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Zeitarbeit zwischen Himmel und Hölle

 

\"DieDie Zeitarbeitsbranche hat ein Problem. Das Image ist im Keller – und die Lobbys streiten, ob die flexiblen Personalbereitsteller ein Fluch oder Segen sind. Wo die Wahrheit liegt, was das umstrittene neue Arbeitskräfteüberlassungsgesetz bringen wird.


Wenn um Worte, Begriffe und Deutungshoheit gestritten wird, geht es meist richtig zur Sache. Wer etwa in Computerforen »Hacker« als »Cracker« bezeichnet, liefert eine Steilvorlage für harsche Kritik. Wann der feine, aber wichtige Bedeutungsunterschied zwischen den »Guten« und den »Bösen« verloren gegangen ist, lässt sich nicht mehr genau sagen. Schuld daran dürften die Medien sein. Ahnungslose Journalisten würfeln die Begriffe seit Jahren bunt durcheinander. So bunt, dass heute beide Wörter fast schon ein Synonym sind. Mit »Raubkopierer« haben wiederum die Inhalteanbieter ein Orwell’sches Wortkunstwerk in die Welt gesetzt. Auch hier gilt: Der Neologismus geht zwar schon als umgangssprachlich durch, im falschen Forum sollte man ihn nicht verwenden. Ein hitziger Schlagabtausch um Ursprung und Wortgeschichte ist garantiert.

Auch für Zeitarbeit gibt es eine Reihe Synonyme: Leiharbeit, Mitarbeiterüberlassung oder Personalleasing etwa. Wer es lieber Amtsdeutsch hat, kann auch von Arbeitskräfteüberlassern sprechen. Die Begriffe sind zwar austauschbar, aber auch wieder nicht ganz: Wer genau hinsieht, bemerkt auch hier einen subtilen, aber hartnäckigen Kampf um leichte Nuancen oder den »richtigen« Begriff. ÖGB oder Arbeiterkammer verwenden in der Kommunikation vorzugsweise »Leiharbeit«. Das ist nicht nur schnörkellos. Als passende Assoziation bietet sich gleich noch der austauschbare, entwürdigte und unterbezahlte »Leihsklave« an, für den die Arbeitnehmervertreter unermüdlich kämpfen. Vielleicht reitet die AK aber auch nur deswegen so auf dem Begriff »Leiharbeit« herum, weil sich damit das Gegenüber auf der Wirtschaftsseite offensichtlich in Rage bringen lässt. Nach einer Pressekonferenz von ÖGB und AK vor zwei Jahren war Gerhard Flenreiss, Bundesobmann der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer, nicht nur über die Zahlenattacken von Herbert Tumpel, sondern auch über dessen Wortwahl massiv verärgert. »Es gibt keine Leiharbeit, denn Menschen kann man nicht verleihen«, stellte der WKO-Mann gleich in der Einleitung seiner darauf folgenden Presseaussendung klar. Und er wettert gegen »die Agitation von Gewerkschaft und AK«, die nur »alte Klischees vom Sklaven des 21. Jahrhunderts« aufwärme.

Richtig entbrannt ist der verbale Klassenkampf diesen Frühling. Der Zankapfel ist die anstehende Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG). Laut Vorgaben aus Brüssel hätte die 2008 veröffentlichte »EU-Leiharbeitsrichtlinie« bereits letzten Dezember in nationales Recht umgesetzt sein sollen (siehe Kasten). Die Frist für Stellungnahmen zum österreichischen Gesetzesentwurf endete jedoch erst im April und wurde auch weidlich genutzt. Im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) trudelten rund zwei Dutzend Stellungnahmen ein, der Rechtsanwaltskammertag reichte nach einer ersten Stellungnahme nach Ablauf der Frist sogar noch einen Nachtrag ein. Laut Fahrplan soll die Novelle bis Anfang Juli beschlossen sein. Ob der Termin hält, ist freilich offen. Vor allem Industrie, WKO und der »österreichische Verband Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung« (VZa) laufen gegen den Entwurf Sturm. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer zerfetzte das AÜG Neu in seinem Blog als »negatives Highlight«, das sich »selbst ad absurdum führt«. Wie der VZa ortet auch die IV ein bürokratisches Monster, das weit über die Vorgaben der EU hinausgehe und zudem gar nicht nötig sei. Tatsächlich lässt sich diesem Standpunkt etwas abgewinnen. Schon die erste Fassung des heimischen AÜG datiert bereits aus dem Jahr 1988 und galt gemeinhin als vorbildlich.

