Auf Nummer sicher
- Written by Redaktion_Report
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Sparbuch, Bausparvertrag, Eigentumswohnung – wenn es um die Geldanlage geht, kommen für die meisten Österreicher nur diese drei Varianten in Frage. Die Finanzkrise überstanden sie damit unbeschadet. Seit Aktien und Fonds an Glanz verloren haben, feiert vor allem das mitleidig belächelte Sparbuch ein überraschendes Comeback.
Die Österreicher, schon bisher nicht gerade ein risikofreudiges Völkchen, haben es insgeheim schon immer gewusst: Den Börsen ist nicht zu trauen. Seit auf den Kapitalmärkten turbulente Zeiten ausgebrochen sind, fühlen sich die Bewohner der Alpenrepublik in ihrem konservativen Anlegerverhalten mehr denn je bestätigt.
Schon seit der Jahrtausendwende feiert das Sparbuch eine Renaissance. Im vierten Quartal 2008 baute es seine Poleposition als beliebtestes Geldanlageprodukt der Österreicher auf 58 Prozent deutlich aus, wie eine aktuelle Umfrage der GfK Austria belegt. Seit den 80er-Jahren erhebt das Meinungsforschungsinstitut in 20.000 persönlichen Interviews die Beziehung der Österreicher zu ihrem Geld. Die lässt sich im Übrigen auf einen einfachen Nenner bringen: »Absicherung geht vor Risiko.« Fanden im Jahr 2000 erst 15 Prozent der Österreicher das biedere Sparbuch interessant, hat sich die Beliebtheit in den vergangenen acht Jahren fast vervierfacht.
Mit der Finanzkrise hat sich diese Einstellung noch zusätzlich verstärkt. »Die Unsicherheit der letzten Wochen hat nun auch breite Teile der Bevölkerung erreicht. Man vertraut einerseits dem, was man kennt, und möchte in der momentanen Situation sein Geld nicht zu lange binden«, sagt Alexander Zeh, Finanzmarktforscher bei der GfK.
Dicke Polster
Nach Auskunft der Nationalbank werden mehr als 181 Milliarden Euro auf Sparbüchern gebunkert, das entspricht 46,7 Prozent des Gesamtvermögens heimischer Privathaushalte. Vor zwei Jahren waren es noch knapp 134 Milliarden Euro. Mit 24 Millionen ist aber auch die Zahl der Sparbücher enorm. Durchschnittlich kommen auf einen Einwohner – vom Kind bis zum Greis – drei Sparbücher. Auf dem Großteil der Sparbücher liegen Guthaben unter 10.000 Euro. Exakt 233.205 Sparbücher weisen Einlagen zwischen 20.000 und 100.000 Euro auf. Auf 4.414 Sparbüchern lagern Vermögen in Millionenhöhe, auf 247 davon sogar mehr als drei Millionen Euro.
Angesichts der zahlreichen Bankencrashs modifizierte der Nationalrat im Herbst flugs die staatliche Einlagesicherung. Statt wie bisher Guthaben bis zu 20.000 Euro sind nun bis 31. Dezember 2009 sämtliche Einlagen natürlicher Personen in unbegrenzter Höhe zu 100 Prozent gesichert. Danach werden im Fall einer Bankenpleite nur Einlagen bis 100.000 Euro rückerstattet.
Streng volkswirtschaftlich betrachtet, ist Sparen zwar der falsche Weg, um der Rezession zu entfliehen. Doch wen kümmert’s – in der Not hält eben jeder seine Schäfchen lieber beisammen. Auch wenn die stetig fallenden Zinsen von der Inflation vermutlich bald aufgefressen werden.
Sparefroh
Im Ranking der beliebtesten Anlageformen folgen dem Sparbuch (58 %) der Bausparvertrag (42 %) sowie Eigentumswohnung/Haus (25 %) und Grundstücke (23 %). Schon weiter abgeschlagen liegen die Lebensversicherung (19 %) und die Pensionsvorsorge mit staatlicher Prämie (13 %). Ganz unten durch sind Wertpapiere: Investmentfonds erreichten zuletzt mit sechs Prozent den niedrigsten Wert im 9-Jahres-Vergleich, ebenfalls nur sechs Prozent der Befragten zeigen Interesse an Aktien.
