters etwa zur Verschwendungsbeseitigung – er fordert diese aber nicht ein, sondern überzeugt und begeistert den Mitarbeiter für die leane Ausrichtung, indem er ein wertschätzendes, inspirierendes und Sinn stiftendes Arbeitsumfeld schafft.

Keine leichte Aufgabe. Aber niemand hat behauptet, bei der Einführung der Lean-Kultur handle es sich um einen Spaziergang.

>> Nicht nur Sache der Produktion <<
Entscheidend ist, dass die Lean-Kultur alle Unternehmensbereiche umfasst, nicht allein die Produktion. Hier sind die Lean-Gedanken zwar traditionell am leichtesten realisierbar. Lean darf aber keine Insellösung der Produktion sein, sondern muss ebenso die Administration betreffen. Das ist für manche ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke, aber: Die leane Durchführung unproduktiver Sitzungen sowie die Reduzierung der berühmt-berüchtigten Doppelarbeiten sind nur zwei Beispiele für Verschwendungsbereiche, die bei der Verwaltungsarbeit lean gestaltet werden müssen.

Und wie viel Zeit, Geld und Energie ließe sich sparen, wenn Gespräche störungsfreier abliefen und nicht ständig von störenden Anrufern unterbrochen würden. Der Abbau von blockierendem Abteilungsdenken und Einzelkämpfertum darf vor der Bürotür nicht Halt machen. Schlankes Büro, schlanke Administration – auch für diese Bereiche müssen die Unternehmen Kennzahlen festlegen, wollen sie den Wandel von der Troubleshooting- zur Lean-Kultur schaffen.


Buchtipp: Kulturwandel im Unternehmen – die Menschen für Lean gewinnen
Voraussetzung für verschwendungsvermeidende Arbeitsprozesse, die langfristig funktionieren, ist die Einführung einer Lean-Kultur. Führungskräfte und Mitarbeiter müssen sich zu Lean-Enthusiasten entwickeln. Die Autoren zeigen praxisbezogen und umsetzungsrelevant, wie Lean zum Pulsschlag der täglichen Arbeit wird. Nach der Lektüre weiß der Leser, wie er die Erfolgsfaktoren für Lean in seinem Verantwortungsbereich auf der strategischen und operativen Ebene realisiert.
 
Daniela Best und Albert Hurtz: Raus aus der Lean-Falle. Lean erfolgreich zur Gewohnheit machen. BusinessVillage, Göttingen 2014.
232 Seiten, 34,80 Euro,
ISBN 978-3-86980-272-5

Die Autoren
Albert Hurtz und Daniela Best arbeiten in der PTA Praxis für team­orientierte Arbeitsgestaltung GmbH. Hurtz ist einer der Gründer der PTA und geschäftsführender Gesellschafter, Partner und Projektleiter in zahlreichen Kundenprojekten. Best ist seit 1999 bei der PTA und Geschäftsführerin, Partnerin und Leiterin des Standorts Herford.
www.pta-team.com

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