>> Zwischen Bürokratiemonster und Klassenkampf <<

2002 entstand schließlich der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung. Dieser gilt als Meilenstein, der in ganz Europa Vorbildwirkung hat und bis heute einzigartig ist. Auch wenn die AK noch so sehr gegen die Leiharbeitsbranche wettert, die mustergültige Ausformung dieses Kollektivvertrages stellt nicht einmal der ÖGB in seinen Schriften in Abrede. Geregelt sind seit 2002 etwa Mindestlöhne, Arbeitszeiten, ein kon­trollierbares Lohnniveau auch in Stehzeiten, Sozialleistungen oder Überzahlungen. AK und ÖGB dürfen laut Vertrag sogar einen Antrag auf Konzessionsentzug stellen, wenn arbeitsrechtliche Vorschriften verletzt werden. Das sind Regelungen, von denen deutsche Leiharbeiter nicht einmal träumen dürfen. Dort sind mangels Bestimmungen tatsächlich Sklavenverleiher unterwegs, die Stundenlöhne um fünf Euro oder weniger zahlen. Dass die heimischen Überlasser nach dem AÜG Neu jetzt auch noch die Zusatzvereinbarungen der jeweiligen Unternehmen übernehmen sollen, bezeichnen IV, WKO und VZa unisono als unnötig. »Bei einer jährlichen Anzahl von rund 250.000 abgeschlossenen Verträgen bedeutet das einen enormen organisatorischen Aufwand, den die Personalfirmen nicht leisten können und der außerdem zu erheblichen Mehrkosten für die Unternehmen führt«, sagt etwa VZa-Präsident Alexander Praschek. Auch Trenkwalder-Österreich-Geschäftsführer Klaus Lercher ortet bürokratische Hürden, die kaum mehr zu stemmen seien. Bereits heute müsse sein Unternehmen einen Zoo von 300 KV im Auge behalten, was »schon jetzt eine Wissenschaft« sei. Unisono beklagt wird auch der Verlust von Flexibilität, die wesentlich zum Charme der Personaldienstleister beiträgt. So sollen Zeitarbeiter im Rahmen verschärfter Mitteilungs- und Meldepflichten künftig 14 Tage im Voraus über die Beendigung einer Überlassung informiert werden.

Wie das bei kürzerer Überlassungsdauer zur Abdeckung von Krankheitsausfällen oder Produktionsspitzen gehen soll, ist nicht nur VZa-Präsident Praschek schleierhaft. Schmerzhaft für die Branche ist auch die neue Auflösungsabgabe, die als Bestandteil des Sparpaketes bei Beendigung eines jeglichen Dienstverhältnisses an das AMS gezahlt wird. Die 110 Euro Abgabe werden nämlich auch bei Beendigungen von Zeitarbeitseinsätzen oder Übernahmen eines Zeitarbeiters in die Stammbelegschaft fällig und treffen so die Zeitarbeitsbranche überproportional.

Ob das neue AÜG noch vor Sommer Realität wird und wie es im Detail aussehen wird, bleibt abzuwarten. Derzeit positionieren sich noch die Streitparteien. »Fix ist nichts«, meint ein Insider. Wobei die Töne merklich rauer werden: Dass die IV einen »massiven Hemmschuh für den Standort Österreich« ortet, klingt noch nach Reflexreaktion. Aber deftig wird etwa die AK Wien: Sie warnt vor der drohenden Auflösung der Kollektivverträge, was einer »vollständigen Demaskierung« der Leiharbeitsbranche gleichkomme und ein Eingeständnis sei, dass »die Branche ihre Gewinne auf dem Rücken der Beschäftigen« mache, indem man diese »systematisch benachteiligt und belastet«. Das klingt mehr nach Klassenkampf als nach Sozialpartnerschaft österreichischen Musters. Dass die AK mit ihrer Kampfrhetorik punkten kann, liegt auch am schlechten Image der Branche. Zum Teil dürfte das hausgemacht sein. Seit den zarten Anfängen in den 80ern ist der Markt förmlich explodiert (siehe unten).