Das zweite Liebkind der Österreicher, der Bausparvertrag, musste wie alle langfristigen Produkte starke Einbußen hinnehmen. Wie immer in Krisenzeiten kommt dagegen Gold wieder in Mode. Einer von sieben Österreichern (15 %) hortet derzeit Vermögen in Gold. Auffallend deutlich stieg der Trend zu dieser Art der Geldanlage um den Jahreswechsel 2007/2008 sowie Ende 2008 – im dritten Quartal war der Anteil der Goldliebhaber erst bei neun Prozent gelegen.
Typisch für die derzeitige Stimmung in der Bevölkerung sei das Zurückhalten der Ersparnisse zuhause, so GfK-Experte Zeh: »Hier steht das kurzfristige Parken des Vermögens im Vordergrund.«
Zinskaiser
Die Geldinstitute reagieren prompt auf den starken Zulauf. Da die mangelnde Liquidität den Banken ohnehin zu schaffen macht, kommen die Spareinlagen wie gerufen. Offensiver Wettbewerb durch diverse Finanzdienstleister hat den Markt vor allem in der Sparte Direkt-Sparen angeheizt.
Hier wird mit Topkonditionen um Kunden geworben – mit Zinsen zwischen 3,5 und 4,6 Prozent für täglich behebbares Geld. Diese Lockangebote sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Oft gelten die Superzinsen nur bis zu einem bestimmten Stichtag (z.B. ING-DiBa bis 31. März 4,5 Prozent), danach können die Zinssätze täglich nach unten angepasst werden. Bei den derzeit fallenden Sparzinsen empfiehlt es sich, rasch zuzugreifen. Vor nur einem Monat lagen die Angebote im Durchschnitt noch um 0,5 bis ein Prozent höher.
Trotz technischer Schwellenängste und geringerer Internetaffinität erfreut sich Online-Banking besonders bei älteren Kunden immer größerer Beliebtheit. Im Gegensatz zum herkömmlichen Sparbuch, wo mit den Banken oft noch um einzelne Prozentpunkte verhandelt werden muss, sind bei Online-Banken die Zinsen ab dem ersten Euro fix.
Angesichts des nun wieder sinkenden Zinsniveaus machen auch Kapitalsparbücher mit festen Zinssätzen für die gesamte Laufzeit durchaus Sinn. Allerdings nur, wenn die gesparten Beträge für einige Zeit entbehrt werden können. Frühere Behebungen sind nämlich oft nicht möglich oder mit hohen Spesen verbunden. Die Bank kürzt dann meist die Zinsen kräftig hinunter, zudem werden üblicherweise Vorschusszinsen für den entnommenen Betrag verrechnet. Teilweise gelten die hohen Zinssätze auch nur ab bestimmten Einlagesummen – bei der Kärntner Sparkasse etwa ab 30.000 Euro, bei der Tiroler Sparkasse ab 60.000 Euro Sparsumme. Das Kleingedruckte lohnt es sich allemal zu lesen.
Osteuropa andersrum
Ganz oben auf den Ranglisten der Sparprodukte mit Topzinsen sind seit Monaten auch VakifBank und Denizbank zu finden, beide sind in der türkischen Community gut verankert. Auch die Erste Bank hat diese Zielgruppe entdeckt und sucht intensiv qualifizierte Mitarbeiter mit Ostsprachenkenntnissen, um Zuwanderer aus Südosteuropa individuell betreuen zu können. Erste-Bank-Chefin Elisabeth Bleyleben-Koren spricht von einem möglichen »Wachstum von 30.000 Menschen pro Jahr in Österreich«.
Osteuropa-Fantasie einmal andersrum: Seit die Expansion krisenbedingt ins Stocken geraten ist, konzentriert man sich wieder mehr auf den Heimmarkt. Auch dort gibt’s noch einiges zu holen, meinen die Ökonomen.