>> Schwachstelle Image <<

Laut letzter »Stichtagserhebung« des BMASK tummeln sich in Österreich rund 1.900 Zeitarbeitsfirmen. Nicht wenige davon dürften Karteileichen oder zweifelhafte Miniunternehmen sein, wo sich der Geschäftsführer und womöglich einzige Mitarbeiter via »Personalleasing« gleich selbst vermittelt. Laut Brancheninsidern gelten auch bei den Marktleadern die 90er-Jahre noch als »wilde Zeit«. Umso mehr dürfte das für bisweilen zweifelhafte Minifirmen gelten – eine Steilvorlage für die AK Oberösterreich, die genüsslich eine »Hitliste« der zehn schmutzigsten »Tricks« veröffentlichte. Für renommierte Zeitarbeitsfirmen sind solche Tricks spätestens seit dem Kollektivvertrag von 2002 nicht einmal eine gedankliche Option. »Wenn ich mir nur den kleinsten Formalfehler erlauben würde, stünde ich fast schon mit zwei Beinen im Kriminal«, sagt Trenkwalder-Österreich-Chef Lercher. Für seriöse Zeitarbeitsfirmen sind Haftungsfragen aber ohnehin ein Randthema mit eher formalem Charakter. »Großkunden wie Siemens oder Voest würden windige Praktiken keine Sekunde lang tolerieren. Da stünde auch der Ruf des eigenen Unternehmens auf dem Spiel«, so Lercher. Für kleinere Zeitarbeitsfirmen türmen übrigens die bestehenden Regelungen bereits Hürden auf – auch wenn sie wie die Mehrzahl absolut seriös arbeiten. Sollten bei einer Insolvenz die Mitarbeiteransprüche nicht aus der Konkursmasse befriedigt werden können, müssen notfalls die Auftraggeber rückwirkend auf drei Monate den Lohnausfall kompensieren. Und zwar egal, ob sie die konsumierte Arbeitsleistung bereits einmal abgegolten haben oder nicht. Kein Wunder also, dass sich die Großkunden scheinbar bevorzugt an renommierte Zeitarbeitsfirmen wenden. Trenkwalder-Österreich-Boss Lercher schätzt, dass sich die Top-Ten der Branche rund 50 Prozent des Markes untereinander teilen. Und selbst davon dürften Marktleader Trenkwalder, Powerserv und Manpower als »Big three« der Branche noch einen Löwenanteil besetzen.

Der Kampf um das Image wird auch an der »Front« der Studien geschlagen. Subtrahiert man Klassenkampfrhetorik, kommen freilich auch die diversen AK-Studien zu plausiblen Ergebnissen.
Wenn um Worte, Begriffe und Deutungshoheit gestritten wird, geht es meist richtig zur Sache.

Wer etwa in Computerforen »Hacker« als »Cracker« bezeichnet, liefert eine Steilvorlage für harsche Kritik. Wann der feine, aber wichtige Bedeutungsunterschied zwischen den »Guten« und den »Bösen« verloren gegangen ist, lässt sich nicht mehr genau sagen. Schuld daran dürften die Medien sein. Ahnungslose Journalisten würfeln die Begriffe seit Jahren bunt durcheinander. So bunt, dass heute beide Wörter fast schon ein Synonym sind. Mit »Raubkopierer« haben wiederum die Inhalteanbieter ein Orwell’sches Wortkunstwerk in die Welt gesetzt. Auch hier gilt: Der Neologismus geht zwar schon als umgangssprachlich durch, im falschen Forum sollte man ihn nicht verwenden. Ein hitziger Schlagabtausch um Ursprung und Wortgeschichte ist garantiert.
Auch für Zeitarbeit gibt es eine Reihe Synonyme: Leiharbeit, Mitarbeiterüberlassung oder Personalleasing etwa. Wer es lieber Amtsdeutsch hat, kann auch von Arbeitskräfteüberlassern sprechen. Die Begriffe sind zwar austauschbar, aber auch wieder nicht ganz: Wer genau hinsieht, bemerkt auch hier einen subtilen, aber hartnäckigen Kampf um leichte Nuancen oder den »richtigen« Begriff. ÖGB oder Arbeiterkammer verwenden in der Kommunikation vorzugsweise »Leiharbeit«. Das ist nicht nur schnörkellos. Als passende Assoziation bietet sich gleich noch der austauschbare, entwürdigte und unterbezahlte »Leihsklave« an, für den die Arbeitnehmervertreter unermüdlich kämpfen. Vielleicht reitet die AK aber auch nur deswegen so auf dem Begriff »Leiharbeit« herum, weil sich damit das Gegenüber auf der Wirtschaftsseite offensichtlich in Rage bringen lässt. Nach einer Pressekonferenz von ÖGB und AK vor zwei Jahren war Gerhard Flenreiss, Bundesobmann der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer, nicht nur über die Zahlenattacken von Herbert Tumpel, sondern auch über dessen Wortwahl massiv verärgert. »Es gibt keine Leiharbeit, denn Menschen kann man nicht verleihen«, stellte der WKO-Mann gleich in der Einleitung seiner darauf folgenden Presseaussendung klar. Und er wettert gegen »die Agitation von Gewerkschaft und AK«, die nur »alte Klischees vom Sklaven des 21. Jahrhunderts« aufwärme.

Richtig entbrannt ist der verbale Klassenkampf diesen Frühling. Der Zankapfel ist die anstehende Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG). Laut Vorgaben aus Brüssel hätte die 2008 veröffentlichte »EU-Leiharbeitsrichtlinie« bereits letzten Dezember in nationales Recht umgesetzt sein sollen (siehe Kasten). Die Frist für Stellungnahmen zum österreichischen Gesetzesentwurf endete jedoch erst im April und wurde auch weidlich genutzt. Im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) trudelten rund zwei Dutzend Stellungnahmen ein, der Rechtsanwaltskammertag reichte nach einer ersten Stellungnahme nach Ablauf der Frist sogar noch einen Nachtrag ein. Laut Fahrplan soll die Novelle bis Anfang Juli beschlossen sein. Ob der Termin hält, ist freilich offen. Vor allem Industrie, WKO und der »österreichische Verband Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung« (VZa) laufen gegen den Entwurf Sturm. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer zerfetzte das AÜG Neu in seinem Blog als »negatives Highlight«, das sich »selbst ad absurdum führt«. Wie der VZa ortet auch die IV ein bürokratisches Monster, das weit über die Vorgaben der EU hinausgehe und zudem gar nicht nötig sei. Tatsächlich lässt sich diesem Standpunkt etwas abgewinnen. Schon die erste Fassung des heimischen AÜG datiert bereits aus dem Jahr 1988 und galt gemeinhin als vorbildlich.

>> Zwischen Bürokratiemonster und Klassenkampf <<


2002 entstand schließlich der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung. Dieser gilt als Meilenstein, der in ganz Europa Vorbildwirkung hat und bis heute einzigartig ist. Auch wenn die AK noch so sehr gegen die Leiharbeitsbranche wettert, die mustergültige Ausformung dieses Kollektivvertrages stellt nicht einmal der ÖGB in seinen Schriften in Abrede. Geregelt sind seit 2002 etwa Mindestlöhne, Arbeitszeiten, ein kon­trollierbares Lohnniveau auch in Stehzeiten, Sozialleistungen oder Überzahlungen. AK und ÖGB dürfen laut Vertrag sogar einen Antrag auf Konzessionsentzug stellen, wenn arbeitsrechtliche Vorschriften verletzt werden. Das sind Regelungen, von denen deutsche Leiharbeiter nicht einmal träumen dürfen. Dort sind mangels Bestimmungen tatsächlich Sklavenverleiher unterwegs, die Stundenlöhne um fünf Euro oder weniger zahlen. Dass die heimischen Überlasser nach dem AÜG Neu jetzt auch noch die Zusatzvereinbarungen der jeweiligen Unternehmen übernehmen sollen, bezeichnen IV, WKO und VZa unisono als unnötig. »Bei einer jährlichen Anzahl von rund 250.000 abgeschlossenen Verträgen bedeutet das einen enormen organisatorischen Aufwand, den die Personalfirmen nicht leisten können und der außerdem zu erheblichen Mehrkosten für die Unternehmen führt«, sagt etwa VZa-Präsident Alexander Praschek. Auch Trenkwalder-Österreich-Geschäftsführer Klaus Lercher ortet bürokratische Hürden, die kaum mehr zu stemmen seien. Bereits heute müsse sein Unternehmen einen Zoo von 300 KV im Auge behalten, was »schon jetzt eine Wissenschaft« sei. Unisono beklagt wird auch der Verlust von Flexibilität, die wesentlich zum Charme der Personaldienstleister beiträgt. So sollen Zeitarbeiter im Rahmen verschärfter Mitteilungs- und Meldepflichten künftig 14 Tage im Voraus über die Beendigung einer Überlassung informiert werden.

Wie das bei kürzerer Überlassungsdauer zur Abdeckung von Krankheitsausfällen oder Produktionsspitzen gehen soll, ist nicht nur VZa-Präsident Praschek schleierhaft. Schmerzhaft für die Branche ist auch die neue Auflösungsabgabe, die als Bestandteil des Sparpaketes bei Beendigung eines jeglichen Dienstverhältnisses an das AMS gezahlt wird. Die 110 Euro Abgabe werden nämlich auch bei Beendigungen von Zeitarbeitseinsätzen oder Übernahmen eines Zeitarbeiters in die Stammbelegschaft fällig und treffen so die Zeitarbeitsbranche überproportional.

Ob das neue AÜG noch vor Sommer Realität wird und wie es im Detail aussehen wird, bleibt abzuwarten. Derzeit positionieren sich noch die Streitparteien. »Fix ist nichts«, meint ein Insider. Wobei die Töne merklich rauer werden: Dass die IV einen »massiven Hemmschuh für den Standort Österreich« ortet, klingt noch nach Reflexreaktion. Aber deftig wird etwa die AK Wien: Sie warnt vor der drohenden Auflösung der Kollektivverträge, was einer »vollständigen Demaskierung« der Leiharbeitsbranche gleichkomme und ein Eingeständnis sei, dass »die Branche ihre Gewinne auf dem Rücken der Beschäftigen« mache, indem man diese »systematisch benachteiligt und belastet«. Das klingt mehr nach Klassenkampf als nach Sozialpartnerschaft österreichischen Musters. Dass die AK mit ihrer Kampfrhetorik punkten kann, liegt auch am schlechten Image der Branche. Zum Teil dürfte das hausgemacht sein. Seit den zarten Anfängen in den 80ern ist der Markt förmlich explodiert (siehe unten).

>> Schwachstelle Image <<


Laut letzter »Stichtagserhebung« des BMASK tummeln sich in Österreich rund 1.900 Zeitarbeitsfirmen. Nicht wenige davon dürften Karteileichen oder zweifelhafte Miniunternehmen sein, wo sich der Geschäftsführer und womöglich einzige Mitarbeiter via »Personalleasing« gleich selbst vermittelt. Laut Brancheninsidern gelten auch bei den Marktleadern die 90er-Jahre noch als »wilde Zeit«. Umso mehr dürfte das für bisweilen zweifelhafte Minifirmen gelten – eine Steilvorlage für die AK Oberösterreich, die genüsslich eine »Hitliste« der zehn schmutzigsten »Tricks« veröffentlichte. Für renommierte Zeitarbeitsfirmen sind solche Tricks spätestens seit dem Kollektivvertrag von 2002 nicht einmal eine gedankliche Option. »Wenn ich mir nur den kleinsten Formalfehler erlauben würde, stünde ich fast schon mit zwei Beinen im Kriminal«, sagt Trenkwalder-Österreich-Chef Lercher. Für seriöse Zeitarbeitsfirmen sind Haftungsfragen aber ohnehin ein Randthema mit eher formalem Charakter. »Großkunden wie Siemens oder Voest würden windige Praktiken keine Sekunde lang tolerieren. Da stünde auch der Ruf des eigenen Unternehmens auf dem Spiel«, so Lercher. Für kleinere Zeitarbeitsfirmen türmen übrigens die bestehenden Regelungen bereits Hürden auf – auch wenn sie wie die Mehrzahl absolut seriös arbeiten. Sollten bei einer Insolvenz die Mitarbeiteransprüche nicht aus der Konkursmasse befriedigt werden können, müssen notfalls die Auftraggeber rückwirkend auf drei Monate den Lohnausfall kompensieren. Und zwar egal, ob sie die konsumierte Arbeitsleistung bereits einmal abgegolten haben oder nicht. Kein Wunder also, dass sich die Großkunden scheinbar bevorzugt an renommierte Zeitarbeitsfirmen wenden. Trenkwalder-Österreich-Boss Lercher schätzt, dass sich die Top-Ten der Branche rund 50 Prozent des Markes untereinander teilen. Und selbst davon dürften Marktleader Trenkwalder, Powerserv und Manpower als »Big three« der Branche noch einen Löwenanteil besetzen.

Der Kampf um das Image wird auch an der »Front« der Studien geschlagen. Subtrahiert man Klassenkampfrhetorik, kommen freilich auch die diversen AK-Studien zu plausiblen Ergebnissen. Die ISW Linz postulierte etwa 2010 ein zwiespältiges Bild. Einerseits ortet man, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Zeitarbeiter dem Stammpersonal weitgehend gleichgestellt fühlt, andererseits wird soziale Abgrenzung und statusbedingte Diskriminierung – ob gefühlt oder echt –  diagnostiziert. Themen wie »gemeinsam am Strang ziehen« und bruchlose Motivation der gesamten Belegschaft dürften freilich jeden Personaler beschäftigen, der sein Geld wert ist. Die KMU-Forschung Austria wiederum zerpflückte die Daten der Sozialversicherungsträger und kommt auf eine obere Bandbreite von rund 100.000 möglichen Zeitarbeitern. Laut KMU-Forschung sind auch rund 44 Prozent der Leiharbeiter länger als sechs Monate in einem Versicherungsverhältnis. Das freut übrigens auch das AMS. Unter den Top-Ten-Kunden befinden sich dort zumeist sieben Zeitarbeitsfirmen, die Arbeitslose zu Lohn und Brot bringen.
Die Finanzkrise 2008 und ihre Ausläufer haben übrigens auch die Zeitarbeitsbranche in Turbulenzen gestürzt. Europaweit dürften die Umsätze »über Nacht« um rund ein Drittel geschrumpft sein. Indirekt waren die Ausläufer auch in Österreich spürbar. Trenk­walder, heimisches Schwergewicht mit Töchtern oder Niederlassungen in 20 Ländern, wurde letzten August mehrheitlich von der deutschen Droege Gruppe übernommen. Das war selbst FAZ und dem Spiegel eine Story wert. Noch bemerkenswerter: Trenkwalder bleibt »ur­österreichisch«.

Selbst neue Konzernmanager beziehen ihren Arbeitsplatz am Traditionsstandort Schwadorf. nDie ISW Linz postulierte etwa 2010 ein zwiespältiges Bild. Einerseits ortet man, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Zeitarbeiter dem Stammpersonal weitgehend gleichgestellt fühlt, andererseits wird soziale Abgrenzung und statusbedingte Diskriminierung – ob gefühlt oder echt –  diagnostiziert. Themen wie »gemeinsam am Strang ziehen« und bruchlose Motivation der gesamten Belegschaft dürften freilich jeden Personaler beschäftigen, der sein Geld wert ist. Die KMU-Forschung Austria wiederum zerpflückte die Daten der Sozialversicherungsträger und kommt auf eine obere Bandbreite von rund 100.000 möglichen Zeitarbeitern. Laut KMU-Forschung sind auch rund 44 Prozent der Leiharbeiter länger als sechs Monate in einem Versicherungsverhältnis. Das freut übrigens auch das AMS. Unter den Top-Ten-Kunden befinden sich dort zumeist sieben Zeitarbeitsfirmen, die Arbeitslose zu Lohn und Brot bringen.
Die Finanzkrise 2008 und ihre Ausläufer haben übrigens auch die Zeitarbeitsbranche in Turbulenzen gestürzt. Europaweit dürften die Umsätze »über Nacht« um rund ein Drittel geschrumpft sein. Indirekt waren die Ausläufer auch in Österreich spürbar. Trenk­walder, heimisches Schwergewicht mit Töchtern oder Niederlassungen in 20 Ländern, wurde letzten August mehrheitlich von der deutschen Droege Gruppe übernommen. Das war selbst FAZ und dem Spiegel eine Story wert. Noch bemerkenswerter: Trenkwalder bleibt »ur­österreichisch«. Selbst neue Konzernmanager beziehen ihren Arbeitsplatz am Traditionsstandort Schwadorf.  

 

>>  Die heiß umkämpfte Novelle:

Eigentlich sollte die 2008 veröffentlichte »Leiharbeitsrichtlinie« der EU schon letzten seit letztem Dezember in nationales Recht umgesetzt sein. Die in Arbeit befindliche Novelle hat eine Flut von vorwiegend negativen Stellungnahmen ausgelöst. Abseits vieler Details schmerzt Überlasser wie Auftraggeber vor allem die bürokratische Regulierungswut oder rechtliche Unsicherheiten. Bekrittelt wird auch die mangelnde Rücksicht auf österreichische Verhältnisse. Der Hintergrund: Der heimische Zeitarbeitskollektivvertrag ist schon seit 2002 gültig und gilt bis heute als leuchtendes Vorbild für die gesamte europäische Zeitarbeitsbranche. Jetzt wird eine dramatische Überregulierung befürchtet, die organisatorisch und kostenmäßig kaum mehr zu bewältigen ist. Beklagt wird zudem die »Auflösungsabgabe« von 110 Euro, die als Bestandteil des Sparpaktes bei Beendigung von Dienstverhältnissen an das AMS fällig wird und die Branche überproportional hart treffe.

>> Der Zeitarbeitsmarkt uner der Lupe:

Richtig dicke Studien-Schwarten gibt es zur heimischen Zeitarbeitsbranche zwar nicht, dafür eine Fülle von Zahlen, Erhebungen und Detailstudien, die ebenfalls ein gutes Bild der Branche liefern. Das Sozialministerium liefert etwa seit Jahren »Stichtagserhebungen«, die einen Anhaltspunkt über die Beschäftigtenzahl liefern (siehe Grafik). Die KMU-Forschung Aus­tria hat wiederum Daten der Sozialversicherungsträger ausgewertet und sieht die obere Bandbreite eher bei 100.000 Beschäftigten. Unter den Top-Ten-Kunden des AMS befinden sich übrigens sieben Zeitarbeitsfirmen. Insgesamt gibt es davon in Österreich rund 1.900. Bei der Mehrzahl handelt es sich freilich um Zwergfirmen bis hin zu EPUs, die sich selbst verleasen. Nach Expertenmeinung dürften die Top-Ten der Zeitarbeitsfirmen rund 50 Prozent des Markes halten. Anders als man glauben könnte, setzt laut SORA die Mehrzahl der Unternehmen seit der Krise nicht mehr Zeitmitarbeiter ein als vorher. Für Industrie/Gewerbe und größere Betriebe gilt das freilich nur bedingt. Die durchschnittliche Einsatzdauer blieb laut SORA trotz Krise stabil.

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